Vogelgrippe breitet sich weiter aus - Gefahr für Menschen?

    Virus breitet sich weiter aus:Vogelgrippe - Gefahr für den Menschen?

    Susanne Seidl, ZDF-Redakteurin im Studio Schwerin
    von Susanne Seidl
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    Die Vogelgrippe gilt vor allem als Bedrohung für Geflügel und Wildvögel. Doch ein Todesfall in Kambodscha wirft die Frage auf: Kann das Virus auch für Menschen zur Gefahr werden?

    Mann in Schutzkleidung mit Vogel-Kadaver.
    Die Vogelgrippe hat sich mittlerweile rund um den Globus ausgebreitet.
    Quelle: dpa

    Der Todesfall in Kambodscha schreckt auf: Dort ist kürzlich ein Mädchen an Vogelgrippe gestorben - die Elfjährige hatte sich wahrscheinlich in ihrem Heimatdorf durch tote Wildvögel mit dem Virus infiziert. Am 16. Februar bekam sie erste Symptome wie Husten und Halsschmerzen, sechs Tage später war das Kind tot.

    Vogelgrippe bisher beim Menschen "äußerst selten"

    Professor Emil Reisinger, Infektiologe an der Uniklinik Rostock, beruhigt: Das Virus springe bisher nur äußerst selten auf den Menschen über. In den vergangenen 20 Jahren hätten sich knapp 900 Menschen weltweit angesteckt, rund die Hälfte von ihnen sei gestorben.

    Wir brauchen für die Infektion des Vogelgrippe-Virus vom Tier auf den Menschen sehr engen Kontakt mit den Tieren.

    Emil Reisinger, Infektiologe

    Daher steckten sich vornehmlich Bewohner des asiatischen Raums an, die in der Regel einen engeren Kontakt zu Tieren pflegten als in Europa.
    Warnschild Wildgeflügelpest
    30.11.2022 | 28:28 min
    Doku: Vogelgrippe - Die Gefahr droht von oben:
    "Wenn ein Mensch infiziert ist, dann kann es zu weiteren Mutationen im Menschen kommen", erklärt Reisinger. "Wenn dann innerhalb von wenigen Wochen zehn bis fünfzehn Mutationen stattfinden, kann das Virus krankmachender werden." Dann könne es auch mal zu einem Todesfall kommen. In der Regel litten die Infizierten aber nur unter einer Bindehautentzündung und leichten Erkältungssymptomen.

    Virus H5N1 über die ganze Welt verbreitet

    Weitaus größere Sorgen bereitet Virologen, dass das Virus inzwischen über das ganze Jahr aktiv ist und nicht wie bisher nur im Herbst und Winter Wildvögel tötet. Es sei ein Zeichen dafür, dass der Erreger widerstandsfähiger geworden sei, sagt Timm Harder vom Friedrich-Löffler-Institut, dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit.
    Toter Vogel am Boden
    17.02.2022 | 6:04 min
    Der Vormarsch der Vogelgrippe, vor allem die Variante H5N1 grassiert:
    Die Variante H5N1 hat sich inzwischen weltweit verbreitet und sorgt erstmals auch an den Küsten Südamerikas für Millionen toter Wildvögel. Säugetiere sind - wie schon in den Jahren davor - immer mal wieder betroffen: Doch diesmal erlagen gleich Hunderte Seelöwen in Peru dem Virus, wahrscheinlich weil sie infizierte Wildvögel gefressen hatten. Es könnte aber auch sein, dass sie sich vielleicht doch gegenseitig angesteckt hatten, so Timm Harder.

    Virologe besorgt über Ausbruch auf Nerzfarm in Galizien

    Denn das Virus müsse bei einem Wirtswechsel viele Barrieren überwinden. Es sei nicht nur ein Schalter, der einfach umgelegt werden müsse, "um sich an eine neue Wirtsart, an den Menschen, an die Robbe oder an den Fuchs langfristig anpassen zu können". Das sei bisher nur sporadisch geschehen.
    Große Sorge macht dem Virologen daher ein Ausbruch des Vogelgrippe-Virus im Oktober 2022 auf einer Nerzfarm in Galizien. Dort hatten sich die Tiere offensichtlich gegenseitig angesteckt. Über 50.000 Nerze starben oder wurden gekeult. "Aber auch diese Nerzfarm ist offensichtlich eine Sackgasse für dieses Virus und für die dort entstandene Mutante gewesen", sagt Harder. Denn eine weitere Ausbreitung sei bislang glücklicherweise nicht vorgekommen.

    Virus könnte bald Antarktis erreichen

    Harder und Kollegen in anderen Ländern sammeln Daten über alle Infektionen, um einen Impfstoff entwickeln zu können, mit dem dann Hausgeflügel vor dem Virus geschützt werden kann. Wildvögel zu impfen, ist nicht praktikabel. Daher bleibt nur, jeden Vogelgrippe-Ausbruch zu dokumentieren und bestenfalls im Keim zu ersticken, damit das Virus nicht zu einem noch größeren Problem wird.
    Timm Harder ist alarmiert über die Geschwindigkeit, mit der sich das Virus in Richtung Kap Horn in Südamerika ausbreitet:

    Der Sprung nach Antarktika steht vielleicht unmittelbar bevor, mit möglicherweise drastischen Folgen für die dort ansässigen Pinguin-Kolonien.

    Timm Harder, Virologe am Friedrich-Löffler-Institut

    Susanne Seidl ist Reporterin im ZDF-Landesstudio in Schwerin.

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