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Lanz-Debatte zu Angriff im Zug : Ex-Justizministerin: Recht nicht ausgeschöpft

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Nach dem tödlichen Angriff in einem Zug in Schleswig-Holstein findet die ehemalige Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger deutliche Worte für das deutsche Rechtssystem.

Zu Gründen abnehmenden Vertrauens in die Justiz und den Rechtsstaat, der inneren Sicherheit sowie zur Debatte um konsequentere Abschiebungen

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Bei einem Messerangriff in einem Regionalzug zwischen Kiel und Hamburg, hat ein 33-Jähriger Ende Januar zwei junge Menschen getötet. Es hätte nie zu der Tat in Brokstedt kommen dürfen, davon ist die ehemalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger überzeugt.

Im Umgang mit dem Tatverdächtigen sei einiges schiefgelaufen, als dieser wegen anderer Straftaten noch im Gefängnis saß. "Der hat auch in der Justizvollzugsanstalt ja wohl einen Beamten angegriffen, auch einen Mithäftling. Und zwar kurz bevor er entlassen wurde", sagte die FDP-Politikerin am Mittwochabend bei Markus Lanz.

FDP-Politikerin: Verdächtigen in U-Haft belassen

Solche Vorfälle im Gefängnis müssten gemeldet werden. "Und das wäre natürlich nach meiner Einschätzung der Anlass gewesen, zu sagen: Auch, wenn er jetzt lange in U-Haft ist und quasi seine eine Freiheitsstrafe ungefähr verbüßt hat - jetzt sind ja neue Vorfälle, da kann ich ihn mit einem neuen Haftbefehl in U-Haft belassen", sagte Leutheusser-Schnarrenberger.

Selbst der Anwalt des Tatverdächtigen habe gesagt, die Justiz hätte seinen Mandanten "so nicht einfach rauslassen dürfen - der ist obdachlos, der hat keine Unterkunft, der hat keine Bezugspunkte, nichts".

Nach dem Messerangriff in Brokstedt sind noch viele Fragen offfen - besonders eine: Hätte die Tat verhindert werden können?

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Vorwurf: Rechtsordnung nicht konsequent angewandt

Leutheusser-Schnarrenberger war von 1992 bis 1996 und von 2009 bis 2013 jeweils in einer schwarz-gelben Koalition Bundesjustizministerin. Die Juristin sieht den Fall von Brokstedt als Symptom eines viel größeren Problems: "Wir wenden unser Recht zum Teil nicht konsequent genug an", sagte sie.

Deshalb müssen Bürger nicht verunsichert sein, dass wir nicht eine Rechtsordnung haben, die greift. Aber sie wird nicht in allen Facetten konsequent angewandt.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, FDP-Politikerin

Auch Andrea Titz, Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, sieht Verbesserungsbedarf. Aber: "Es ist immer leicht, mit dem Finger dann auf das jeweils andere Ressort, auf die jeweils andere Zuständigkeit zu deuten", sagt sie im ZDF.

Natürlich ist es sehr wohlfeil, sich hinzustellen und zu sagen: 'Da ist jetzt die Justiz schuld, weil sie den entlassen haben oder weil sie nicht dafür gesorgt haben, dass der länger in Haft sitzen kann.'
Andrea Titz, Vorsitzende Deutscher Richterbund

Titz: Nötige Schnelligkeit und Konsequenz bei Entscheidungen

Es gebe geeignete Gesetze. Außerdem gehe es nicht um härtere Strafen, betonte Titz, sondern um die nötige Schnelligkeit und Konsequenz bei Entscheidungen. "Da sind uns aber manchmal die Hände gebunden", sagte sie mit Blick auf beispielsweise überlastete Gerichte.

Im Brokstedter Fall verwies Leutheusser-Schnarrenberger noch auf eine andere Dimension: die Herkunft des Tatverdächtigen. Der Palästinenser hatte als Geflüchteter subsidiären Schutzstatus in Deutschland. "Da müssen wir also schauen, was machen wir mit ihm?", sagte sie. Die juristische Verfolgung seiner Taten sei das eine. "Und das zweite ist: Wie lange bleibt er hier? Gibt es Möglichkeiten, ihn zurückzuführen?"

Abschiebungen in die Palästinenser-Gebiete seien theoretisch möglich, das besagten entsprechende Gerichtsurteile "bis in höhere Instanzen". Aber sie fänden "praktisch nicht statt".

Wer war der Täter, was waren seine Motive? Bislang ist das nicht geklärt:

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Abdel-Samad: Zusammenhang von Migrationspolitik und Gewalt tabuisiert

Aus Sicht des Politikwissenschaftlers Hamed Abdel-Samad häuften sich die Probleme gerade bei kriminellen Zuwanderern aus islamisch geprägten Ländern. Er ist der Meinung, dass "die Debatte über den Zusammenhang von Flüchtlingspolitik, Migrationspolitik und Gewalt in diesem Land tabuisiert wird".

Darum passiere politisch auch nach solchen Taten nichts. "Wir wollen darüber nicht reden", sagte Abdel-Samad. "Wir sagen: 'Das sind Einzelfälle. Das hat nichts mit Migration zu tun, das hat nichts mit Flüchtlingspolitik zu tun, das hat mit Religion und Kultur nichts zu tun.'"

Dabei wollten große Teile der deutschen Gesellschaft aus seiner Sicht etwas Entscheidendes nicht erkennen:

Asylrecht ist eine gute Errungenschaft, aber es ist nicht die primäre Aufgabe des deutschen Staates.
Hamed Abdel-Samad, Politikwissenschaftler

"Es gibt andere Errungenschaften wie die innere Sicherheit. Dass jemand im Zug sitzt und Sicherheit hat", sagte Abdel-Samad. "Das sind Sachen, die nicht mehr wie früher sind. Und der Staat ist für diese Bürger zuerst verantwortlich, bevor er den Rest der Welt rettet."

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