Rüffel vom Kreml? Tretjakow-Galerie offenbar unter Druck

    Größtes Kunstmuseum in Russland :Tretjakow-Galerie offenbar unter Druck

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    Despektierlich, gar destruktiv? Medienberichten zufolge hat die Tretjakow-Galerie in Moskau einen Rüffel vom Kreml kassiert. Ein Besucher hatte sich von Bildern beleidigt gefühlt.

    Tretjakow-Galerie in Moskau, aufgenommen am 22.04.2021
    Die Tretjakow-Galerie in Moskau zählt zu den größten Museen Russlands.
    Quelle: dpa

    Die staatliche Tretjakow-Galerie in Moskau ist einem Medienbericht zufolge wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die sogenannten traditionellen Werte Russlands unter Druck geraten.
    Das Kulturministerium habe die Galerie schriftlich dazu aufgefordert, ihre Ausstellung "in Übereinstimmung mit den geistlich-moralischen Werten" zu bringen und Rechenschaft darüber abzulegen, berichtete die "Moscow Times" am Montagabend.

    Besucher fühlte sich beleidigt - politisch und religös

    Auslöser war die Beschwerde eines Besuchers über mehrere Werke, die seine religiösen Gefühle verletzt haben sollen oder seiner Auffassung nach eine Beleidigung einheimischer Staatsführer darstellen. Laut dem Brief des Kulturministeriums soll die Tretjakow-Galerie bis zum 6. Februar auf die Vorwürfe antworten. In der Beschwerde heißt es, dass in den Sälen "Werke ausgestellt sind, die Anzeichen einer destruktiven Ideologie aufweisen."
    Konkret störte sich der Besucher an einem Zyklus über das Heilige Abendmahl, aus dem nicht klar hervorgehe, wer Judas sei.
    Zudem sei die Kunst der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit Szenen über "zahlreiche Beerdigungen, darunter im Beisein marginaler sozialer Elemente, über Trunksucht und über willkürliche Interpretationen bei der Darstellung vaterländischer Staatsmänner und Kulturschaffender" übersät, klagte der Besucher.

    Zensur immer wieder Problem im Museum

    Die Tretjakow-Galerie ist neben der Eremitage in St. Petersburg das größte Kunstmuseum in Russland und spezialisiert sich auf Werke der russischen Kunst vom 11. bis zum 20. Jahrhundert.
    In ihrer langen Geschichte hat die Galerie früher schon Epochen der Zensur durchlaufen. So verbannte die kommunistische Führung in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts alle Werke avantgardistischer Künstler im "Kampf gegen den Formalismus" aus den Ausstellungsräumen.
    Die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erlassene russische Verfassung verbietet Zensur in der Kunst. Allerdings ist in den letzten Jahren auch die Freiheit der Kunst in Russland zunehmend unter Druck geraten.
    Quelle: dpa

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