Feuer auf Frachter: Biologe warnt vor Katastrophe

    Interview

    Feuer auf "Fremantle Highway":Schiffsuntergang wäre "absolute Katastrophe"

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    Vor der niederländischen Küste ist auf einem Frachter mit rund 3.000 Autos ein Feuer ausgebrochen. Welche Folgen das für die Umwelt haben könnte, erklärt ein Meeresbiologe im ZDF.

    Zu sehen ist der Meeresbiologe Thilo Maack im Gespräch mit ZDFheute live.
    Das Wattenmeer sei ein einzigartiges Ökosystem, sagt Greenpeace-Biologe Thilo Maack. Eine mögliche Ölkatastrophe hätte in "diesem ohnehin katastrophalen Sommer" gravierende Folgen.26.07.2023 | 9:27 min
    Gut 27 Kilometer vor der niederländischen Insel Ameland steht das Frachtschiff "Fremantle Highway" in Flammen. Rettungskräfte versuchen, ein Sinken des Schiffes und damit eine Umweltkatastrophe zu verhindern. Im Gespräch mit ZDFheute live spricht Meeresbiologe Thilo Maack von Greenpeace über die möglichen Folgen für Natur und Tiere.
    Die Gefahr, wenn der Frachter sinke, so der Meeresbiologe, bestehe darin, dass Öl austrete "und das wäre aus Umweltsicht, aus ökologischer Sicht, eine absolute Katastrophe". Für problematisch hält Maack dabei die Tatsache, dass der Frachter erst mit vollen Treibstoffspeichern in Bremerhaven losgefahren sei.
    Lauwersoog, 26.07.23: Der Autofrachter befindet sich auf dem Ozean, man sieht Rauchschwaden aufsteigen.
    Im Wattenmeer vor der niederländischen Küste steht ein Frachter mit 3000 Autos in Flammen. Die Löscharbeiten werden durch in Brand geratene Lithium-Batterien von E-Autos erschwert.26.07.2023 | 2:10 min

    Meeresbiologe: Austretendes Öl könnte in Wattenmeer gelangen

    Durch die Strömung in der Nordsee Richtung Osten bestünde bei einer Havarie dabei die Gefahr, "dass das Öl über kurz oder lang auch in die deutsche Nordsee kommt und dann in das Wattenmeer - und das Wattenmeer ist ja nicht von ungefähr Unesco-Weltnaturerbe".
    Es sei ein einzigartiges Ökosystem, erklärt der Meeresbiologe. "Wir haben aktuell circa eine Million Eider-Enten und Brandgänse, die flugunfähig sind, weil sie sich gerade mausern, das heißt, sie verlieren ihr Federkleid und bauen es neu auf."

    Wenn die jetzt von einer Ölkatastrophe betroffen wären, das wäre eigentlich der sichere Tod.

    Thilo Maack, Meeresbiologe von Greenpeace

    "Wir erwarten jetzt auch Hunderttausende Watvögel aus der Arktis, die im Wattenmeer Rast machen auf ihrem Weg in die Winterquartiere", erklärt Maack weiter. "Also eine Ölkatastrophe in der Nordsee - im Wattenmeer - ist das Letzte, was wir jetzt hier gebrauchen können in diesem ohnehin katastrophalen Sommer 2023, wo ganz Südeuropa brennt."
    ZDF-Korrespondentin Isabelle Schäfers berichtet nahe der Unglücksstelle.
    Das Löschen des brennenden Auto-Frachters vor der niederländischen Insel Ameland gestaltet sich schwierig. Eine Einschätzung von ZDF-Korrespondentin Isabelle Schäfers. 26.07.2023 | 1:06 min
    ZDF-Korrespondentin Isabelle Schäfers zum Brand auf der "Fremantle Highway":
    Es gehe aber nicht nur um die Vögel. "Es geht vor allem Dingen auch um alle möglichen Organismen, die im Meeresboden leben, Wattwurm und Co. und alles, was davon abhängt, also viele Fischarten." Im Falle einer Ölkatastrophe würden laut Maack auch die Gezeiten dafür sorgen, dass sich das Öl weiträumig verteilt.

    Auch brennendes Kunststoff könnte Problem werden

    Aber nicht nur das geladene Öl sei ein Problem, merkt der Meeresbiologe an. "Es sind zehn Decks, die stehen voller Autos und diese Autos brennen gerade aus." Da sei viel Kunststoff verbaut, "chlororganische Verbindungen", wie etwa PVC, woraus Dioxin entstehe. "Das geht jetzt alles in die Umwelt." Das betreffe nicht direkt die Nordsee und das Wattenmeer, erklärt der Biologe, stellt aber klar:

    Das ist alles das, was jetzt in die Atmosphäre gelangt und dann über kurz oder lang über dem Meer oder dem Land abregnet, also gut ist das nicht.

    Thilo Maack, Meeresbiologe von Greenpeace

    Noch scheint die Situation aber stabil, merkt Maack an. "Momentan sieht es so aus, als ob das Schiff in Position gehalten werden könnte. Das ist sehr, sehr günstig." Jetzt liege es in den Händen der Sicherheitskräfte, dafür zu sorgen, dass die Situation stabil bleibe und der Frachter nicht havariere.
    Zu sehen ist eine Grafik, die den Standort des brennenden Auto-Frachters vor Ameland sowie die Route ausgehend von Bremerhaven zeigt.
    Bevor der Brand ausbrach: Die Route des Frachters "Fremantle Highway".
    Quelle: ZDF

    Meeresbiologe: Brauchen alternative Schiffsantriebe

    Sollte es doch zu einer Ölkatastrophe kommen, bleibt laut Maack wohl nichts anderes übrig, als die betroffenen Vögel zu reinigen. Der Meeresbiologe fordert deshalb ein Umdenken, um künftig Brände auf Frachtern zu verhindern.
    Man müsse sich Gedanken darüber machen, "ob wir nicht alternative Schiffsantriebe brauchen, jenseits von fossilen Energieträgern." Das müsse die Zukunft sein.

    Wir müssen raus aus der Verbrennung fossiler Energieträger und rein in die Erneuerbaren Energien und da muss es auch Mittel und Wege für die Schifffahrtsindustrie geben.

    Thilo Maack, Meeresbiologe von Greenpeace

    Sehen Sie hier ZDFheute live zum Feuer auf dem Frachter "Fremantle Highway" in voller Länge:

    Feuer auf Auto-Frachter
    :Droht eine Umweltkatastrophe in der Nordsee?

    Vor der niederländischen Küste steht das Cargoschiff "Fremantle Highway" in Flammen. Rettungskräfte versuchen, ein Sinken zu verhindern. ZDFheute live zu möglichen Folgen.
    Zu sehen ist ein Boot, das versucht das Frachtschiff zu löschen.
    23:35 min
    Quelle: ZDF

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