Ostern: Wie Christen in Nicaragua unterdrückt werden

    Osterzeit mit Verboten:Wie Christen in Nicaragua unterdrückt werden

    von Tobias Käufer
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    Die sandinistische Regierung in Nicaragua führt einen Kreuzzug gegen die katholische Kirche. Nun dürfen nicht einmal mehr Prozessionen in den Straßen stattfinden.

    Gottesdienst in Nicaragua. Ein Priester hält einen Gottesdienst zum Palmsonntag vor einer Menge Menschen.
    Die in Lateinamerika so populären Karfreitagsprozessionen und Ostergottesdienste dürfen nicht mehr auf den Straßen des Landes stattfinden.
    Quelle: epa

    "Jesus schreit und leidet weiterhin in gekreuzigten Menschen und Völkern", sagt Silvio Baez, der eigentlich Weihbischof der nicaraguanischen Hauptstadtdiözese Managua ist. Seine Predigt hält er allerdings in den USA - weit entfernt von seiner mittelamerikanischen Heimat.
    Papst Franziskus schickte ihn 2019 ins Exil, nachdem es gegen Baez in Nicaragua Morddrohungen gegeben hatte. Während der Massenproteste, die sich 2018 an mutmaßlich von der Regierung gedeckten illegalen Brandrodungen in einem Naturschutzgebiet entzündeten und später die gesamte Gesellschaft erfassten, hatte Baez von Erschießung bedrohten Umweltschützern und Studenten in seiner Kirche Zuflucht geboten. Und er hatte offen die Regierung kritisiert. Damit war er selbst zur Zielscheibe des Regimes geworden.
    Baez' Gang ins Exil war der Beginn eines Leidensweges der katholischen Kirche in Nicaragua, der in diesen Ostertagen einen weiteren Höhepunkt erlebt. Nun hat die sandinistische Regierung von Präsident Daniel Ortega und seiner Ehefrau Rosario Murillo auch die Karwoche mit einem Bannstrahl belegt.

    Keine Prozessionen oder Ostergottesdienste mehr

    Die in Lateinamerika so populären Karfreitagsprozessionen und Ostergottesdienste dürfen nicht mehr auf den Straßen des Landes stattfinden, sondern nur noch in den Kirchen selbst. Offiziell aus Sicherheitsgründen. Elisabeth Maigler Kluesserath von der FDP-nahen "Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit" sagt:

    Das Verbot der Osterprozessionen ist ein Verstoß gegen die Religionsfreiheit, wieder einmal missachtet das Regime von Daniel Ortega die Menschenrechte.

    Elisabeth Maigler Kluesserath, Friedrich-Naumann-Stiftung

    "Den Bürgern soll das Verbot der Prozessionen aus Sicht der Regierung ein Zeichen der Regimemacht sein", so Maigler Kluesserath. Allerdings seien vereinzelt stattfindende Prozessionen in kleinen Orten auch Zeichen des Bürgerwillens, sich vom Regime nicht unterdrücken zu lassen, selbst wenn dies die Verfolgung durch die Polizei bedeutet.

    Regierungskritische Äußerungen der Geistlichen

    Der lang anhaltende Zwist zwischen Regierung und Kirche ist vor allem wegen zahlreicher regierungskritischer Äußerungen der Geistlichen entstanden. Seit Beginn der Protestwelle, bei der mindestens 350 Menschen ums Leben kamen, haben sie sich offen auf die Seite der Demonstranten gestellt.
    Das hatte Konsequenzen: Inzwischen ist die Caritas verboten, der Päpstliche Nuntius aus dem Land verwiesen, ein Bischof und eine Handvoll Geistliche wegen Vaterlandsverrats mit Haftstrafen bis zu 26 Jahren belegt. Das Präsidentenpaar nennt die Kirchenvertreter eine "Mafia".

    Papst vergleicht Ortega-Regierung mit NS-Regime

    Lange Zeit hatte Papst Franziskus zu den Vorfällen geschwiegen, offenbar um nicht weiter Öl ins Feuer zu gießen. Nach der Verurteilung von Bischof Rolando Alvarez zu 26 Jahren Haft aber verglich das Kirchenoberhaupt aus Argentinien in einem ungewöhnlich deutlichen Interview das Vorgehen der Ortega-Regierung mit dem NS-Regime in Deutschland. Daraufhin brach Managua auch die diplomatischen Beziehungen mit dem Vatikan ab.
    Inzwischen vergleicht Weihbischof Baez die Lage der aus politischen Gründen verhafteten Oppositionellen mit der Ostergeschichte in der Bibel: "Jesus wurde unrechtmäßig verhaftet. Diejenigen, die ihn verhaftet haben, hatten keinen Haftbefehl. Er wurde verhaftet, ohne ein Verbrechen begangen zu haben, und wurde einem religiösen und einem politischen Prozess unterworfen, bei dem nicht einmal die minimalsten gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren eingehalten wurden."

    Weltverfolgungs-Index
    :360 Millionen Christen weltweit verfolgt

    Weltweit sind zuletzt so viele Christen verfolgt worden wie noch nie. Mehr als 5.600 wurden ermordet, ein Höchststand, so das Hilfswerk "Open Doors".
    Trauerfeier für die am Palmsonntag bei einem Anschlag ums Leben gekommenen koptischen Christen, aufgenommen am 09.04.2017 in Tanta (Ägypten)

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