Newsletter ZDF-Fernsehrat:Detailtiefe und Überblick beim Thema Europa
ZDF-Fernsehrätin Beate Gilles ist es wichtig, "dass in den gegenwärtigen Krisenzeiten Europa als einzigartiges Friedensprojekt im Bewusstsein bleibt und als Wert erkannt wird". Die Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) mahnt eine intensive Berichterstattung auch über die EU-Beitrittskandidaten an.
ZDF-Fernsehratsmitglied Beate Gilles über die Europa-Berichterstattung des ZDF.
Quelle: ZDF/Andreas Reeg#Fernsehrat: Europapolitik ist häufig von komplexen Prozessen geprägt – wie gelingt es dem ZDF aus Ihrer Sicht grundsätzlich, diese zu vermitteln?
Beate Gilles: Es ist interessant, dass Sie "Europa" als Erstes mit dem Thema "komplexe Prozesse" verbinden. Wenn ich an Europa denke, dann ist bei mir sehr präsent, dass wir in der Europäischen Union durch offene Grenzen und eine gemeinsame Währung viel enger zusammengewachsen sind. Immer noch fallen mir im Portemonnaie die verschiedenen Münzprägungen auf und ich erfreue mich daran, dass wir in der Verschiedenheit eine Einheit bilden. Das ist für mich die Grundlage und das Zielbild der Berichterstattung – und Beiträge zur Europapolitik stehen immer wieder vor der Herausforderung, diesen Zusammenhang deutlich zu machen. Mir ist außerdem wichtig, dass in den gegenwärtigen Krisenzeiten Europa als einzigartiges Friedensprojekt im Bewusstsein bleibt und als Wert erkannt wird. Im Lichte des Größeren sind manchmal auch die zugegebenermaßen komplexen Zusammenhänge zu sehen und leichter verdaulich.
Ein gutes Verhältnis von Detailtiefe und Überblick ist also essenziell. Dem ZDF gelingt das in aller Regel sehr erfolgreich. Die aktuelle Berichterstattung informiert zuverlässig über die relevanten politischen Prozesse und bringt sie den Zuschauerinnen und Zuschauern anschaulich nahe. Das Studio in Brüssel ist dabei ein wichtiger Anker. Beiträge aus anderen Genres machen Lust auf Europa und wecken das Interesse, seine Landschaften, Kulturen und vor allem die Menschen zu entdecken. Diese programmliche Mischung ist für die Vermittlung der Europapolitik und der Idee von Europa richtig. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass das ZDF gern noch öfter in der Primetime Europa explizit zum Thema macht.
Fernsehratsvorlage
#Fernsehrat: Im Europawahl-Jahr 2024 hat das ZDF besonders viel über Europa-Politik berichtet - wie bewerten Sie die Wahlbegleitung beim ZDF?
Gilles: Im Vergleich zur Bundestagswahl findet die Berichterstattung zur Wahl des Europäischen Parlaments weniger Resonanz in der Öffentlichkeit. Umso wichtiger ist es, dass das ZDF die Europawahl außerordentlich intensiv begleitet hat. Eine europaweite Wahl ist ein bedeutsames Ereignis der Demokratie. Damit auch Jüngere sich mit den europäischen Werten identifizieren können, sind Sendungen wie "logo! Extra: Was geht, Europa?" ganz zentral. Gerade heutzutage ist es wichtig, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer sich im ZDF zu viel diskutierten Fragen des Wahlkampfs – wie zu Fragen der Migration – umfassend informieren konnten, ebenso über die zentralen Kandidatinnen und Kandidaten aus Deutschland.
#Fernsehrat:Das ZDF begreift das Thema Europa als Querschnittsaufgabe über alle Sparten und Formate - wie sehen Sie Europa etwa in Unterhaltung und Fiktion beim ZDF dargestellt?
Gilles: Ich muss zugeben, dass sich diese Frage für mich aktuell gar nicht leicht beantworten lässt. Aus meiner Kindheit erinnere ich mich an die großen Shows, die mit der Eurovisionshymne eröffnet wurden.
Dokumentationen mit geschichtlichen Stoffen und besonders fiktionale Werke haben die Chance, uns Europa nochmals anders näher zu bringen. Ein gutes Beispiel scheint mir der Film "An einem Tag im September" zu sein, der die deutsch-französischen Beziehungen um Konrad Adenauer und Charles de Gaulle aufgreift. Ich hoffe, dass der Film, wenn er im Herbst im ZDF gezeigt wird, ein breites Publikum finden wird.
Wenn fiktionale Filme und Serien Geschichten der Gegenwart aufgreifen, ist die Zusammenarbeit mit verschiedenen europäischen Produzenten besonders lohnend, bringen diese doch ihre je eigene Sichtweise auf das Leben in Europa ein.
Fiktionale Sendungen sind im Streamingportal beliebt. Daher ist es wichtig, dass solche Produktionen, die über Europa erzählen, leicht auffindbar sind. Wenn ich unter dem Stichwort Europa im Streamingportal suche, wird ein breites Portfolio sichtbar, und in Anbetracht der immensen Bedeutung Europas für unsere Zukunft, wäre es meines Erachtens angemessen, wenn Europa auch eine eigene Kategorie auf der Plattform darstellte.
#Fernsehrat: Das ZDF nutzt sein Portfolio, um werktäglich auch über den europäischen Alltag und Probleme wie Lösungsideen unserer Nachbarn zu berichten – etwa bei "heute – in Europa" oder "ARTE Re:". Was würden Sie sich zum Thema Europa inhaltlich beim ZDF noch wünschen?
Gilles: Es gibt wohl kaum ein Thema zu Europa, das noch nicht im Programm des ZDF aufgegriffen wurde. "heute – in Europa" und "ARTE Re:" sind diesbezüglich wichtige Fundamente. Inhaltlich gilt es im Blick zu behalten, dass Europas Grenzen weiter sind als die der EU. Eine intensive Berichterstattung über die EU-Beitrittskandidaten kann verdeutlichen, welche Chancen in einer Erweiterung für beide Seiten liegt. Und insgesamt lohnt immer wieder aufs Neue der Blick auf das Konkrete: Wie arbeiten und leben die Europäerinnen und Europäer tatsächlich? Was sind ihre Wünsche und Hoffnungen? Welche Ängste haben sie? Wenn diese Geschichten verbindend als Geschichten von Menschen in Europa erzählt werden, dann fördern solche Berichte nicht nur den europäischen Zusammenhalt, je nach Genre sind sie hochpolitisch, informativ oder unterhaltend und emotional.
Zur Person: Dr. Beate Gilles, Jahrgang 1970, ist seit 2021 Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz (DBK). Seit Juli 2024 ist sie von der Katholischen Kirche in Deutschland in den ZDF-Fernsehrat entsandt und Mitglied im Programmausschuss Programmdirektion. Von Januar 2021 bis Dezember 2022 war sie Mitglied im Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks.
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