Special Olympics: Warum Beeinträchtigte so gefährdet sind

    Missbrauchsvorwurf gegen Trainer:Warum Beeinträchtigte so gefährdet sind

    von Magdalena Austermann
    |

    Missbrauchsvorwürfe gegen einen deutschen Trainer erschüttern die Special Olympics World Games. Der Delegationsleiter und die Präventionsbeauftragte äußern sich.

    Special Olympics - Typical
    Bei den Special Olympics wurde ein deutscher Trainer wegen Missbrauchvorwürfen suspendiert.
    Quelle: dpa

    Eigentlich sollte die Welt bei den Special Olympics World Games mehr als in Ordnung sein. Die Hallen sind gut gefüllt, die Stimmung ausgelassen und überall blickt man in die strahlenden Gesichter der Sportlerinnen und Sportler. Doch seit kurzem bröckelt dieses Bild etwas.

    Missbrauchsvorwürfe gegen Trainer

    Das deutsche Team hat einen Verantwortlichen von seinen Aufgaben entbunden. Gegen den Radsport-Trainer, der als Grundschullehrer arbeitet, läuft aktuell ein Prozess vor dem Landgericht Frankfurt/Oder. Der Vorwurf: Er soll Schülerinnen mehrfach sexuell missbraucht haben.

    Wir wissen, dass das eine vulnerable Zielgruppe ist und haben deswegen sehr viel Wert auf unser Präventionskonzept gelegt.

    Tom Hauthal, Delegationsleiter

    Für die Delegation von Special Olympics Deutschland kommt dieser Fall überraschend - denn vor den Weltspielen wurden Maßnahmen ergriffen, die den Einsatz vorbelasteter Personen verhindern sollten. Alle Mitglieder des Teams mussten ein polizeiliches Führungszeugnis vorzeigen und einen Ehrenkodex unterschreiben. Darin heißt es, dass Grenzempfindungen jeder einzelnen Person ernstgenommen werden und auch vor sexualisierter Gewalt geschützt wird.

    Wegen Missbrauchsverfahren
    :Rad-Trainer bei Special Olympics suspendiert

    Das deutsche Special-Olympics-Team hat einen Trainer von seinen Aufgaben freigestellt. Grund sei ein laufendes Missbrauchsverfahren gegen den Mann, teilte die Organisation mit.
    Special Olympics World Games, deutsche Delegation

    Beeinträchtigte besonders gefährdet

    Dass der Fall des beschuldigten Trainers durchrutschte, lag schlicht und ergreifend daran, dass laufende Ermittlungen nicht Bestandteil des Führungszeugnisses sind. Deshalb hätten sich die deutschen Verantwortlichen auch "nichts vorzuwerfen", so Delegationsleiter Tom Hauthal.
    Fakt ist: Menschen mit geistiger Beeinträchtigung sind deutlich häufiger von körperlicher, physischer und sexueller Gewalt betroffen - besonders Frauen. Laut einer Studie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales aus dem Jahr 2019 erleben Frauen mit Behinderung zwei- bis dreimal häufiger sexuelle Gewalt als Frauen ohne Behinderungen.

    Präventionsbeauftragte bei Special Olympics im Einsatz

    Das liegt insbesondere daran, dass Menschen mit Beeinträchtigung in Abhängigkeiten von anderen Menschen leben. Weil sie Grenzüberschreitungen häufig selbst nicht erkennen können, sind sie darauf angewiesen, dass sie von ihren Bezugspersonen darauf hingewiesen werden.
    Andere würden sogar erkennen, wenn etwas zu weit geht, können dies aber nicht kommunizieren. Damit betroffene Athletinnen und Athleten Hilfe dabei bekommen, ist Keren Vogler bei den Special Olympics World Games als Präventionsbeauftragte im Einsatz. Sie hat die Athletinnen und Athleten vor den Spielen in verschiedenen Workshops kennengelernt und in einfacher Sprache vermittelt, dass es okay ist "Nein" zu sagen.

    Ansprechpartnerin für Probleme aller Art

    Während der Weltspiele ist Vogler der "Kummerkasten" der Athletinnen und Athleten. "Ich stehe dem Team Special Olympics World Games 24/7 zur Verfügung", erzählt sie. Sie sei immer erreichbar, auch nachts.
    Die Sportlerinnen und Sportler nutzen das auch. "Wenn sie Gesprächsbedarf haben, kommen sie auf mich zu", so Vogler. Egal ob der Aufzug zu voll ist, die Mutter zu spät zum Wettkampf kommt oder sie eine neue Freundin gefunden haben.

    Sport als Chance für Betroffene

    Wegen eines sexualisierten Vorfalls wurde Vogler bei den Spielen noch nicht angesprochen. Für Hauthal und Vogler ist das wenig überraschend. Sie vermuten sogar, dass die Zahlen sexualisierter Gewalt im Sport eher niedrig sind.
    Laut der Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs findet Gewalt besonders häufig in Wohn-Einrichtungen oder Werkstätten statt. Sportvereine könnten die Betroffenen aus ihrem gewohnten Umfeld und Strukturen rausreißen und ein Safe Space für die Athletinnen und Athleten sein, so Hauthal.
    "Eine Athletin hat mir erzählt, dass sie erst mit 13 Jahren angefangen hat zu sprechen - wegen Tennis", erzählt eine sichtlich bewegte Vogler. Auch wenn dieses Beispiel nichts mit sexualisierter Gewalt zu tun hat, zeigt es die Macht, die Sport für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung haben kann.

    Sport
    :Special Olympics World Games 2023

    Die Special Olympics World Games finden erstmals in Deutschland statt. Highlights und Hintergründe zur weltweit größten inklusiven Sportveranstaltung.
    sportstudio live: Special Olympics World Games 2023 im ZDF
    Thema

    Mehr zu den Special Olympics