Die Folgen von "Fast Fashion": Der Kampf gegen Kleiderberge

    Die Folgen von Fast Fashion:Der Kampf gegen Kleiderberge

    von Tanja Dammertz
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    Jeden Tag ein neuer Look: "Fast Fashion" macht das erschwinglich und führt weltweit zu Bergen an Textilmüll. Neue Konzepte sollen die Müllberge vermeiden.

    Ständer mit Billigkleidung
    Für "Ultrafast Fashion" produzierte Kleidung wird schnell zum Wegwerfprodukt.
    Quelle: imago

    Die weltweite Textilproduktion hat sich seit der Jahrtausendwende mehr als verdoppelt. Wirtschaftlich ist "Fast Fashion" ein Erfolgskonzept. In kürzester Zeit werden neue Kleidungsstücke produziert und auf den Markt gebracht.
    Aus "Fast Fashion" ist längst "Ultrafast Fashion" geworden: Firmen wie Shein, ASOS oder Boohoo präsentieren im Internet zum Teil alle drei Tage neue Styles: Billige, schnell produzierte Kleidung. Doch genauso schnell wird sie auch zum Wegwerfprodukt.

    Jährlich eine Million Tonnen Altkleider im Container

    Geschätzte 60 Kleidungsstücke kaufen allein Bundesbürger und Bundesbürgerinnen durchschnittlich pro Jahr. Davon bleibt jedes fünfte aber ungetragen im Kleiderschrank. Verwertungsgesellschaften versuchen, die Massen an Alttextilien zu bewältigen.
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    Jährlich landen mehr als eine Million Tonnen in Containern. Sortierwerke wie TEXAID leisten sich eine aufwändige Vollsortierung, um den Anteil an Textilmüll so gering wie möglich zu halten.
    Jedes Kleidungsstück wird per Hand geprüft und in rund 300 Produktgruppen eingeordnet. Das System der Altkleidersammlung finanziert sich über die Nachfrage nach Secondhand-Bekleidung.

    Billigqualität verhindert Zweitverwendung von Fast Fashion

    Doch das Problem ist die sinkende Qualität der "Fast Fashion"-Kleidung. Thomas Ahlmann, Leiter des Dachverbands FairWertung, einem Zusammenschluss gemeinnütziger Altkleidersammler, klagt:

    Wir finden immer mehr Textilien, die nicht mehr tragbar sind. Und wenn dieser Anteil immer weiter steigt, kippt das System irgendwann und dann rechnet es sich nicht mehr.

    Thomas Ahlmann, FairWertung

    "Dann wird niemand mehr sammeln und niemand mehr sortieren", fügt Ahlmann hinzu.

    Recycling von Alttextilien scheitert oft am Materialmix

    Glaubt man den Modekonzernen, so ist Recycling der Schlüssel zum Erfolg. Doch das ist komplizierter und teurer, als es den Anschein hat: Bislang kann nur aus weniger als einem Prozent der Alttextilien neue Kleidung gewonnen werden.
    Das sogenannte Faser-zu-Faser-Recycling ist so schwierig, da viele Kleidungsstücke nicht aus einem einheitlichen Material bestehen, sondern ein Gemisch aus Natur- und Chemiefasern sind.
    Zudem geben die Etiketten oft nur ungenaue Angaben darüber her, wie sich ein Kleidungsstück zusammensetzt und mit welchen Chemikalien es behandelt wurde.

    Digitaler Produktpass für Kreislauffähigkeit von Mode

    Hier setzt die Berliner Designerin Ina Budde an. Sie berät mit ihrem Unternehmen circular.fashion Modefirmen bei der Umsetzung kreislauffähiger Mode. Circular.fashion hat eine eigene Software entwickelt, in der alle bei der Kleiderproduktion verwendeten Materialien aufgeführt und auf ihre Kreislauffähigkeit hin bewertet sind.
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    Die Informationen werden dann in einem digitalen Produktpass gespeichert, der aussieht wie ein Knopf und am Kleidungsstück eingenäht ist. Dieser "Knopf" hilft, die Sachen bestmöglich wiederzuverwerten oder zu recyceln.
    Neben innovativen Konzepten braucht es aber vor allem politische Vorgaben, um die Branche wirklich zu ändern. Die EU hat dafür bereits den ersten Schritt getan.

    Politik will Fast Fashion bis 2030 beenden

    Im März 2022 wurde die EU-Textilstrategie veröffentlicht - ein Maßnahmenkatalog, der darauf abzielt, "Fast Fashion" bis spätestens 2030 zu beenden. Ein richtiger Schritt, meint Jochen Strähle, Professor für "International Fashion Management" an der Hochschule Reutlingen.
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    Auch die Unternehmen müssen zwingend ihren Anteil wahrnehmen und in nachhaltige Prozesse investieren.

    Jochen Strähle, Professor für "International Fashion Management"

    Allerdings scheuten viele die Umsetzung, da sie eine Menge Bürokratie ins Haus bringe. Zudem sei die Textilbranche in Deutschland mittelständisch geprägt.
    Schon alleine aufgrund ihrer Größe sieht Strähle nicht alle Unternehmen in der Lage, die Veränderungen schnell umzusetzen. Umso wichtiger sei daher die Investition in Ausbildung:

    Wissen über nachhaltige Prozesse und deren Bewertungen muss geschaffen werden.

    Jochen Strähle, Professor für "International Fashion Management"

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