Gewalt in DDR-Kinderheimen: Betroffene leiden bis heute
Studie zu Gewalt und Missbrauch:DDR-Heimkinder leiden bis heute unter Folgen
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Rund eine halbe Million Kinder und Jugendliche waren in DDR-Heimen. Einige von ihnen erlebten laut einer Umfrage körperliche und psychische Gewalt. Mit Folgen bis heute.
Im Jugendwerkhof im sächsischen Torgau lebten früher Kinder.
Quelle: dpa
Viele ehemalige Bewohner von DDR-Kinderheimen leiden bis heute unter den Folgen von Gewalt und Vernachlässigung. Das ist das Ergebnis einer am Montag veröffentlichten Studie des Forschungsverbunds "Testimony", der unter Federführung der Universität Leipzig die Erfahrungen Betroffener in vier Teilprojekten untersucht hat.
Aus einer Fragebogenstudie mit 273 Teilnehmenden geht hervor:
93 Prozent der Befragten erfuhren körperliche Vernachlässigung
95 Prozent erfuhren emotionale Vernachlässigung
68 Prozent sprachen von körperlicher Misshandlung
54 Prozent sprachen von sexuellem Missbrauch
"Das sind wahnsinnig hohe Zahlen", sagte Studienleiterin Prof. Dr. Heide Glaesmer von der Universitätsmedizin Leipzig.
Jeder Fünfte der Befragten war mindestens einmal in Haft
Laut Studie berichteten 43 Prozent der Teilnehmenden von komplexen posttraumatischen Belastungsstörungen, jeder Fünfte war in seinem Leben mindestens einmal in Haft. Betroffene litten oft noch heute unter Angst vor staatlichen Institutionen, Behörden und Ärzten, sagte Glaesmer.
Andere seien verzweifelt, wenn sich ihre Heim-Aufenthalte angesichts lückenhafter Biografien nicht mehr belegen lassen. Trauer und Wut herrsche bei den Betroffenen, weil sie sich wegen fehlender Bildungs- und Orientierungsmöglichkeiten nicht ausreichend auf ihr Leben vorbereitet fühlten.
Rund eine halbe Million Kinder lebten in DDR-Heimen
Nicht zuletzt fürchteten sich viele Befragte vor einem erneuten, fremdbestimmten Heimaufenthalt im Alter.
Nach Angaben des Forschungsverbunds "Testimony" waren zwischen 1949 und 1990 etwa eine halbe Millionen Kinder und Jugendliche in Kinderheimen und Jugendwerkhöfen der DDR untergebracht. Ihre Erfahrungen in diesen Einrichtungen, deren Folgen und Bewältigung seien bislang nicht umfassend erforscht gewesen, hieß es.