Das Geld liegt bereit, aber es fließt nicht. Das bankrotte Sri Lanka soll eine Finanzspritze des IWF bekommen. Bedingung: China und Indien spielen mit. Noch tun sie das nicht.
Der touristische Traum vom Paradies - nur eine Fassade. Sri Lanka befindet sich in einer beispiellosen Wirtschaftskrise. Nahrung fehlt, genauso wie Sprit und Medikamente.
Mit den dicken Haken könnte man große Fische fangen, aber sie bohren sich in die menschliche Haut. Ein Dutzend dieser Haken hat der Mann im Rücken, daran die Seile, die oben am Kran zusammengeknotet sind. Die Menge schubst den Körper an, versetzt ihn in Schwung.
Bereits das Zusehen bereitet Schmerzen, aber der gläubige Hindu ist in Trance, baumelt offenbar schmerzfrei durch die Luft. Thaipusam feiern die Hindu-Tamilen, es geht darum, die Götter milde zu stimmen - mit Opfern, mit Schmerzen.
Es ist wie ein Sinnbild zur Lage der Nation: Sri Lanka durchlebt eine qualvolle Zeit in der Hoffnung auf Besserung. Aber die Krisen sind zahlreich und widerspenstig.
Sri Lanka hat mehr als 50 Milliarden Dollar Schulden
Das Geld, das fehlt, ist das größte Problem. Der Staat ist pleite. Mit mehr als 50 Milliarden Dollar steht Sri Lanka im Ausland in der Kreide. Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist mehrfach eingesprungen und würde es wieder tun.
Allerdings verlangt der IWF, dass auch China und Indien einen Teil der Last mittragen - indem sie Sri Lanka eine Umschuldung gewähren, was besser klingt als Schuldenerlass, aber darauf hinausliefe. Dementsprechend zäh gestalten sich die Verhandlungen.
Bankrottes Sri Lanka: Wie das Land um seine Zukunft kämpft.
China als Kreditgeber in der Kritik
China ist der größte Gläubiger Sri Lankas und hat mit großzügigen Krediten durchaus einen Anteil an der Misere. Das Geld wurde bewilligt für Projekte, die keiner braucht.
Zum Beispiel für einen Flughafen, wo Maschinen weder starten noch landen. Für Kongresszentren, in denen nichts stattfindet. Für Autobahnen, auf denen weniger Autos als streunende Kühe zu sehen sind.
Über Kredite in Verbindung mit Bauaufträgen nimmt China wirtschaftlich und politisch Einfluss auf Länder entlang der Neuen Seidenstraße. Wie das Beispiel Sri Lanka zeigt.
Wie steht Sri Lanka politisch da?
Geltungssucht, Korruption - fast immer steckte der Clan der Rajapaksas dahinter - eine Politikerdynastie, die Sri Lanka über Jahrzehnte im Griff hatte. Inzwischen sind sie politisch abserviert, doch ihre Hinterlassenschaft drückt schwer.
Irgendwann kam der Zeitpunkt, vor dem Experten immer gewarnt hatten. Angefeuert durch die Corona-Pandemie und weltweite Turbulenzen, verdüsterte sich die Wirtschaftslage. Der Staat konnte seine Schulden nicht mehr bedienen.
"Deshalb haben wir angefangen, Geld zu drucken. Das war unser schlimmster Fehler, der alles zum Kippen gebracht hat", stellt der Analyst Aruna Kulatunga fest. Er bemängelt das Krisenmanagement.
2022 stürmen Demonstranten den Präsidentenpalast
Vergangenes Jahr wurde die Versorgungslage bedrohlich, kein Benzin mehr, Nahrungsmittel und Medikamente knapp. Hunderttausende stürmten die Paläste der Mächtigen und trauten ihren Augen nicht: Während große Teile der Bevölkerung von der Hand in den Mund lebten, herrschte dort purer Luxus.
Die Rajapaksas flohen, und die Protestler genossen ein Bad im Präsidentenpool.
Die Euphorie währte kurz. Die neuen politischen Kräfte stehen dem Establishment nahe. Sie schlugen die Demonstrationen mit Härte nieder. Der jetzt amtierende Präsident Wickremesinghe hat kaum Rückhalt im Parlament, bleibt auf die Unterstützung alter Eliten angewiesen.
Warum Sri Lanka ohne China nicht aus der Krise kommt
Und er bleibt angewiesen auf die Hilfe von außen, China allen voran. Ausgerechnet. Dem Finanzier der nutzlosen Megaprojekte. "Offiziell beschreibt China solche Projekte gern als wohlwollende Entwicklung im Rahmen der Seidenstraßen-Initiative, wirtschaftlicher Aufbau, Kooperation. Aber: das ist nicht unpolitisch. China handelt immer strategisch", erklärt der politische Analyst Vannarith Chheang.
Kritiker sagen, Peking habe Sri Lanka bewusst ins finanzielle Messer laufen lassen, um den wirtschaftlich angeschlagenen Partner politisch gefügig zu machen.
Wenn das stimmt, wäre die Hoffnung auf einen Schuldenerlass wohl kaum realisierbar. Wenn das stimmt, dann hinge Sri Lanka wirklich am Haken wie die Gläubigen beim Thaipusam-Fest. Und die Schmerzen gingen weiter.