Nobelpreisträgerin zu Iran: "Widerstand wird Früchte tragen"
Interview
Nobelpreisträgerin über Iran:Mohammadi: "Widerstand wird Früchte tragen"
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Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi berichtet im Interview vom Widerstand der Gefangenen in Irans Gefängnissen. Und von der Macht der Frauenbewegung.
Trotz ständiger Haft kämpft Narges Mohammadi unerschrocken für Frauen- und Menschenrechte im Iran. 2023 erhielt sie dafür den Friedensnobelpreis – und zahlt einen hohen Preis.09.01.2025 | 1:42 min
Seit 1998 wurde die iranische Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi immer wieder inhaftiert. Jahrelang saß sie im Gefängnis, viele Monate davon in Einzelhaft. Schon als Studentin engagierte sich Mohammadi für Frauenrechte, später arbeitete sie als Journalistin und schloss sich 2003 dem "Defender of Human Rights Center" an, das von Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi geleitet wird.
2023 wurde sie für ihr Engagement mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Ihre Kinder, die sie seit Jahren nicht gesehen hat, nahmen den Preis für sie entgegen. Im Interview während eines Hafturlaubs spricht Mohammadi über ihre Haftbedingungen, den anhaltenden Protest der politischen Gefangenen im Iran und ihre Hoffnungen für die Zukunft.
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Das sagt Mohammadi über ...
... den Umgang mit weiblichen Gefangenen
Mohammadi zeigt sich besorgt wegen sexueller Belästigung von weiblichen Häftlingen, die oft im Gefängnis oder auf dem Weg dorthin passiere, erzählt sie.
Sexueller Missbrauch wird als Werkzeug genutzt, um Frauen zu unterdrücken - traurigerweise noch immer.
Eine weitere Taktik des Regimes sei es, "ungehorsame Frauen" in Psychiatrien einzuweisen. Mohammadi erzählt, dass sie im Evin-Gefängnis viele Frauen erlebt hat, die als "psychisch krank" bezeichnet wurden, sobald sie sich den Regeln widersetzten. Einige seien daraufhin in die Psychiatrie in Teheran gebracht und "unter starke psychowirksame Medikamente gesetzt" worden.
Quelle: AFP
... ist eine Menschenrechtsaktivistin und Friedensnobelpreisträgerin. Sie wurde 1972 im Iran geboren. Seit mehr als zwei Jahrzehnten setzte sie sich für Frauen- und Menschenrechte und die Abschaffung der Todesstrafe ein. Außerdem hat sie sich der Aufklärung der unhaltbaren Haftbedingungen und der in Haft begangenen Verbrechen verschrieben.
2003 trat sie dem Defenders of Human Rights Center bei, dessen Vizepräsidentin sie mittlerweile ist. Die Journalistin wurde aufgrund ihrer regimekritischen Haltung mehrfach inhaftiert und sitzt seit 2021 wieder im Gefängnis. 2023 nahmen ihre Kinder an ihrer statt den Friedensnobelpreis in Empfang, da sie in Teheran im Gefängnis saß.
... den Protest hinter Gittern
Mohammadi verdeutlicht den Widerstand im Gefängnis durch ein Erlebnis. Nachdem das Todesurteil gegen die Kurdin Pakhshan Azizi verkündet wurde, hätten sich mehr als die Hälfte der weiblichen Häftlinge auf dem Gefängnishof versammelt und den Gehorsam verweigert, erzählt sie. Auch eine Frau über 70 sei dabei gewesen, trotz der drohenden Gewalt durch die Wächter. "Sie sagte, ich bin lieber bei euch und protestiere gegen die Todesstrafe als im Bett zu sein", so Mohammadi.
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Auf die Frage, wie weit Proteste hinter Gittern möglich seien, entgegnet sie, dass der Widerstand gegen das Regime nicht aufhöre. Trotz neuer Haftstrafen, Kontaktverbote mit Anwälten und der Familie würden die Frauen nicht mit ihrem Protest aufhören. "Es ist immer schwer, im Gefängnis Widerstand zu leisten. Aber wenn du von dem Protest der Häftlinge hörst, wird dir klar, wie stark die Gefangenen sind."
... die Gewalt des iranischen Regimes und die Frauenrechtsbewegung im Iran
Sobald das Regime Angst und Terror spürt, verbreitet es Angst und Terror in der Gesellschaft.
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Narges Mohammadi, iranische Menschenrechtsaktivistin und Friedensnobelpreisträgerin
Islamische Revolution - das geschah im Frühjahr 1979:
Konferenz in Guadeloupe
Im Januar 1979 treffen sich Helmut Schmidt, Jimmy Carter, Valery Giscard D'Estaing und James Callaghan zu einem Gipfel. Es geht dort auch um die Einschätzung der Lage im Iran.
Quelle: dpa
Die Schwäche des Regimes sei auch darin zu erkennen, dass zum ersten Mal seit 15 Jahren wieder weibliche politische Gefangene hingerichtet werden würden. "2024 wurden 31 Frauen hingerichtet", erzählt Mohammadi.
Trotz der gewaltsamen Niederschlagung der Straßenproteste sei die Bewegung nicht am Ende. "Sie haben andere Wege gefunden", sagt Mohammadi. "Dieser Widerstand wird Früchte tragen." Und: "Ich bin mir sicher, dass diese Bewegung mächtig ist und nicht aufhören wird. Das ist die Kunst des iranischen Volkes."
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... über die Aufgabe des Westens
Auf die Frage, was man den westlichen Regierungen vorwerfen könne, entgegnet Mohammadi, dass diese bei jedem Kontakt mit dem Iran über Menschen- und Frauenrechte sprechen sollten. "Macht es zur Grundvoraussetzung für jede Art der Verhandlung", sagt sie. Sie fordert außerdem, dass die UN "Gender Apartheid" verbieten sollten.
"Mein Appell an die Welt ist: Seht die Menschen im Iran, hört ihre Stimmen und unterstützt ihre Ziele. Wenn ihr Demokratie im Nahen Osten wollt, engagiert euch für Demokratie, Freiheit und Gleichberechtigung im Iran."
Das Interview führte ZDF-Redakteur Kamran Safiarian.
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