"Beschiss": TK-Chef wettert gegen steigende Kassenbeiträge
TK-Chef wettert: "Beschiss":Warum 2025 die Kassenbeiträge so stark steigen
von Britta Spiekermann
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Es wird 2025 deutlich teurer für gesetzlich Versicherte. Der TK-Chef wirft Ex-Gesundheitsminister Spahn "Beschiss" vor. Die Rücklagen seien "weg", Beiträge stiegen "ungebremst".
"Beschiss": TK-Chef Baas kritisiert die Gesundheitspolitik scharf.
Quelle: imago
Es ist überaus selten, dass ein Krankenkassen-Chef derart explodiert. In einem Podcast regt sich Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse, über verschiedene Missstände im Gesundheitswesen auf - besonders über den Anstieg der Krankenkassenbeiträge. "Bis vor einigen Jahren hatten wir mehrere Milliarden Rücklagen", so Baas. Die seien jetzt weg und das habe Folgen:
Im nächsten Jahr steigen die Beiträge ungebremst, weil man nichts mehr puffern kann aus den Rücklagen.
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Jens Baas, Chef der Techniker Krankenkasse
Verantwortlich dafür sei der frühere Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Dieser habe vor einigen Jahren gesagt, so Baas: "Ich bin jetzt Gesundheitsminister. Mein Problem ist, ich muss über die Legislaturperiode kommen, ohne dass die Beiträge so stark steigen."
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TK-Chef Baas: "Das war Beschiss"
Spahn habe schnell einen Vorschlag gemacht, so Baas: "Ich mache einfach ein Gesetz, dass die Krankenkassen ihre Rücklagen abbauen müssen." Nur deswegen habe es über Jahre so ausgesehen, sagt der Chef der Techniker Krankenkasse, "als würden die Kassenbeiträge relativ stabil bleiben". Die TK ist mit immerhin 11,8 Millionen Mitgliedern die größte gesetzliche Kasse in Deutschland. Baas fährt fort:
Das war aber Beschiss, weil einfach die Rücklagen abgebaut wurden. Jetzt kann nichts mehr gepuffert werden.
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Jens Baas, Chef der Techniker Krankenkasse
"Würden wir nochmal in eine Krise laufen wie Corona", so der TK-Chef weiter, "hätten wir überhaupt kein Geld mehr, um zum Beispiel Krankenhäuser frühzeitig zu bezahlen."
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DAK-Chef Storm: Ausgabenanstieg muss aufgehalten werden
Tatsächlich verpflichtete der damalige Bundesgesundheitsminister Spahn die gesetzlichen Krankenkassen mit dem Versichertenentlastungsgesetz Ende 2018 ihre Reserven abzubauen. "Nachfolgend wurde das alles sukzessive runtergefahren", erklärt der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen. Weiterhin sei es zu "zwangsweisen Vermögensabführungen" in den Jahren 2021 und 2023 an den Gesundheitsfonds gekommen.
Andreas Storm, Chef der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK), erklärt:
Die Krankenkassen fahren auf der Felge.
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Andreas Storm, Chef der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK)
Eine hohe Belastung seien auch die seit Jahren steigenden Ausgaben für Arzneimittel und Krankenhäuser. Storm drängt auf Reformen, es gebe keine geeigneten Mechanismen, um den Ausgabenanstieg aufzuhalten.
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Krankenkassen: Großes Defizit 2024
Nach neuesten Berechnungen haben die insgesamt 95 gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres ein Defizit in Höhe von 3,7 Milliarden Euro "erzielt". Laut Bundesgesundheitsministerium betrugen die Finanzreserven im gleichen Zeitraum rund 4,7 Milliarden Euro. Dies entspricht 0,17 Monatsausgaben. Das liegt unter der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestreserve von 0,2 Monatsausgaben.
Krankenkassen weisen seit längerem auf mögliche Lösungen hin. Ein Beispiel ist die Versorgung von Sozialhilfeempfängern. Der Staat müsse, so das wiederkehrende Argument, deren Kassenbeiträge bezahlen, beteilige sich aber nur zu einem Drittel. Für den Rest müssen die Kassenpatienten aufkommen. Das seien jährlich rund neun Milliarden Euro.
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Auch um die Rücklagen wieder aufzubauen, müssen sich ab 1. Januar viele gesetzlich Versicherte auf eine deutliche Anhebung der Zusatzbeiträge einstellen. Als Richtwert für den Zusatzbeitrag, der individuell von den Krankenkassen erhoben wird, gilt 2,5 Prozent. Viele Kassen liegen aber schon jetzt darüber. Einige haben ihre Beiträge sogar schon Mitte des Jahres angehoben.
Allein diese vorgezogenen Erhöhungen zeigen, wie ernst die Finanzlage der Kassen ist. Ein Zusatzbeitrag von 2,5 Prozent - das klingt zunächst moderat, macht aber einen deutlichen Unterschied: Bei einem Bruttogehalt von 3.000 Euro sind das 75 Euro im Monat. Da sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Beiträge teilen, zahlt jeder 37,50. Nicht nur für gesetzlich Versicherte eine hohe Belastung, sondern auch für Unternehmen in einer ohnehin angespannten Wirtschaftslage.
Britta Spiekermann ist ZDF-Hauptstadtkorrespondentin in Berlin.
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