Österreich: SPÖ-Kanzlerkandidat Doskozil soll's machen

    Österreichs Führungsfrage:SPÖ-Kanzlerkandidat: Doskozil soll's machen

    Wolf-Christian Ulrich bei ZDFheute live aus Wien zugeschaltet
    von Wolf-Christian Ulrich
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    Die SPÖ in Österreich macht Hans Peter Doskozil zum Parteichef und Kanzlerkandidaten. Der Weg dahin richtete in der österreichischen Sozialdemokratie viel Schaden an.

    Österreich, Linz: Hans Peter Doskozil, Ministerpräsident des Burgenlands, spricht im Rahmen des außerordentlichen Bundesparteitages der SPÖ.
    Hans Peter Doskozil, neuer SPÖ-Chef, auf dem außerordentlichen Bundesparteitag in Linz.
    Quelle: dpa

    Die österreichischen Sozialdemokraten haben einen neuen Parteichef - und damit ihren Kanzlerkandidaten gewählt für die Nationalratswahl 2024. Doch mit nur 53 Prozent Zustimmung auf dem Parteitag wird es Hans Peter Doskozil schwer haben, eine Partei wieder aufzubauen, die sich zuletzt öffentlichkeitswirksam selbst zerlegte.
    "Aufwühlend, ein Lebenstraum," sagt der Wahlsieger als erstes, forderte dann Einigkeit und startete den Wahlkampf sofort mit einer eindeutigen Ansage:

    Es wird keine Koalition mit der FPÖ geben.

    Hans Peter Doskozil, neuer SPÖ-Parteichef

    Es gehe nicht, "mit einer Partei zu koalieren, die polemisch Migrations- und Corona-Politik gemacht hat. Wir brauchen keinen Kickl. Wir können es besser." Aber man brauche deren Wähler. Doskozil forderte eine Koalition mit der ÖVP.

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    Wie Doskozil SPÖ-Chef wurde

    Hochspannung am Morgen zu Beginn des Parteitags - die Entscheidung schien offen. Der burgenländische Ministerpräsident Doskozil hielt eine nachdenkliche, pragmatische Rede: Die SPÖ hätte möglicherweise den Kontakt zu ihren Wählern verloren, "vielleicht haben wir verlernt, den Interessen der Bevölkerung zu dienen." Gegenkandidat Andreas Babler, Bürgermeister von Traiskirchen, sprach dagegen mitreißend, sagte seine Kandidatur habe "frischen Wind" in die Partei gebracht und mobilisierte seine Fans im Saal.
    Wer heute fehlte: Die scheidende Partei-Chefin. Pamela Rendi-Wagner hatte es als Ärztin während der Corona-Krise nicht geschafft, die SPÖ angesichts des oft gut funktionierenden Corona-Managements von schwarz-grün zu profilieren. Doch grade nach Einsetzen der steilen Inflation, angesichts steigender Mieten und der Diskussion um das Tourismusland Österreich im Klimawandel zeigten sich ein eklatanter Mangel an Programm und Kommunikation.
    Es gelang ihr nicht, Österreich in klaren Sätzen zu vermitteln, warum die SPÖ die bessere Wahl für Österreich sei. Dass Österreich derzeit ausgerechnet FPÖ-Chef Herbert Kickl mit seinem rechts-außen Kurs in manchen Umfragen Kanzlertauglichkeit attestiert, liegt auch an der eklatanten Schwäche der Sozialdemokraten.
    In diesem Umfeld wuchs die Unzufriedenheit mit Rendi-Wagner. Doskozil forderte die Parteispitze immer wieder heraus. Bis Rendi-Wagner nach mehreren vergeigten Landtagswahlen nicht anders konnte und die Entscheidung suchte: Eine Urabstimmung brachte dann Klarheit. Sie fiel knapp für Doskozil aus. Rendi-Wagner schmiss hin, nun sollte die Partei zwischen Doskozil und Babler in der Stichtwahl entscheiden.

    Doskozil siegt - die SPÖ nahm insgesamt Schaden

    Diese ganze Operette führte die SPÖ über Monate hinweg mit einiger Hingabe öffentlich auf und das richtete großen Schaden an. "Wir werden von unseren Mitbewerbern in den Gemeinden bemitleidet und verhöhnt," klagt eine Delegierte heute auf dem Parteitag.
    Beide Kandidaten unterscheidet vor allem der Stil, aber auch einige inhaltliche Punkte. Doskozil will inhaltlich mit einem etwas konservativerem Profil FPÖ und ÖVP Konkurrenz machen. Babler vertritt die Parteilinke, seine Kandidatur elektrisierte jüngere Mitglieder, allerdings sorgte jüngst ein Video für Unruhe, in dem er vor zwei Jahren die EU als das "aggressivste außenpolitische militärische Bündnis, das es je gegeben hat" bezeichnete.
    Fazit: Der Parteitag heute hat heute für Doskozil entschieden - doch ein klarer Sieg war das nicht. So zieht die SPÖ nun mit einem Parteichef ins Wahljahr 2024, dem es innerparteilich noch an Rückhalt fehlt. Und damit an Kraft. "In der SPÖ ist nun noch viel Friedensarbeit zu leisten," resümiert Politikwissenschaftler Peter Filzmaier. Und bei den Wählern viel Überzeugungsarbeit.

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