Erdbeben in Marokko: Hunderte Menschen werden vermisst

    Erdbeben in Marokko :Hunderte Menschen werden noch vermisst

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    Nach dem schweren Erdbeben in Marokko mit mindestens 2.400 Toten geht die Suche nach Überlebenden weiter. Die Einsatzkräfte kommen in den Bergen nur mühsam voran.

    Helfer bergen einen Körper aus den Trümmern nach dem verherenden Erdbeben in Marokko
    Nach dem schweren Erdbeben in Marokko suchen Soldaten und Zivilisten in den Trümmern nach Überlebenden. Ganze Dörfer sind zerstört. Die Angst vor Nachbeben ist groß.10.09.2023 | 3:02 min
    Rettungs- und Bergungskräfte in den Unglücksgebieten von Marokko haben die Suche nach Überlebenden des schweren Erdbebens fortgesetzt. Hunderte von Menschen galten am Sonntag noch als vermisst, berichtete der arabischsprachige Nachrichtensender Al-Arabiya.
    Die Helfer kommen jedoch in den teils abgelegenen Bergregionen nur mit Mühe voran. Zudem gefährdeten Nachbeben am Sonntagmorgen die Arbeiten, weil beschädigte Gebäude vollends einstürzen können.
    Die marokkanische Nachrichtenseite Hespress berichtete, dass ein Einsatzteam aus dem Nachbarland Spanien mit Hunden inzwischen in Marokko eingetroffen sei, um die Such- und Rettungskräfte zu unterstützen.
    ZDF-Korrespondentin Anne Arend
    Die Provinz Al-Haouz in Marokko ist am stärksten von dem Beben betroffen. ZDF-Korrespondentin Anne Arend berichtet über die Situation der Menschen in der Region.10.09.2023 | 1:34 min

    THW schickt Helfer wieder nach Hause 

    Das Technische Hilfswerk (THW) hat dagegen seine für einen möglichen Rettungseinsatz in Marokko nahe dem Flughafen Köln/Bonn bereits versammelten Helfer vorerst wieder nach Hause geschickt. Da bisher kein internationales Hilfeersuchen von Marokko eingeangen sei, würden die THW-Kräfte an ihre Standorte zurückkehren, teilte das THW am Sonntagnachmittag mit.
    Denn zwischenzeitlich habe sich das Zeitfenster, in dem die Wahrscheinlichkeit groß sei, Menschen lebend unter Trümmern zu retten, fast geschlossen.
    Angehörige in Deutschland bangen um Angehörige in Marokko
    Angesichts der Erdbebenkatastrophe in Marokko machen sich in vielen Ländern Hilfskräfte für Rettungseinsätze bereit. In Deutschland bangen viele um Angehörige und Bekannte.09.09.2023 | 1:19 min
    Seit Samstagabend hatten Einsatzkräfte für einen möglichen Rettungseinsatz bereitgestanden. Das Team bleibe aber einsatzbereit, unterstrich das THW zugleich.

    Die mehr als 50 Helferinnen und Helfer der Schnell-Einsatz-Einheit Bergung Ausland (SEEBA) des THW waren innerhalb kurzer Zeit bereit, um mit ihrer technischen Expertise humanitäre Hilfe in Marokko zu leisten.

    THW-Präsidentin Sabine Lackner

    Nun prüfe das THW, ob und wie dem Land mit der Lieferung von Hilfsgütern geholfen werden könne. Auch für eine mögliche Unterstützung bei der Trinkwasserversorgung vor Ort seien THW-Einsatzkräfte vorbereitet.
    Zuvor hatten bereits die Hilfsorganisation I.S.A.R. Germany und der Bundesverband Rettungshunde mitgeteilt, dass sie nicht mehr mit einem Rettungseinsatz ihrer bereitstehenden Helfer in Marokko rechnen. Deshalb würden die Vorbereitungen abgebrochen, sagte ein Sprecher.

    Bergdorf zerstört, Massengrab eingerichtet

    Bei dem Erdbeben in Marokko wurden bislang nach amtlichen Angaben 2.122 Tote gezählt. Mindestens 2.421 weitere Menschen wurden verletzt. Lokale Medien berichteten in der Nacht zum Sonntag unter Berufung auf das Innenministerium, dass mehr als die Hälfte der Verletzten schwer verletzt sei.
    Man sieht Arend im Gespräch aus Marokko.
    Es sei zu befürchten, dass die Zahl der Opfer noch weiter steige, so ZDF-Korrespondentin Anne Arend aus Marokko. Die betroffenen Erdbeben-Gebiete seien teils „schwer zugänglich“.09.09.2023 | 1:40 min
    Ein kleines Bergdorf in der Provinz Chichaoua wurde nahezu vollständig zerstört, meldete der staatliche Sender TV 2M am Sonntag. Es wurden Drohnen eingesetzt, um den Einsatzkräften bei der Suche nach Leichen zu helfen.
    65 Tote seien geborgen und ein Massengrab eingerichtet worden. Nach islamischem Brauch sollten Bestattungen schnell nach dem Tod erfolgen.

    Schlimmstes Erdbeben seit Jahrzehnten in Marokko

    Das Epizentrum des Bebens der Stärke 6,8 lag gut 70 Kilometer südwestlich von Marrakesch im Atlasgebirge. Dort liegen Ortschaften entlang steiler und kurvenreicher Serpentinen.
    Da Erdbeben in Nordafrika relativ selten auftreten, sind Gebäude nach Einschätzung von Experten nicht robust genug gebaut, um solchen starken Erschütterungen standzuhalten. In Gebieten vom Atlasgebirge bis zur Altstadt von Marrakesch wurden einige Gebäude zerstört und berühmte Kulturdenkmäler beschädigt.
    Karte: Marokko - Marrakesch - Rabat
    Quelle: ZDF

    Das Beben sei in einem Umkreis von 400 Kilometern zu spüren gewesen, sagte Nasser Jabour, Leiter einer Abteilung des Nationalen Instituts für Geophysik, der marokkanischen Nachrichtenagentur MAP. Es dauerte mehrere Sekunden an.
    Nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS ereignete sich das Beben in einer Tiefe von 18,5 Kilometern. Erdbeben in einer solch geringen Tiefe sind Experten zufolge besonders gefährlich. Das Beben vom späten Freitagabend war das schlimmste seit Jahrzehnten in Marokko.

    König ordnet dreitägige Staatstrauer an

    König Mohammed VI. ordnete eine dreitägige Staatstrauer an. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO sind mehr als 300.000 Menschen in Marrakesch und umliegenden Gebieten von dem Unglück betroffen.
    Aus aller Welt trafen Beileidsbekundungen ein. Auch die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union boten in einem Brief an den König ihre Hilfe an und drückten ihre Anteilnahme aus.
    Ein Überlebender in der Stadt Imintanoute schilderte der Nachrichtenseite Hespress:

    Meine Frau, meine Kinder und ich versuchten, das Haus zu verlassen, aber meine kleine Tochter und mein Vater, der 102 Jahre alt ist, blieben. Ich habe versucht, zurückzugehen, um sie herauszuholen, aber vergeblich, mein Vater und meine Tochter sind dort gestorben.

    Einwohner der Stadt Imintanoute

    Service
    :Spendenaufruf für Marokko

    Nach dem schweren Erdbeben in Marokko werden mehrere Tausend Tote gezählt. Internationale Hilfe läuft an. Auch deutsche Rettungsteams bereiten sich auf den Einsatz vor.
    Morokko, Moulay Brahim: Menschen übernachten draußen
    Quelle: dpa

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