BGH: Rechtsschutz bei Schiedsverfahren zu Energie-Themen

    Energie-Themen:BGH: Rechtsschutz bei Schiedsverfahren

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    Firmen können gegen nationale Energiepolitik vor internationale Schiedsgerichte ziehen. Gegen diese Verfahren wiederum können EU-Länder vor nationalen Gerichten klagen, so der BGH.

     Ein Hinweisschild mit Bundesadler und dem Schriftzug Bundesgerichtshof, aufgenommen vor dem Bundesgerichtshof (BGH).
    Der BGH gibt Staaten Rechtsschutz bei Schiedsverfahren zu Energie-Themen.
    Quelle: dpa

    EU-Staaten können nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vor nationalen Gerichten gegen internationale Schiedsverfahren zu Investitionen im Energiebereich vorgehen.
    Das entschied der erste Zivilsenat am Donnerstag in Karlsruhe. Konkret ging es um drei Fällen, in denen auf der einen Seite Deutschland beziehungsweise die Niederlande stehen und auf der anderen Energieunternehmen aus jeweils anderen EU-Ländern, darunter RWE und Uniper mit Sitz in Deutschland. (Az. I ZB 43/22 u.a.)
    Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs müssen bei solchen Konstellationen nationale Gerichte einen Schiedsspruch zwingend kontrollieren, wie der Vorsitzende Richter unter anderem zur Begründung erklärte. Daher könnten die Parteien hierzulande auch schon zu Beginn die Unzulässigkeit eines solchen Verfahrens feststellen lassen. Dies sei eine Besonderheit des deutschen Rechts.

    Firmen sehen sich durch Klimapolitik geschädigt

    Hintergrund ist der sogenannte Energiecharta-Vertrag, nach dem bei Streitigkeiten zwischen einem Land und Investoren aus einem anderen Land ein unabhängiges Schiedsgericht schlichten soll. Dahinter steckt die Absicht, Unternehmen beim Investieren Sicherheit zuzusichern, indem eine unabhängige Instanz Konflikte lösen soll.

    Der Energiecharta-Vertrag, auf dem die Verfahren beruhen, ist ohnehin umstritten. Die Bundesregierung beschloss den Austritt Deutschlands Ende vergangenen Jahres. Die Ausstiegsfrist beträgt allerdings 20 Jahre. Italien trat 2016 aus.

    Andere EU-Länder wie Frankreich, die Niederlande und Spanien haben den Rückzug ebenfalls angekündigt.

    Anfang Juli legte die Europäische Kommission einen Gesetzesvorschlag für einen koordinierten Austritt der EU und der EU-Länder aus dem Energieabkommen vor. Der Vertrag sei nicht mehr kompatibel mit den Klimaambitionen der EU, hieß es. Ein gemeinsamer Ausstieg muss von den Ländern und mit Zustimmung des EU-Parlaments beschlossen werden.

    Quelle: dpa

    Als Deutschland und die Niederlande angesichts der Klimakrise ihre Energiepolitik änderten, kam es zu Konflikten mit ausländischen Investoren. Diese starteten dann jene Schiedsverfahren, die die EU-Staaten stoppen wollen.
    Die Firmen sehen sich um hohe Summen geschädigt, in einem Fall gar um rund 1,4 Milliarden Euro. Bei RWE und Uniper geht es nach BGH-Angaben um Investitionen in niederländische Kohlekraftwerke. Das Königreich hat aber inzwischen beschlossen, bis 2030 aus der Kohleverstromung auszusteigen. In einem anderen Verfahren beklagen mehrere Firmen eines irischen Konzerns, dass Deutschland seine Gesetzgebung zur Windenergie speziell für Offshore-Anlagen geändert hat.

    Deutschland seit 1966 Mitglied im ICSID

    Die Unternehmen haben die Fälle am Internationalen Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) eingereicht, eine unabhängige Einrichtung innerhalb der Weltbankgruppe. Die Bundesrepublik Deutschland ist seit der Gründung 1966 Mitglied.
    Die beiden Staaten wandten sich an deutsche Gerichte, um feststellen zu lassen, dass die Verfahren unzulässig seien. Das Oberlandesgericht Köln und das Berliner Kammergericht kamen jedoch zu unterschiedlichen Ergebnissen darüber, ob die Anträge rechtmäßig sind.
    Quelle: dpa

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