Debatte um Wölfe in Deutschland: Schießen oder schützen?

    Debatte ums Wolfsmanagement:Wölfe schießen oder schützen?

    von Moritz Kegler
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    Seit Jahren gärt die Debatte um den Wolf: Schießen oder schützen? Klar ist das Bild immer noch nicht. Die Diskussion zeigt: Wir haben noch nicht gelernt, mit dem Wolf zu leben.

    Archiv: Ein Wolfsrudel tollt am 22.06.2015 im Wildpark Knüll bei Homberg/Efze (Hessen) herum.
    Bislang ist in Deutschland noch kein Angriff eines Wolfes auf den Menschen dokumentiert.
    Quelle: dpa

    Auf dem Hof von Tierarzt und Schäfer Peter Haug im hessischen Königstein sind die Sorgen groß: Denn der Wolf streift durch die Landschaft. Und seine Schafsherde mit etwa 400 Tieren ist regelmäßig vom Wolf bedroht.

    Viele Leute wissen gar nicht, was hier abgeht. Jedes Mal, wenn das Telefon klingelt, hat man Angst, irgendwo ein Tier einsammeln zu müssen.

    Peter Haug, Tierarzt und Schäfer in Hessen

    Viele Schäfer in der Region müssen in diesem Wolfsjahr Risse hinnehmen. Fünf tote Schafe werden zuletzt Woche aus dem benachbarten Lahn-Dill-Kreis gemeldet - vier weitere sind verletzt.

    Geschichte eines deutschen Raubtiers

    Den Wolf mit Verweis auf dessen Schutz nicht bejagen zu dürfen, hält Haug für ideologisiert: "Weidetiere verdienen schließlich auch Tierschutz!"
    Jahrhundertelang war der Wolf das meistverbreitete Raubtier des Landes und galt seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland als ausgerottet, nachdem er schonungslos abgeschossen werden durfte. Doch 1990 wurde das Tier unter Naturschutz gestellt und wird seitdem im ganzen Bundesgebiet wieder heimisch.
    Was Tierschützer freut, ruft bei vielen Bürgern Unbehagen und Frust hervor. Besonders Nutztierbesitzern macht der Wolf zu schaffen, denn immer wieder werden Weidetiere gerissen. Ohne "wolfssichere" Zäune samt 3.000 Volt Spannung sind Schafe, Ziegen und Rinder meist schutzlos ausgeliefert.
    Zahl der Wolfsrudel in Deutschland
    ZDFheute Infografik
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    Wolfsdebatte im hessischen Landtag

    Ende Januar hat der hessische Landtag zum Wolfsmanagement debattiert: Es gehe dabei nicht um die Frage des Artenerhalts, sondern darum, wie man das Zusammenleben gestalte, meint Wiebke Knell, FDP-Landtagsabgeordnete.

    Die Menschen machen sich schlicht und einfach Sorgen um ihre Kinder, seitdem die Wölfe auch in die Dörfer kommen.

    Wiebke Knell, FDP Hessen

    Für völlig überhöht hält hingegen Hans-Jürgen Müller von Bündnis 90/Die Grünen die Diskussion, da es "keinen Grund gibt, den Wolf so massiv zu verteufeln."

    In Deutschland leben aktuell mindestens 1.175 Wölfe

    Doch auch über die hessische Landesgrenze hinaus treibt sich das Tier, das auf den wissenschaftlichen Namen "Canis lupus" hört, vermehrt herum - nicht selten legt er Wanderstrecken bis zu 1.500 Kilometern zurück.
    Das größte Wolfsvorkommen konzentriert sich dabei auf ein Gebiet von Sachsen über Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern bis nach Niedersachsen.
    Grafik: Wo die Wölfe leben
    Wo die Wölfe leben
    Quelle: ZDF/iStock

    Nach aktuellen Angaben der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes für den Wolf (DBBW) wurden im Monitoringjahr 2021/2022 rund 161 bestätigte Rudel, 43 Paare und 21 territoriale Einzeltiere gezählt. Insgesamt leben demnach in Deutschland mindestens 1.175 Wolfsindividuen.

    Wolf keine Gefahr für Mensch, sagen Fachleute

    Bei Übergriffen auf Nutztiere sind im Jahr 2021 rund 3.374 Tiere getötet oder verletzt worden - über 85 Prozent davon waren Schafe oder Ziegen. In Fachkreisen ist man sich dennoch einig, dass der Wolf keine Gefahr für Mensch und Tier darstellt.

    Die Lösung zur guten Koexistenz führt über den Herdenschutz, denn die Bejagung würde das Problem nur vergrößern.

    Thomas Norgall, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)

    Da der Wolf ein streng territoriales Tier sei, regele er seine Bestandsdichte selbst, sagt Thomas Norgall vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). "Viele Tierhalter erzählen mir, dass sich im Falle der Bejagung des Wolfs die Übergriffe auf Nutztiere deutlich reduzieren würden", ergänzt Frank Fass, Inhaber des Wolfcenters im niedersächsischen Dörverden und erläutert:

    Die Wahrheit ist jedoch, dass wir feststellen würden, dass die Wolfspopulation weiterwächst und sich auf der Landkarte weiter ausdehnt. Der Prozess wäre lediglich verlangsamt.

    Frank Fass, Wolfcenter in Dörverden

    Wem ein Wolf begegnet, sollte das melden

    In ganz Deutschland ist seit der Rückkehr des Wolfs kein Angriff auf einen Menschen dokumentiert. Eine Begegnung sollte aber stets gemeldet werden, damit auffälliges Verhalten früh erkannt und bei Notwendigkeit gegengesteuert werden kann.
    Schäfer und Tierarzt Peter Haug hat seine Herde mittlerweile ohnehin zum Lammen in den Stall gebracht - die Angst vor dem Wolf bleibt dennoch, wenn seine Schafe in einigen Wochen wieder auf die Weide dürfen.

    Wölfe in Deutschland