Studie: Zehn Prozent arbeiten suchthaft

    Studie :Jeder zehnte Erwerbstätige ist arbeitssüchtig

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    Arbeiten bis in den Abend, schlechtes Gewissen an freien Tagen: 9,8 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland arbeiten laut einer Studie so viel, dass sie kaum abschalten können.

    Ein Mann sitzt im Homeoffice am Tisch an einem Laptop und arbeitet.
    Einer Studie zufolge arbeiten knapp zehn Prozent der Arbeitnehmer suchthaft (Symbolfoto).
    Quelle: picture alliance / Westend61 | Bartek Szewczyk

    Sie arbeiten exzessiv und können in der Freizeit kaum abschalten: Rund zehn Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland zeigt in Bezug auf die Arbeit einer Studie zufolge suchthaftes Verhalten.
    Die Betroffenen haben zugleich häufiger Gesundheitsprobleme als andere Erwerbstätige, wie eine Untersuchung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und der Technischen Universität Braunschweig zeigt, die am Dienstag von der Hans-Böckler-Stiftung veröffentlicht wurde. Die gewerkschaftsnahe Stiftung hatte die Untersuchung gefördert.

    Zwei Phänomene zu vielen Arbeitens

    Als suchthaftes Arbeiten stufen die Forscherinnen und Forscher Menschen ein, bei denen zwei Phänomene zusammenkommen:
    • Der oder die Betroffene arbeitet lange und schnell und erledigt verschiedene Aufgaben gleichzeitig. Dies wird als exzessive Arbeit bezeichnet.
    • Der andere Faktor ist "Getriebenheit": Die Betroffenen arbeiten hart, auch wenn es keinen Spaß macht, sie haben ein schlechtes Gewissen, wenn sie freinehmen, und sie können nach Feierabend nicht entspannen.
    Die Betroffenen hätten also gleichsam Entzugserscheinungen in der Zeit ohne Erwerbsarbeit, erläuterten die Forscherinnen und Forscher.
    Burnout
    Was lässt uns ausbrennen?10.03.2023 | 5:05 min

    Grenzenloses Arbeiten macht krank

    In einer Befragung von gut 8.000 Erwerbstätigen in den Jahren 2017 und 2018 zeigten der Studie zufolge 9,8 Prozent suchthaftes Arbeitsverhalten.
    Von diesen stuften wiederum 28 Prozent ihren allgemeinen Gesundheitszustand als weniger gut oder schlecht ein. Bei den anderen Befragten taten das nur 14 Prozent.

    Die empirischen Ergebnisse zeigen deutlich, dass suchthaftes Arbeiten in Deutschland im Zusammenhang mit schlechterer Gesundheit steht.

    Aus der Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung

    ZDFzoom - Grauzone - Folge 3 Mental Health
    Achtsamkeit, Selbstliebe und Coaching: Über mentale Gesundheit wird viel mehr gesprochen als früher. Doch zwischen gesunder Selbstfürsorge und echtem Therapiebedarf gibt es viele Grauzonen.13.07.2022 | 29:02 min
    Gleichzeitig deuteten die Ergebnisse darauf hin, dass suchthaft Arbeitende der ärztlichen Behandlung ihrer Beschwerden und ihrer Genesung weniger Beachtung schenkten, heißt es in der Studie.
    Von den Arbeitssüchtigen gaben nämlich 45 Prozent an, sie hätten sich im zurückliegenden Jahr keinen Tag krank gemeldet. Bei den anderen Beschäftigten waren es nur 36 Prozent.

    Die Risiken: Burnout und Depression

    Als mögliche langfristige Folgen von suchthaftem Arbeiten nennen die Expertinnen und Experten erhöhte Risiken für Burnout oder depressive Verstimmungen. Solche psychischen Leiden könnten zu langwierigen Arbeitsausfällen führen.
    Die Autorinnen und Autoren der Studie betonen dabei, dass der Zusammenhang zwischen suchthaftem Arbeiten und Gesundheit "nicht nur ein individuelles Problem" sei - er könne "sich auch negativ auf die Gesellschaft auswirken".
    Ramona Schröder, Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit und Lutz Mania, Geschäftsführer des Jobcenter Berlin Mitte, stellen die Bilanz zum Arbeitsmarkt 2022 vor.
    Der Arbeitsmarkt ist trotz der schwierigen Wirtschaftslage stabil. Im Januar registrierte die Bundesagentur für Arbeit über 2 Millionen Arbeitslose, 162.000 mehr als im Dezember.31.01.2023 | 0:26 min

    Studie: Gesundheitsschutz in Betrieben notwendig

    Für Betriebe seien längere Personalausfälle besonders kostspielig und könnten bei Personalmangel zu längerfristigen Produktionseinbrüchen führen. "Insbesondere vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels ist die Frage der Prävention von längeren Zeiten der Arbeitsunfähigkeit von hoher Relevanz", heißt es in der Studie.
    Die Prävention von suchthaftem Arbeiten solle daher in Zukunft eine bedeutendere Rolle spielen. Dazu gehöre unter anderem, für das Thema zu sensibilisieren und aktiven Gesundheitsschutz in den Unternehmen zu betreiben.

    Nachrichten | Panorama
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    Jeder Zweite entwickelt im Leben Burn-out-Symptome. Was sind die Ursachen? Und was tun bei Anzeichen? Die wichtigsten Antworten - und wie Sie sich schützen können.
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    Quelle: AFP

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