Weihnachtssingen in deutschen Stadien: Neuer Megatrend

    Hunderttausende Teilnehmer:Weihnachtssingen im Stadion: Neuer Megatrend

    von Ralf Lorenzen
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    In der Alten Försterei bei Union Berlin fing es einst mit 89 Menschen an, mittlerweile treffen sich Hunderttausende kurz vor Weihnachten in deutschen Stadien zum Singen.

    Dicht an dicht stehen die Besucher des Eisern-Union-Weihnachtssingen im Stadion an der Alten Försterei.
    Dicht an dicht stehen die Besucher des Eisern-Union-Weihnachtssingen im Stadion an der Alten Försterei.
    Quelle: dpa

    Der Panzenberg ist ein kleines Fußballstadion im Bremer Westen, das bei Tageslicht einen eher rauen Charme versprüht. Eingezwängt zwischen einer Hauptverkehrsader und den Wohnblöcken eines alten Hafenarbeiterviertels wirbt der hier ansässige Viertligist Bremer SV unter dem Motto "Bier, Wurst, Panzenberg" für eine "Fußballkultur ohne Schnickschnack."

    5.000 Kerzen in Bremen

    Aber einmal im Jahr, am Abend des 22. Dezembers, kommt besonderer Glanz in diese Hütte. "Der Panzenberg hat einen großen Charme, wenn er weihnachtlich erleuchtet ist und 5.000 Menschen eine Kerze in der Hand halten", sagt Tore Felgendreher vom BSV im Gespräch mit ZDFsport. Diese Anzahl an Mitsängern erwartet der Veranstaltungsleiter nach zwei Jahren Zwangspause, bedingt durch Corona, auch in diesem Jahr wieder. 

    Wir sind als Verein in vielen Bereichen sozial engagiert und das Weihnachtssingen ist ein wichtiger Bestandteil davon.

    Tore Felgendreher, Bremer SV

    "Wir bringen Menschen zusammen, die gemeinsam eine schöne Zeit im Stadion haben und die Weihnachtstage einleiten", sagt Felgendreher weiter.

    Mega-Singen in Dortmund

    Aus Erfahrung weiß er, dass Gospel-, Posaunen- und Kinderchor die anderen so in Stimmung bringen, dass viele auf dem Nachhauseweg in der Straßenbahn weiter singen. "Das Weihnachtssingen in großen Stadien fällt in eine andere Kategorie", sagt er. "Die sind vielleicht professioneller, aber nicht so emotional."
    Bereits am 3. Advent ließen sich 72.000 Menschen in der Dortmunder BVB-Arena von Profisängern wie Sasha oder Alexander Klaws vorweihnachtlich einheizen. Neben "Jingle Bells" erschallten auch Fußball-Hymen wie "You'll never walk alone" und "Leuchte auf, mein Stern Borussia". "Nach 1.092 Tagen kommt man endlich wieder hierher und weiß, man ist Zuhause", sagte BVB-Trainer Edin Terzic, der mit seinen beiden Kindern teilnahm. 

    Weihnachtssingen von Aachen bis Dresden

    Schon in den beiden letzten Jahren vor der Pandemie stieg die Zahl der Weihnachtssingen in deutschen Stadien auf über 20 Veranstaltungen. In diesem Jahr, nach zwei Jahren Pause, entdecken noch wesentlich mehr Klubs und Eventagenturen die reizvolle Verbindung von fußballerischer und weihnachtlicher Magie. Mit Teilnehmerzahlen von 500 bis 72.000 und Eintrittspreisen von über 30 Euro bis zur freiwilligen Spende ist das Angebot zwischen Aachen und Dresden mittlerweile fast flächendeckend.
    Weihnachtsbacken mit Cynthia Barcomi
    Bald ist Heiligabend – höchste Zeit für die letzte Plätzchen-Backrunde. Zu Gast im moma Café ist Cynthia Barcomi, Backbuch-Autorin und Spezialistin für Leckereien aus dem Ofen. 16.12.2022 | 7:30 min
    Begonnen hat alles einmal in dem Stadion, das wohl am besten zum Klassiker "Oh Tannenbaum" passt. Weihnachten 2003 kletterten 89 Union Berlin-Fans in Feierlaune mit Glühwein und Gebäck ausgestattet über den Zaun der Alten Försterei und stimmten auf Höhe der Mittellinie ihre Gesänge an.
    2010 machten dann schon 10.000 Menschen ganz offiziell mit, in diesem Jahr werden am Tag vor dem Heiligen Abend wieder 28.000 Singende erwartet. "Ich finde beeindruckend, dass es immer mehr Fußball-Vereine gibt, die Ähnliches oder Vergleichbares tun", sagte Union-Fan Torsten Eisenbeiser, der einst das Ursprungsevent initiierte, zur 15. Ausgabe 2017 gegenüber dem Tagesspiegel.

    "Hammerevent mit Gänsehaut"

    An die Anfangszeit erinnert sich auch Union-Urgestein Christian Beeck. "Damals habe ich das sehr gerne mitgemacht. Da waren nur ein paar tausend Menschen da und alles war ganz gemütlich. Jetzt ist es mir einfach zu voll", sagte der Ex-Profi vor vier Tagen dem RBB. "Meine Töchter haben aber drei Karten bekommen und freuen sich schon richtig drauf, was ich auch verstehen kann."

    Das ist ein Hammer-Event, bei dem es ganz viel Gänsehaut gibt.

    Christian Beeck, ehemaliger Spieler und Funktionär bei Union Berlin

    Der Bremer SV hat von Union nicht nur die Idee des weihnachtlichen Rudelsingens übernommen, sondern auch die Kreativität, das Stadion mit wenig Mitteln auszubauen. 700 der 1.000 Sitzplätze, die der Regionalliga-Aufsteiger seinen Gästen in diesem Jahr erstmals anbieten kann, sind vorher in anderen Arenen abgeschraubt worden: in der Basketballarena in Bamberg, der Radsportarena aus Köln und dem WM-Stadion in Leipzig. 

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