Luxusgut Haustier - viele können es sich nicht mehr leisten

    Tierarztgebühren explodieren:Steigende Kosten: Luxusgut Haustier

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    Steigende Haltungskosten, höhere Gebühren beim Tierarzt - Hund und Katze werden immer teurer. Viele verzichten oder setzen ihren Liebling sogar aus, wenn er krank geworden ist.

    Regina probiert ihrem Hund Balu bei der Tiertafel ein neues Halsband an, aufgenommen am 27.08.2022 in Duisburg Meiderich
    Tiertafel in Duisburg Meiderich (Archivfoto)
    Quelle: Imago

    Über viele Jahre hatte Gisela W. immer einen Hund. Ihren letzten Vierbeiner musste die 72-Jährige vor kurzem einschläfern lassen. Die hohen Tierarztkosten bei dem betagten Tier haben sie belastet. Ein bisschen wehmütig schaut die Rentnerin anderen Vierbeinern und ihren Haltern beim Spaziergang hinterher. Ein neuer Hund? Kommt für sie nicht in Frage. "Das kann ich mir nicht mehr leisten."
    Damit ist die Seniorin kein Einzelfall. Die aktuelle Gebührenordnung für Tierärzte, die am 1. November 2022 in Kraft getreten ist, belastet neben der Inflation und gestiegenen Energiekosten so manchen Tierhalter. Die Gebühren seien im Schnitt um 30 Prozent gestiegen, erklärt Heidi Kübler, Präsidentin der Landestierärztekammer Baden-Württemberg.
    In den Praxen habe es in den vergangenen Jahren massive Kostensteigerungen durch Gehaltserhöhungen sowie höhere Kosten für Energie, Arzneimittel und Praxisbedarf gegeben.

    Diese Kosten müssen an die Tierhalter weitergegeben werden, wenn eine Praxis wirtschaftlich überleben soll.

    Heidi Kübler

    Hinzu kommen Not- oder Wochenenddienstzuschläge. So kann das Entfernen einer simplen Granne im Ohr gut mal 700 Euro kosten. Laut Kübler zögern Tierhalter Behandlungen deshalb inzwischen eher hinaus.

    Teure Haustierhaltung: Paten können Tierarztkosten übernehmen

    Wie bei Gisela W. trifft die Preissteigerung gerade weniger bemittelte Tierhalter. Der Verein "Herzensangelegenheit - Menschen für Tiere und Tiere für Menschen in Not" organisiert unter anderem Paten, die die Behandlungskosten übernehmen.
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    Auch die rund 50 Tiertafeln in Deutschland haben regen Zulauf. So auch in München, wo allein rund 700 Haustierhalter unterstützt werden. Viele der Tiere lebten schon lange bei ihren Menschen, die durch Krankheit, Arbeitslosigkeit oder niedrige Rente in Not geraten sind, erklärt die Vorsitzende Andrea de Mello. Sie, aber auch Menschen, die in Lohn und Brot stehen, bekommen Unterstützung in Form von Futter und Sachspenden. Vor allem alte und chronisch kranke Tiere verursachten hohe Kosten. "Neuanschaffungen unterstützen wir nicht", erklärt de Mello.

    Wenn durch Inflation und Energiekrise 200 Euro im Monat fehlen, dann noch das Tier krank wird und die Tierarztkosten steigen, dann ist das für viele ein Alptraum.

    Andrea de Mello

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    Tiere werden eingeschläfert, weil Behandlungen zu teuer sind

    Auswirkungen der erhöhten Gebührenordnung bekommen auch die Tierheime zu spüren, auch für sie sind die Arztkosten gestiegen. Zudem würden oft schwerst kranke Tiere mit den Worten "Ich hab' kein Geld" gebracht, berichtet etwa Julia Zerwas, Leiterin des Bonner Tierheims.

    Teils mussten die Tiere schon lange leiden, weil die Besitzer einfach nicht zum Tierarzt gegangen sind.

    Julia Zerwes

    Zerwas berichtet auch von Tierkliniken und Tierärzten, denen junge und gesunde Patienten mit einfachen Frakturen und Erkrankungen vorgestellt wurden mit der Bitte, diese aus Kostengründen einzuschläfern. "Auch für die Tierärzte, mit denen wir eng zusammen arbeiten, ist dieser Zustand grauenhaft. Sie müssen immer mehr Tiere einschläfern, die eigentlich eine gute Prognose hätten", sagt Zerwas.






    Bei ausgesetzten Tieren würden inzwischen häufig schwere Erkrankungen wie Tumore diagnostiziert, sagt Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund. "Der Verdacht liegt dann sehr nahe, dass sich jemand des Tieres entledigen wollte, weil er oder sie die Behandlungs- und OP-Kosten nicht tragen wollte oder konnte." Schmitz rechnet damit, dass dies in Zukunft wohl noch häufiger vorkommen werde.

    Betreuung für Hund, Katze & Co.
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    von Valentina Kurscheid
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    "Ein Tier ist mittlerweile wirklich ein absoluter Luxus", findet Tierheimleiterin Zerwas. Dennoch seien Haustiere für Menschen oft der letzte Halt, bestätigt Tierärztin Christiana Brathe. "Sie kaufen am Monatsende eher Tierfutter als etwas für sich zum Essen." Auch de Mello beobachtet den hohen Stellenwert von Haustieren. "Das Tier hat immer allerhöchste Priorität, abgeben aus finanziellen Gründen ist nie eine Option." Denn gerade für Erwerbsunfähige oder Rentner sei ein Tier oft "das Letzte und einzige, was sie noch haben. Lieber steckt der Mensch zurück, das erleben wir immer wieder".
    Quelle: KNA

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