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Bundesverfassungsgericht:Karlsruhe stärkt Rechte leiblicher Väter
von Birgit Franke und Christoph Schneider
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Ein leiblicher Vater will auch rechtlich Vater sein. Die Mutter des gemeinsamen Kindes lässt aber den neuen Partner eintragen. Karlsruhe gibt nun dem leiblichen Vater Recht.
Leibliche Väter müssen eine von einem anderen Mann übernommene rechtliche Vaterschaft anfechten können. Alles andere verstoße gegen das Elterngrundrecht, so das Verfassungsgericht.09.04.2024 | 1:36 min
Erleichtert, aber auch abwägend steht der Kläger Tobias nach der mehr als einstündigen Urteilsverkündung vor den vielen Mikrofonen und Kameras. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts sei "auf jeden Fall ein Erfolg", sagt er. Die Richter und Richterinnen in Karlsruhe hatten zuvor das Urteil der Vorinstanz aufgehoben. Auch die gesetzlichen Normen, die der Vater aus Sachsen-Anhalt im Bürgerlichen Gesetzbuch beanstandet hatte, sind laut Urteil mit dem Elterngrundrecht des Grundgesetzes unvereinbar.
"Das geltende Familienrecht trägt dem Elterngrundrecht leiblicher Väter nicht hinreichend Rechnung. Denn es schließt leibliche Väter sogar dann durchgängig von der rechtlichen Vaterschaft aus, wenn sie selbst eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind haben und sich beständig um die rechtliche Vaterschaft bemühen", sagte Gerichtspräsident Stephan Harbarth zur Einführung in die Urteilsverkündung.
Der Fall aus Sachsen-Anhalt
Tobias sieht seinen heute dreijährigen Sohn nur alle zwei Wochen für drei Stunden, obwohl er gerne viel mehr Zeit mit ihm verbringen würde. Doch der 44-Jährige ist "nur" der biologische Vater. Der rechtliche Vater ist - weil es die Mutter so wollte - ein anderer geworden.
Quelle: Photocase/Pawlowska, Edyta
- Vater und Kind sind verwandt
- eine wechselseitige Unterhaltspflicht besteht
- ein wechselseitiger Erbanspruch besteht
- das gemeinsame oder alleinige Sorgerecht ist möglich
- im Grundsatz entspricht das Umgangsrecht dem Kindeswohl
- sozialrechtliche Ansprüche sind gegeben wie Mitversicherung des Kindes in der Krankenkasse des Vater oder Anspruch auf Waisenrente
- ein eingeschränktes Umgangsrecht besteht, wenn es dem Kindeswohl entspricht
- ein Vater hat sonst keine Rechte
Seit April 2019 lebte Tobias mit der Frau zusammen, die fünf Kinder mit in die Beziehung gebracht hatte. Ein Jahr später kam der gemeinsame Sohn zur Welt. Unmittelbar nach der Geburt trennte sich die Frau von ihm und ließ den neuen Partner als rechtlichen Vater eintragen. Tobias sah seine Elternrechte verletzt und wollte seine Vaterschaft anerkennen lassen, damit klar ist, dass er nicht nur der biologische, sondern auch der rechtliche Vater des Jungen ist.
Doch seine Klagen vor den Familiengerichten scheiterten. Denn die bisherige Regelung sah vor, dass ein leiblicher Vater die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes nicht anfechten kann, wenn zwischen diesem und dem Kind eine sozial-familiäre Beziehung besteht. Da das Kind nach der Geburt bereits bei dem neuen Partner der Mutter, dem rechtlichen Vater, lebte und sich bis zu den Gerichtsverfahren dieser sozial-familiäre Kontakt weiter festigte, wies zuletzt das Oberlandesgericht Naumburg die Klage von Tobias ab.
Die Karlsruher Entscheidung
Zu Unrecht, erklärte nun das Bundesverfassungsgericht und hob die Entscheidung auf. Die gesetzlichen Regelungen seien unvereinbar mit dem Grundgesetz. Bis zu einer Neuregelung sollen sie aber weiter gelten - längstens bis zum 30. Juni 2025.
Bei einer Neugestaltung räumt das Verfassungsgericht dem Gesetzgeber einen weiten Spielraum ein. So dürfe der Gesetzgeber auch rechtlich eine Mutter und zwei Väter für das Kind vorsehen, müsse das aber nicht. Würde der Gesetzgeber aber nur zwei rechtliche Eltern vorsehen, dann müsse ein getrennt lebender, leiblicher Vater einen größeren Spielraum bekommen, die Vaterschaft des anderen Mannes anzufechten.
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Entscheidend für den Ersten Senat: Leibliche Väter sind Träger des Elterngrundrechts und können sich folglich auch auf das Grundgesetz berufen - es garantiert dem leiblichen Vater die Möglichkeit, auch rechtlicher Vater seines Kindes zu werden.
Für Tobias heißt das, dass es erstmal noch keinen glücklichen Ausgang gibt. Denn die kritisierten Normen müssen durch den Gesetzgeber überarbeitet werden. Erst wenn die Überarbeitungen stehen, hat er Chancen, auch rechtlicher Vater zu werden. Die stehen aber ziemlich gut.
Birgit Franke und Christoph Schneider sind Redakteure in der Fachredaktion Recht und Justiz des ZDF
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