VW-Chef Blume überrascht mit China-Aussage

    Exklusiv

    Blume vor Hauptversammlung:VW-Chef überrascht mit China-Aussage

    Oliver Deuker
    von Oliver Deuker
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    Für Oliver Blume ist es die erste Hauptversammlung als VW-Chef. Fast geräuschlos führt er seit September Europas größten Autobauer - und überrascht mit Wachstumszahlen in China.

    Oliver Blume gestikuliert während seiner Rede im Volkswagen Group Forum in Berlin, aufgenommen am 14.03.2023
    VW-Chef Oliver Blume befindet sich mit seinem Konzern in einem riesigen Transformationsprozess.
    Quelle: epa

    VW-Chef Oliver Blume setzt mit seinem Führungsstil einen Kontrapunkt zu seinem Vorgänger Herbert Diess. Der musste gehen, weil er viel wollte, aber zu wenig Ergebnis präsentieren konnte. Jetzt dürften die Aktionäre zufrieden sein, 2022 war für Volkswagen ein gutes Jahr, trotz Chipmangel und Ukraine-Krieg. Besorgniserregend war allerdings der Absatzrückgang auf VWs wichtigstem Markt, China. Nur noch Platz 2, hinter dem chinesischen Mischkonzern BYD.
    Doch in einem Exklusiv-Interview mit ZDFheute überrascht der neue CEO Blume mit der Aussage: "In den ersten vier Monaten 2023 ist der Volkswagen-Konzern in China stärker als der Markt gewachsen. Unsere Kunden dort wünschen elektrifizierte Fahrzeuge. Viele Ausstattungen werden nur in China nachgefragt." Volkswagen stellt sich der Herausforderung:

    Unsere Strategie ist es, jetzt deutlich mehr in China für China zu entwickeln.

    Oliver Blume, VW-Chef

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    Experte: VW muss E-Mobilität und Verbrenner in Einklang bringen

    Branchenexperte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management wundert das Vorbeiziehen von BYD nicht: "Auch, wenn Volkswagen fast 40 Jahre in China ist, BYD ist eine chinesische Marke, hat deshalb Vorteile und BYD kann sich voll und ganz auf Elektromobilität konzentrieren, muss keinen Spagat machen zwischen Verbrennern und E-Fahrzeugen."
    Dazu haben sich die Rahmenbedingungen verändert. Spaltmaß, Karosserielinienführung, Fahrcharakteristik - Attribute, die alteingesessene Autobauer in Perfektion beherrschen, scheinen Käufern immer weniger wichtig. Ihr Fokus liegt auf dem Grad der Digitalisierung. Experten sehen da bei Volkswagen größeren Nachholbedarf.

    VW mit Problemen bei der Digitalisierung?

    Dazu VW-Boss Blume: "Das stimmt zum Glück nicht. Wir optimieren kontinuierlich weiter. Mit dem rein elektrischen Macan und dem Audi Q6 etron beispielsweise werden Kunden richtig tolle Produkte mit attraktiver Software bekommen." Nur wann wird das sein? Ursprünglich sollten diese Modelle schon 2022 auf den Markt kommen, jetzt soll bis Ende des Jahres das Betriebssystem endlich fehlerfrei laufen.
    Allein das Austauschen dreier Vorstände bei der Software-Tochter Cariad - auf der Hauptversammlung wird das offiziell - macht die IT-Probleme bei Volkswagen mehr als deutlich. Doch Volkswagen sei dran, habe seit dem Dieselskandal viel Boden in Sachen Elektromobilität gut gemacht, bescheinigt Autoexperte Bratzel.

    Blume zufrieden mit Auftragsbestand

    Der Umbau des Konzerns, eine Mega-Aufgabe. Noch keine 50 Prozent der Arbeit sei geschafft, meint Stefan Bratzel, die nächsten zehn bis zwölf Jahre würden entscheidend. VW-Boss Blume will sich nicht festlegen, nur so viel:

    Wir haben in den vergangenen Monaten sehr viele Entscheidungen getroffen, für die ein Konzern wie Volkswagen normalerweise Jahre benötigt. Ein straffes Programm, bei dem alle geholfen haben. Diese Entscheidungen setzen wir jetzt um. Und ja, es gibt sehr viel zu tun.

    Oliver Blume, VW-Chef

    So wird zum Beispiel in Kanada eine Batteriezellfertigung aufgebaut. "Wir stärken Nordamerika - dort haben wir eine kluge Strategie und passende Produkte für den Markt. Die E-Mobilität ist für uns eine große Chance. Und in Europa sehen wir nach den Lieferengpässen einen großen Nachholbedarf der Kunden. Wir verfügen allein in Westeuropa über einen Auftragsbestand von 1,8 Millionen Fahrzeugen, davon sind 260.000 E-Modelle", führt Blume an. In den drei für die Autobranche wichtigsten Märkten läuft es also recht gut für Volkswagen.

    Indien im Fokus von Volkswagen

    Immer weiter in den Fokus rückt auch Indien, ein Markt mit Zukunft, mit mehr als 1,4 Milliarden Menschen. "In Indien ist der Volkswagenkonzern unter der Führung von Skoda sehr aktiv. Wir bieten dort sogar spezielle Modelle an und wollen an der spürbaren, dynamischen Entwicklung des Landes teilhaben", sagt Blume.
    Porsche andererseits hat sich in Südostasien und im Nahen Osten neben Europa, China und Nordamerika ein viertes Standbein aufgebaut. Südostasien ist ein schnell wachsender Markt mit viel Potenzial. "Wir erwarten, dass diese Region bis zum Ende des Jahrzehnts zur drittstärksten Wirtschaftsregion der Welt aufsteigt", so Blume.
    Der Autor mit einem Techniker betrachten die Unterseite eines Autos.
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    Konkurrenz treibt VW-Chef Blume an

    Aber die Konkurrenz schläft nicht. Japan, Korea und eben China, das mit BYD und Nio auch auf dem Weltmarkt mitspielen kann - und will. CEO Oliver Blume schreckt das nicht ab:

    Wir stellen uns jedem Wettbewerber. Das spornt uns an. Auf diese Weise wurde Volkswagen Europas Nummer Eins. Weltweit sind wir gut unterwegs und wir werden uns noch breiter aufstellen.

    Oliver Blume, VW-Chef

    Die Frage, wie vermittelbar es sei, die Vorstandsgehälter jetzt deutlich anzuheben, beantwortet Blume so: "Das ist Sache des Aufsichtsrates, der diese jährlich entsprechend prüft und sich bei der Entscheidung an vergleichbaren Unternehmen orientiert." Blume selbst verdiente 2022 7,4 Millionen Euro.

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