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Politik | auslandsjournal:Was tut die NATO, um ihr Gebiet zu schützen?
von Gunnar Krüger
Putins Machtspiele an der Ostsee:Wie Nordeuropa auf Russlands Krieg reagiert
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Putins Krieg in der Ukraine geht in den zweiten Sommer. In Nordeuropa erinnert man sich an Versuche Russlands, die Ostsee zu beherrschen. Ehemals gute Nachbarn werden sich fremd.
Im hellen Kleid und mit einem Strauß Rosen in der Hand steht Valerie Svanström bis zu den Knien in einem See auf den Åland-Inseln. Die 18-Jährige hat gerade Abitur gemacht und ihre Mutter schießt Fotos, die ein Leben lang an diesen Tag erinnern sollen. Doch ihr Start ins Erwachsenenleben wird überschattet wird von Putins Krieg in der Ukraine.
Valerie Svanström bei ihrem Fotoshooting zu ihrem Abitur. Dieser Moment wird allerdings überschattet von den Spannungen seit Putins Einmarsch in die Ukraine.
Quelle: zdf
Eine Inselgruppe im Fokus der Weltmächte
Der sorgt auf den Åland-Inseln für Unruhe. "Wir sind ein verwundbarer Teil Europas, weil wir in der Geschichte schon mal wegen unserer Lage in der Ostsee heimgesucht wurden", erklärt Valerie. "Klar, reden jetzt alle darüber, dass die Russen auch uns überfallen könnten. Mich macht das aber nicht nervös." Und weiter:
Ich finde es nur schade, dass es immer noch Krieg gibt, dass wir Menschen es nicht besser gelernt haben.
Valerie, Abiturientin
... bestehen aus gut 6.700 Inseln und Schären zwischen Schweden und Finnland. Mitten auf der Ostsee – strategisch günstig gelegen. Früher gehörte die Inselgruppe zu Russland, der Zar ließ eine gigantische Festung bauen, wollte von hier die Ostsee beherrschen. Aber sein Plan ging nicht auf. 1854 besiegten Franzosen und Briten Russland auf den Aland-Inseln. Man einigte sich auf einen Friedensvertrag. Der Deal: Die Inseln dürfen weder angegriffen werden noch darf dort Militär stationiert werden. Das gilt bis heute: Damit haben sie hier kaum eine Chance, sich zu verteidigen.
Für unsere auslandsjournal-Dokumentation "Machtpoker an der Ostsee" sind wir auf die Åland-Inseln gereist, die in der Ostsee zwischen Schweden, Finnland und Russland liegen. Ein internationaler Vertrag aus dem 19. Jahrhundert regelt, dass hier keine Soldaten und kein Militär stationiert werden darf.
Die Inselgruppe mit einer Landfläche knapp so groß wie Berlin ist politisch autonom. Man spricht Schwedisch, zahlt aber mit dem Euro, wie in Finnland, das Schutzmacht der Inseln ist. Zu den Eigenarten dieses Archipels gehört, dass ein russisches Konsulat darüber wacht, dass die Inseln entmilitarisiert bleiben, auch wenn Finnland inzwischen seine Neutralität aufgegeben hat und zur Nato gehört.
"In den letzten 20 Jahren hat der russische Konsul dreimal unsere Regierung aufgesucht, um auf mögliche Verstöße gegen die Entmilitarisierung hinzuweisen", sagt Veronica Thörnroos, die Gouverneurin der Åland-Inseln. Sie versichert, dass sich der entmilitarisierte Status der Inseln durch Finnlands Nato-Beitritt nicht ändern werde.
"Vielleicht kann der demilitarisierte Status der Åland-Inseln auch Inspirationsquelle sein für Lösungen anderer komplexer Situationen", hofft Professorin Sia Spiliopoulou Akermark, die Direktorin des hiesigen Friedensinstituts. Auch wenn sie es nicht ausspricht: Der Bezug zur Ukraine drängt sich auf.
Insulaner protestieren vor russischem Konsulat
Jeden Tag um 17 Uhr versammelt sich eine Gruppe hartnäckiger Demonstranten gegen Putins Krieg vor dem russischen Konsulat. Man stimmt lautstarke Protestgesänge an. "Wir halten Russlands Vorgehen für falsch", macht Demonstrant Uffe Gruessner seiner Wut Luft.
Ich glaube zwar nicht, dass Putin uns hört, aber wenn jeder in Europa jeden Tag vor den Botschaften stehen und schreien würde, könnte das vielleicht etwas bewegen.
Uffe Gruessner, Demonstrant
Beobachtungen wie diese sind nur einige Eindrücke von unserer Reise durch Nordeuropa auf der Suche nach den Folgen des Krieges in der Ukraine. Mehr zu dem Thema und die ganze Dokumentation finden sie hier: Machtpoker an der Ostsee
Der Konsul, so erzählen sie uns, sei von den Protesten inzwischen so genervt, dass er oft kurz vor Beginn der Gesänge sein Büro verließe und aufs Land führe - gemeinsam mit seiner Ehefrau, einer Ukrainerin.
Dänemark und die Finanzierung von Putins Krieg
Hier auf den Ålands wollen sie sich mit dem Krieg in der Ukraine nicht abfinden. Dessen Finanzierung aber auch über die Ostsee läuft - ein wichtiger Schauplatz hierfür ist Dänemark:
Auch im zweiten Kriegssommer gelangen russische Rohstoffe wie Erz, Dünger oder sogar Öl über die Ostsee ins Ausland. Der Erlös spült am Ende auch Geld in Putins Kriegskasse. "Das ist die Weltwirtschaft", findet Seelotse Morten Green: "Was mit der Fracht, die hier transportiert wird, passiert, ob sie irgendwo umgeladen oder weiterverarbeitet wird, weiß ich nicht. Aber Indien zum Beispiel hat noch nie Erdöl produziert - wie kann das Land plötzlich Öl exportieren, wenn es nicht irgendwo hergekommen ist?", fragt er.
Er selbst hat kein Problem damit, diese Schiffe durch dänische Gewässer zu lotsen: "Wenn ich nicht helfen würde, und es passiert ein Unfall und Rohöl verschmutzt Dänemarks Küsten, hätte ich sicher das Gefühl, eine falsche Entscheidung getroffen zu haben." Seine Meinung:
Hier geht es um Sicherheit, nicht um Politik.
Morten Green, Seelotse
Putins Angriff auf die Ukraine hat das Machtgefüge in Nordeuropa verändert. Finnland hat sich entschieden als Teil der Nato Russland die Grenzen ihrer Nachbarschaft aufzuzeigen. In Dänemark lassen sie sich vom Machtpoker der Weltmächte offenbar nicht aus der Ruhe bringen.
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