Georgien treibt umstrittenes Gesetz voran

    Proteste und Gewalt:Georgien treibt umstrittenes Gesetz voran

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    Tausende protestieren in Georgien gegen ein als "russisch" kritisiertes Gesetz für mehr Kontrolle über die Zivilgesellschaft. Das Parlament nahm es dennoch in erster Lesung an.

    Demonstranten halten vor dem Parlament in Tiflis eine georgische Flagge hoch.
    Trotz erneuter Proteste hält die Regierung in Georgien an ihrem umstrittenen Gesetz für verschärfte Auflagen für NGOs fest. Am Abend demonstrierten rund 20.000 Menschen in Tiflis.18.04.2024 | 0:22 min
    Die georgische Regierung treibt ihr geplantes Gesetz zur Kontrolle von Einflussnahme aus dem Ausland trotz massiver Proteste voran.
    Das Parlament in Tiflis stimmte unter Boykott von Oppositionsabgeordneten laut der Nachrichtenagentur Interpress in erster Lesung für den Entwurf.

    Will georgische Regierung Meinungsfreiheit einschränken?

    Das Papier sieht vor, dass Organisationen, die mehr als 20 Prozent ihrer Finanzmittel aus dem Ausland erhalten, sich als "Agenten ausländischer Einflussnahme" registrieren lassen müssen.
    Pro-europäische Kritiker werfen der Regierung autoritäre Tendenzen vor. Sie plane das Gesetz nach russischem Vorbild, um die Meinungsfreiheit zu unterdrücken. Die EU forderte die Regierung zu einem Verzicht auf das Gesetz auf, das die Fortschritte des Beitrittskandidaten auf dem Weg zu einer EU-Mitgliedschaft beeinträchtigen würde.
    Zahlreiche Demonstranten versammeln sich vor dem Parlamentsgebäude um gegen das «russische Gesetz» zu protestieren.
    Im georgischen Parlament ist es während einer Debatte zu einem umstrittenen Gesetzesentwurf zu einer Prügelei zwischen mehreren Abgeordneten gekommen.16.04.2024 | 2:19 min

    Tausende gehen auf die Straße

    Seit Tagen protestieren Tausende gegen die Pläne. Am Dienstag waren bei Zusammenstößen mit der Polizei elf Menschen festgenommen und ein Polizist verletzt worden. Für Mittwoch waren erneut Proteste angekündigt.
    Das Gesetz gilt weithin als Test dafür, ob Georgien 33 Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sich weiter dem Westen annähert oder sich wieder stärker an Russland binden will.
    Zahlreiche Demonstranten versammeln sich vor dem Parlamentsgebäude um gegen das «russische Gesetz» zu protestieren.
    In Georgien sind erneut Tausende prowestliche Demonstranten gegen ein als "russisch" kritisiertes Gesetz auf die Straße gegangen. Bei den Protesten gab es mehrere Festnahmen.16.04.2024 | 0:23 min
    Die Europäische Union, die Georgien im Dezember den Status eines Beitrittskandidaten verliehen hatte, bekräftigte, dass der Gesetzesentwurf mit ihren Werten unvereinbar sei und sprach von einer "sehr besorgniserregenden Entwicklung".

    Warnungen aus dem Ausland

    Das geplante Gesetz würde Möglichkeiten der Zivilgesellschaft und der Medienorganisationen einschränken, frei zu agieren, könne die Meinungsfreiheit beschneiden und Organisationen, die den georgischen Bürgern Nutzen brächten, auf unfaire Weise stigmatisieren, erklärte der diplomatische Dienst der EU. Auch die USA und Großbritannien warnten vor dem Gesetz.
    auf dem Bild erkennt man den geschlossenen Grenzzaun zwischen Finnland und Russland
    Finnland hat seine Grenze zum aggressiven Nachbarn dicht gemacht. Nach Georgien sind viele Russen geflüchtet, doch auch dort ängstigt man sich vor einem Angriff Putins. 21.02.2024 | 12:53 min
    Die Regierungspartei Georgischer Traum, der von der Opposition übermäßige Russlandnähe vorgeworfen wird, will nach eigenen Angaben mit dem Gesetz für mehr Transparenz sorgen, das Ausmaß ausländischer Einflussnahme stärker kontrollieren und aus dem Ausland aufgezwungene "pseudoliberale Werte" bekämpfen.
    Die russische Führung erklärte, sie habe nichts mit den Gesetzesplänen zu tun, die sie als "normale Praxis" verteidigte. Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow sagte am Mittwoch, die Pläne würden von externen Akteuren benutzt, um antirussische Stimmung zu schüren.
    Die abchasische Sängerin Natia Todua steht neben Ruinen in Georgien und blickt in die Ferne.
    Im Georgienkrieg 2008 testet Wladimir Putin, wie weit er gehen kann. Gezielt heizt er dafür alte Konflikte der Region an. Die Folge: Georgien ist bis heute ein gespaltenes Land.08.09.2022 | 45:06 min

    Gesetzentwurf wurde 2023 auf Eis gelegt

    Russland ist in dem Land im Südkaukasus mit 3,7 Millionen Einwohnern wegen seiner Unterstützung der abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien weithin umstritten.
    Der Gesetzesentwurf, der ursprünglich im März 2023 eingebracht, aber nach zwei Nächten gewaltsamer Proteste auf Eis gelegt wurde, hat die Spaltung der georgischen Gesellschaft noch weiter verstärkt. Ein Bündnis aus Oppositionsgruppen, Vertretern der Zivilgesellschaft, Prominenten und der Präsidentin Salome Surabischwili hat sich gegen die Regierungspartei gestellt.
    Georgien: Ein Land zwischen Ost und West
    Georgien gilt seit jeher als russische Einflusssphäre. Viele Menschen überlegen, wie sicher ihre Zukunft dort ist. Protestierende Studierende fordern den Eintritt in die EU.30.03.2023 | 2:18 min
    Das Gesetzesvorhaben muss noch in zweiter und dritter Lesung vom Parlament verabschiedet werden. Zwar kann Zurabischwili ihr Veto einlegen, doch verfügen die regierungstreuen Abgeordneten im Parlament in Tiflis über eine ausreichende Mehrheit, um das Veto der Präsident zu überstimmen.
    Quelle: AFP, Reuters

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