Hunderte Tote bei Kämpfen im Sudan: "Zivilisten als Geiseln"

    Sorge um Zivilisten:Hunderte Tote bei Gefechten im Sudan

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    Der Machtkampf im Sudan hält an - laut UN sind bei Gefechten bisher mindestens 180 Menschen ums Leben gekommen. Auch der EU-Botschafter im Sudan wurde angegriffen.

    Nach tagelangen schweren Gefechte im Sudan wächst die Sorge um die Zivilbevölkerung. Die Vereinten Nationen gehen in dem innerstaatlichen Machtkampf inzwischen von mindestens 185 Toten und 1800 Verletzten aus, darunter auch Zivilisten.

    Krankenhäuser und medizinisches Personal angegriffen

    Das Ärztekomitee des nordostafrikanischen Landes forderte die Konfliktparteien am Montag auf, ihre "ständigen Angriffe" auf Krankenhäuser, Krankenwagen und medizinisches Personal einzustellen. Die EU schaltete sich in die Bemühungen um eine Lösung ein. Das Auswärtige Amt warnt inzwischen vor Reisen in das nordostafrikanische Land.
    [Deutsche im Sudan über Gefechte: "Wir hoffen, dass es bald zu Ende ist"]
    Der deutsche UN-Vermittler Volker Perthes sagte nach einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats in New York, dass "internationale Organisationen und Zivilisten" bei den Gefechten zwischen der Armee und den Rapid Support Forces (RSF) nicht geschützt würden. In der Hauptstadt Khartum gebe es weiterhin heftige Gefechte um Brücken, den internationalen Flughafen sowie die Hauptquartiere der Armee und der RSF. Auch in der Region Darfur werde gekämpft.
    Karte des Sudan mit der Hauptstadt Khartum
    Der Machtkampf im Sudan lässt das flächenmäßig drittgrößte Land Afrikas mit seinen rund 46 Millionen Einwohnern und reichen Öl- und Gold-Vorkommen im Chaos versinken.
    Quelle: ZDF

    Botschafter der EU in Residenz in Khartum angegriffen
    Der Botschafter der EU im Sudan ist inmitten der Kämpfe in dem nordostafrikanischen Land in seiner Residenz in Khartum angegriffen worden.

    Vor ein paar Stunden wurde der EU-Botschafter im Sudan in seiner eigenen Residenz angegriffen.

    EU-Außenbeauftragte Josep Borrell auf Twitter

    Borrell machte keine Angaben zu möglichen Verletzungen des Diplomaten. Die sudanesischen Behörden seien dafür verantwortlich, die Sicherheit der diplomatischen Einrichtungen und ihres Personal zu garantieren, fügte er hinzu.

    Konflikt zwischen Generälen eskaliert

    Der schon lange schwelende Machtkampf zwischen der Armee unter Kommando von Machthaber Abdel Fattah al-Burhan und den rivalisierenden RSF seines Vize Mohammed Hamdan Daglo war am Wochenende eskaliert. Wer auf dem Schlachtfeld die Oberhand hat, blieb angesichts der unübersichtlichen Lage und widersprüchlichen Angaben beider Konfliktparteien unklar.
    Perthes kündigte für Dienstag neue Versuche an, eine belastbare Waffenruhe auszuhandeln. In Gesprächen gaben sich demnach beide Seiten gegenseitig die Schuld an der Eskalation. Al-Burhan und Daglo stehen nach Einschätzung des deutschen Vermittlers unter großem Stress, zeigten sich aber offen für Gespräche mit den Vereinten Nationen und anderen internationalen Akteuren. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell teilte mit, man arbeite daran, beide Seiten von einer "humanitären Feuerpause" zu überzeugen.

    Atai: "Keine unmittelbare Aussicht auf Waffenstillstand"

    Das Verhältnis zwischen den beiden Generälen sei nie ganz "spannungsfrei" gewesen, berichtet ZDF-Korrespondentin Golineh Atai. "Es gab immer diese Angst vor Machtverlust, es gab immer diese Angst vor Verlust der ökonomischen Pfründe."
    ZDF-Korrespondentin Golineh Atai
    Bei den Kämpfen im Sudan mit Dutzenden Toten und Hunderten Verletzten gebe es "keine unmittelbaren Aussichten auf einen Waffenstillstand", so ZDF-Korrespondentin Golineh Atai.17.04.2023 | 2:59 min
    Eigentlich sei man davon ausgegangen, dass diese Woche eine "Road Map" verkündet werde, die eine zivile Übergangsregierung im Sudan realisieren sollte. "Stattdessen haben die beiden Generäle diesen politischen Prozess gesprengt", so Atai.
    Streitpunkt sei, wie die von Mohammed Hamdan Daglo angeführte paramilitärische Gruppe Rapid Support Forces (RSF) in die sudanesischen Streitkräfte unter dem Befehl von De-Facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhand aufgehen sollten.

    Die beiden waren sich uneinig und haben das Land in einen Krieg geführt, bei dem es derzeit keine unmittelbare Aussicht auf einen Waffenstillstand gibt - und bei dem Zivilisten sozusagen als Geiseln genommen werden.

    ZDF-Korrespondentin Golineh Atai

    Die Militärapparate beider Lager bekämpfen sich unter anderem mit schwerer Artillerie, Panzern und Luftangriffen. Durch anhaltende Kämpfe in dicht besiedelten Stadtteilen werden noch höhere Opferzahlen befürchtet.

    Ursachen und Konfliktparteien
    :Droht Sudan ein Bürgerkrieg? Die Lage erklärt

    Im ganzen Land gehen die Gefechte weiter: Sudan steht vor einem anhaltenden Bürgerkrieg, warnen Experten. Dabei habe sich der Konflikt lange angekündigt - die Hintergründe.
    von Nils Metzger
    Ein Auto der sudanischen Armee fährt an Zivilisten vorbei.
    FAQ
    Quelle: dpa, ZDF

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