Automobilbranche: Gebraucht heißt nicht gleich günstig

    Automobilbranche:Gebrauchtwagen - unterschätzt und überteuert?

    von Gregor Lischka
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    Für viele Verbraucher ist der Markt für Gebrauchtwagen von großer Bedeutung. Die Preisentwicklungen dort glichen zuletzt aber einer Achterbahnfahrt.

    Archiv: Gebrauchtwagen stehen auf dem Hof eines Gebrauchtwagenhändlers
    Der Markt für Gebrauchtwagen ist für viele Konsumenten wichtig. Doch bei den Preisen gilt es einiges zu beachten.
    Quelle: dpa

    Wer beansichtigt, ein neues Auto zu kaufen will, muss in der Regel tief in die Tasche greifen. Wer obendrein noch etwas weniger klimaschädlich unterwegs sein will, für den wird es meist richtig teuer. Ein fabrikfrisches E-Auto zum Beispiel kostet im Durchschnitt rund 50.000 Euro - das ist mehr als ein ganzes Jahresgehalt der meisten Deutschen.
    Daher ist der Markt für gebrauchte Autos auch so wichtig für viele Käuferinnen und Käufer - wie auch die Automobil-Branche insgesamt.

    Der Gebrauchtwagenmarkt in Deutschland ist von ähnlicher Bedeutung wie der Neuwagenmarkt.

    Helena Wisbert, Direktorin Center for Automotive Research

    Montage: Links ein junger Mann, der den Lack an einem Gebrauchtwagen begutachtet. Rechts ein Mann mit einem "SALE"-Schild inmitten von Gebrauchtwagen.
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    Gebraucht heißt nicht gleich günstig

    Tatsächlich werden auf dem Gebrauchtwagenmarkt jedes Jahr doppelt so viele Fahrzeuge verkauft wie auf dem Neuwagenmarkt. Auch der jährliche Umsatz kann sich mit dem bei den Neuwagen messen. Das zeigen Zahlen des jährlichen DAT Reports.
    Gebraucht heißt aber nicht gleich günstig. Daten der DAT zufolge, dem Datendienstleister der Automobilbrache, stieg der durchschnittliche Preis für einen Gebrauchtwagen in den letzten Jahren auf fast 19.000 Euro an. Zum Vergleich: vor fünf bis sechs Jahren bezahlte man noch im Schnitt nur rund 12.000 Euro für einen Gebrauchten.
    Der Grund für die starken Teuerungsraten in den letzten zwei bis drei Jahren klingt wie ein Echo aus vergangenen Zeiten: Die Corona-Pandemie sorgte für Lieferketten-Probleme bei den Autoherstellern, die Lieferzeiten für Neuwagen verlängerten sich.
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    Preisentwicklung hängt vom Neuwagenmarkt ab

    Mit etwas Verzögerung machte sich das dann in den vergangenen zwei Jahren auch auf dem Gebrauchtwagenmarkt bemerkbar. Denn: Wenn kaum noch Neuwagen gebaut und ausgeliefert werden, können diese später nicht als Nachschub auf dem Gebrauchtwagenmarkt verkauft werden.

    Wir hatten zu wenige Neuwagen und gleichzeitig zu viele Kunden, die aufgrund der langen Lieferzeiten auf den Gebrauchtwagenmarkt umgestiegen sind. Das hat die Preise nach oben getrieben.

    Helena Wisbert, Direktorin Center for Automotive Research

    Preisdruck lässt wieder nach

    In letzter Zeit entspannt sich die Lage langsam wieder. Das geht auch aus den Daten des Online-Vergleichsportals Autoscout24 hervor: Demnach verbilligen sich Gebrauchtwagen gerade nachhaltig. "Im Vergleich zu den Höchstwerten im März 2023 sind die Durchschnittspreise im November schon um 1.600 Euro gesunken", so Stefan Schneck von Autoscout24.
    Der Grund: Die Nachwehen der Corona-Pandemie sind überwunden, Neuwagen sind mittlerweile wieder deutlich besser verfügbar. Das wirkt sich dann auch auf den Gebrauchtwagenmarkt aus: Über fast alle Fahrzeug- und Antriebsarten hinweg habe der Preisdruck zuletzt deutlich nachgelassen, so Schneck.
    Zu sehen sind die Logos der deutschen Autohersteller Audi (l.), Volkswagen (Mitte) und Mercedes (r.).
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    Günstige Perspektiven für E-Autos

    Laut Automobilwirtschafts-Professorin Helena Wisbert könne man diese Entwicklung auch auf dem noch recht kleinen Markt für gebrauchte E-Autos beobachten:

    Die Durchschnittspreise bei den gebrauchten E-Autos haben zuletzt deutlich, zum Teil sogar zweistellig, nachgegeben.

    Helena Wisbert, Direktorin Center for Automotive Research

    Auch das hängt mit dem Neuwagenmarkt zusammen. Die Hersteller von E-Autos ringen um Marktanteile - Tesla und Co. liefern sich regelrechte Rabattschlachten bei den Neuwagen. Das habe dann "Eins zu Eins auch Einfluss auf die Preise im Gebrauchtwagenmarkt", so Wisbert.
    Ein blaues Ladekabel für ein E-Auto liegt auf dem Boden. Unscharf im Hintergrund stehen zwei Personen neben einem roten E-Auto.
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    E-Auto-Käufe treiben Entwicklung voran

    Auch ein weiterer preissenkender Effekt komme interessierten Käufern zugute:

    Immer wenn ein neues Elektroauto auf den Markt kommt, gibt es bezüglich der Batterie-Reichweite oder den Schnelladetechniken einen Sprung in der Technologie.

    Helena Wisbert, Direktorin Center for Automotive Research

    Gebrauchte E-Autos, die bereits auf dem Markt sind, gelten technisch daher schnell als überholt und verlieren an Wert. Für die Verbraucher ist das eine gute Nachricht. Denn gerade für Menschen auf dem Land und mit moderaten Einkommen gilt immer noch: Gebrauchte Autos werden gebraucht.

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