Bundesgericht: Kauf von Suizid-Medikament bleibt verboten
Bundesverwaltungsgericht:Kauf von Suizid-Medikament bleibt verboten
von Christoph Schneider und Moritz Flocke
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Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die Klage zweier Männer auf den Erhalt von Medikamenten zur Selbsttötung abgewiesen. Damit soll Missbrauch vermieden werden.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Klage zweier kranker Männer abgewiesen, die Zugang zu einem tödlichen Betäubungsmittel haben wollten. Grund sei die Gefahr eines Missbrauchs. 07.11.2023 | 1:32 min
Seit sechs Jahren streiten die unheilbar kranken Hans-Jürgen Brennecke und Harald Mayer mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) um die Herausgabe von Natrium-Pentobarbital, um ihre Leben selbstbestimmt zu beenden. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat ihre Klagen heute abgewiesen.
Schwerkranke Menschen haben laut Bundesverwaltungsgericht kein Recht auf Selbsttötungsmittel. Warum das Gericht so entschieden hat, erklärt ZDF-Rechtsexperte Christoph Schneider.07.11.2023 | 0:52 min
Sie sind von einmal ursprünglich fünf Klägern - drei sind inzwischen verstorben - übrig geblieben: Hans-Jürgen Brennecke und Harald Mayer. Brennecke hat Lymphknotenkrebs. Vor sechs Jahren wurde der 79-Jährige deswegen länger stationär im Krankenhaus behandelt, schwankte zwischen Leben und Tod. Noch ist der Krebs unter Kontrolle, doch das kann sich jederzeit ändern.
Kläger haben Angst vor schnellem Krankheitsverlauf
Brennecke äußerte gegenüber dem ZDF: "Wenn er wieder auftritt, dann geht es bei dieser Krebsart besonders schnell. Das heißt ich habe dann nur noch Wochen, vielleicht nicht mal Monate. Und deshalb muss ich leider bei diesem langen Verfahren frühzeitig anfangen, falls der Fall eintritt."
Der 52-jährige Harald Mayer leidet seit 26 Jahren an Multipler Sklerose, ist seit sieben Jahren auf den Rollstuhl angewiesen, kann nur noch den Kopf bewegen. Er benötigt eine Betreuung rund um die Uhr. Mayer sagte dem ZDF gegenüber: "Ich möchte das alles nicht erleben wollen, denn es können ja noch verschiedene Sachen kommen. Ich habe jetzt schon Organversagen und die Probleme werden stärker, das macht mir Angst."
Beide möchten selbst bestimmen, wann und wie ihre Leben enden sollen. Sie beantragten beim zuständigen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine tödliche Dosis Natrium-Pentobarbital. Vorausgegangen war ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im März 2017. Darin entschieden die Richterinnen und Richter, dass es sterbenskranken Menschen in besonderen Ausnahmefällen erlaubt sein soll, ein tödlich wirkendes Medikament zu bekommen.
So argumentierten die Gerichte seit 2017
Auf Grundlage dieser höchstrichterlichen Entscheidung stellten Brennecke und Mayer 2017 ihre Anträge - bislang erfolglos. Sowohl das Verwaltungsgericht (VG) Köln als auch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster lehnten ihre Klagen ab.
Entscheidend: Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG), auf das die Anträge gestützt werden, regele nur die Abgabe von Medikamenten zu therapeutischen Zwecken, also der Heilung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden. Sprich: Es gehe um Lebenserhaltung, nicht um Lebensbeendigung. Da sei das Betäubungsmittelgesetz ganz eindeutig, so das OVG.
Und: Nachdem das Bundesverfassungsgericht im Februar 2020 das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe kippte, würde das ärztliche Berufsrecht der Suizidhilfe nicht mehr generell entgegen stehen. So gebe es "Ärzte, die tödlich wirkende Medikamente verschreiben und andere Unterstützungshandlungen vornehmen" würden, heißt es in der Pressemitteilung des OVG Münster. Auch seien "geschäftsmäßige Angebote der Suizidhilfe wieder verfügbar", sprich Sterbehilfeorganisationen könnten legal ihre Dienste anbieten.
Enttäuschung bei Kläger-Anwalt
Nun hat das Bundesverwaltungsgericht die Entscheidung des OVGs bestätigt, und den Klägern nicht Recht gegeben. Das Ergebnis: Sie bekommen keine tödlichen Medikamente ausgehändigt. Zur Begründung verweisen die Richter auf andere zumutbare Möglichkeiten. So könnten die Kläger einen Arzt aufsuchen, der ihnen das Mittel verabreicht. Wenn das Mittel einfach so ausgehändigt würde, so das Gericht, gäbe es große Gefahren für das Leben und die Gesundheit der Bevölkerung durch Miss- oder Fehlgebrauch.
Der Verwaltungsrechtsweg ist zwar zu Ende, jedoch wollen die Kläger vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. "Wir werden Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil einlegen. Ich habe allerdings die Sorge, dass beide Kläger dieses Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht nicht mehr überleben werden", so ihr Anwalt. Denn ein solches Verfahren dauert in der Regel mehrere Jahre.
Christoph Schneider und Moritz Flocke arbeiten in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz