Lauterbach bei Klinik-Reform offen für regionale Lösungen

    Minister für regionale Lösungen:Lauterbach bei Klinik-Neuaufstellung flexibel

    |

    Bei Deutschlands Kliniken soll der wirtschaftliche Druck raus, um eine gute Versorgung zu sichern. Der Gesundheitsminister zeigt sich bei der Reform offen für regionale Lösungen.

    Karl Lauterbach am 23.02.2023 in Berlin
    Karl Lauterbach
    Quelle: dpa

    Im Ringen um eine Neuaufstellung der Krankenhäuser in Deutschland ist Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach offen für flexiblere regionale Lösungen, pocht aber auf einheitliche Regeln. Dafür soll nun über Öffnungsklauseln gesprochen werden, wie der SPD-Politiker nach Beratungen mit den Ländern deutlich machte. Dies sei nötig, weil sich gewachsene Strukturen sonst zu schnell änderten. Bundesweit müsse aber vorgegeben werden, was möglich sei. Ungeklärt sind noch die Kosten durch die Reform. Lauterbach dazu:

    Es kann nicht sein, dass eine kardiologische Abteilung in Hessen anders definiert ist als in Baden-Württemberg.

    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach

    Denn die geplante Vergütung von Kosten für das Vorhalten bestimmter Leistungen solle auch bundesweit identisch sein. Er nannte als Beispiel für mögliche Öffnungsklauseln, dass eine Spezialabteilung für Schlaganfälle da sein müsse. Die Vorgabe könnte aber als erfüllt gelten, wenn sie in einem Nachbarhaus im Verbund vorhanden sei.

    Länder machen Druck bei Krankenhaus-Reform

    Die Gesetzespläne sollen darauf zielen, das Kliniknetz in drei Versorgungsstufen einzuordnen und entsprechend zu finanzieren - von der wohnortnahen Grundversorgung über eine zweite Stufe mit weiteren Angeboten bis zu Maximalversorgern wie Universitätskliniken. Für mögliche Öffnungsklauseln im Blick steht die geplante zweite Stufe.
    Notaufnahme Eingangsschild, 12.08.2022
    Jedes zweite Krankenhaus in Deutschland ist aus wirtschaftlichen Gründen nicht überlebensfähig. 14.02.2023 | 8:55 min
    Die Länder machen Druck. Der Vorsitzende der Gesundheitsminister, Manne Lucha (Grüne) aus Baden-Württemberg, sagte, die entsprechenden Vorstellungen einer Expertenkommission könnten nicht auf alle Länder gleichermaßen übertragen werden. Er warnte vor "zu starren Voraussetzungen".
    Minister Klaus Holetschek (CSU) aus Bayern nannte Öffnungsklauseln "unabdingbar". Sonst drohte sich die Versorgung zu verschlechtern. Die Hamburger Senatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) machte die Erwartung deutlich, dass sich auch der Bund an den Kosten der Transformation beteilige.

    Länder müssen in Krankenhäuser investieren

    Lauterbach sagte dazu, dass die Höhe der Kosten noch nicht bekannt sei. Die Frage, wer sie finanziere und welche Rolle der Bund dabei spiele, stelle sich erst, wenn ein konkretes Modell vorliege. Die Vertreter von Bund und Ländern sprachen von konstruktiven Beratungen. Vereinbart sind den Angaben zufolge noch vier weitere Treffen. Den Gesetzesplänen muss der Bundesrat zustimmen.
    Patient Krankenhaus
    Krankenhäuser im Krisenmodus. Das deutsche Gesundheitssystem im Dauer-Stress, Dauerthema: Personalmangel und Überbelastung.23.02.2023 | 44:58 min
    Mit ins Visier bei der Reform kommt auch die finanzielle Rolle der Länder. Lauterbach sagte dem "Handelsblatt": "Zunächst behalten die Länder nicht nur das Recht, die Krankenhäuser zu planen, sondern sie haben auch die Pflicht, in die Krankenhäuser zu investieren." Kliniken und Krankenkassen mahnen seit Jahren mehr Geld dafür an.

    "Massive Unterfinanzierung" seit Jahrzehnten bekannt

    Insgesamt machen die Ausgaben für die rund 1.900 Kliniken den größten Einzelposten bei den gesetzlichen Krankenversicherungen aus. Nach Verbandsangaben waren es 2021 mehr als 80 Milliarden Euro und damit etwa jeder dritte Euro gemessen an allen Leistungsausgaben. Generell ist die Finanzierung der Krankenhäuser zweigeteilt: Die Betriebskosten samt Personal zahlen die Kassen, Investitionskosten wie für Neubauten oder neue Geräte sollen die Länder finanzieren.

    Gesetzlich versicherte Bundesbürger sollen nach Meinung des Freiburger Ökonomen Bernd Raffelhüschen künftig mehr für Gesundheit zahlen. Mit Blick auf wachsende Defizite in der gesetzlichen Krankenversicherung schlägt der Direktor des Forschungszentrums Generationenverträge an der Uni Freiburg eine Selbstbeteiligung von gesetzlich Krankenversicherten von bis zu 2.000 Euro und Kürzungen im Leistungskatalog vor. Ansonsten würde der Beitragssatz bis 2035 auf bis zu 22 Prozent steigen. Die gesetzliche Krankenversicherung rechnet in diesem Jahr mit einem Defizit von 17 Milliarden Euro. Konkret hieße das laut Raffelhüschen:
    • Patienten sollen künftig nach dem Arztbesuch eine Rechnung erhalten und diese an die Krankenkasse weiterreichen.
    • Für die Eigenbeteiligung der Patienten soll es mehrere Stufen geben. Sie soll insgesamt bei 1.500 oder 2,000 Euro pro Jahr gedeckelt werden.
    • Es muss einen Sozialausgleich geben, der zum Beispiel für Geringverdiener aus dem Bundeshaushalt kommen soll.
    • Versicherte sollten Verletzungen bei selbstgewählten Risiken - wie zum Beispiel Skifahren - künftig komplett selbst bezahlen.
    • Auch Raucher sollten sich an den Folgekosten von Behandlungen stärker selbst beteiligen.
    • Bei Adipositas-Patienten müsse man sehen, welche Ursachen zugrunde liegen. Aber auch hier könne eine höhere Selbstbeteiligung sinnvoll sein.

    Quelle: KNA

    Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hatte kürzlich moniert, dass die Länder dieser Pflicht auch 2021 nicht nachgekommen seien. Einem Investitionsbedarf von 6,7 Milliarden Euro hätten 3,3 Milliarden Euro an Zahlungen gegenübergestanden. Das seit drei Jahrzehnten bekannte Problem einer "massiven Unterfinanzierung" setze sich damit fort.
    Quelle: dpa

    Mehr zu den Krankenhäusern

    ZDF Logo
    30:00 min

    Doku | ZDF.reportage:Kliniken in Not

    von Charlotte Gerling und Enrico Demurray