Umfrage: Mehrheit spricht sich gegen Kirchensteuer aus

    Neue Umfrage:Große Mehrheit: Kirchensteuer nicht zeitgemäß

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    Drei Viertel der Menschen finden die Kirchensteuer einer Umfrage zufolge nicht mehr zeitgemäß. Angesichts schwindender Mitgliederzahlen steht die Kirche zunehmend unter Druck.

    Gottesdienst.
    Die Kirchensteuer ist der am zweitmeisten genannte Grund für einen Kirchenaustritt, nach den Skandalen um sexuellen Missbrauch.
    Quelle: Caroline Seidel/dpa/Archiv

    Rund drei Viertel der Menschen in Deutschland finden die Kirchensteuer nicht mehr zeitgemäß. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur hervor.
    74 Prozent der Befragten gaben demnach an, dass sie das Einziehen der Kirchensteuer nicht mehr für zeitgemäß halten. Nur 13 Prozent hielten es für zeitgemäß. Weitere 13 Prozent machten keine Angaben oder hatten keine Meinung dazu.
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    Kirchen könnten in finanzielle Nöte geraten

    Nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) hat die katholische Kirche im vergangenen Jahr - trotz schwindender Mitgliederzahl - mehr als 6,8 Milliarden Euro Kirchensteuern eingenommen. Bei der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) waren es im selben Jahr mehr als 6,2 Milliarden.








    Laut einer 2019 veröffentlichten Prognose der beiden großen Kirchen könnten die Kirchensteuereinnahmen wegen steigender Löhne der Steuerzahler auch bis ins Jahr 2060 noch in etwa auf dem Niveau von 13 Milliarden Euro bleiben - allerdings bei deutlich steigenden Ausgaben, die in rund 40 Jahren bei knapp 25 Milliarden liegen könnten.
    Die Kaufkraft wird der Voraussage zufolge dann rund 50 Prozent unter der von 2017 liegen. Die Kirchen haben sich darum schon seit einiger Zeit einen Sparkurs verordnet.
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    Mehrheit der Deutschen nicht mehr Mitglied in Kirche

    Allein 2022 traten mehr als eine halbe Million Menschen aus der katholischen und rund 380.000 aus der evangelischen Kirche aus. Inzwischen ist die Mehrheit der Deutschen nicht mehr Mitglied in einer der großen christlichen Kirchen. Von den Menschen, die sich in der YouGov-Umfrage als Christen bezeichneten, gaben 43 Prozent an, das Zahlen der Kirchensteuer könne auch sie zum Austritt bewegen.
    Der Sprecher der katholischen Reformbewegung "Wir sind Kirche", Christian Weisner, nennt das "höchst alarmierend".

    Die Selbstverständlichkeit, einer der beiden großen Kirchen anzugehören, ist schon lange vorbei.

    Christian Weisner, "Wir sind Kirche"

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    "Warum soll ich, so fragen sich viele, ein Leben lang für eine Institution zahlen, wenn ich deren Leistungen und Einrichtungen ohnehin nicht in Anspruch nehme, höchstens noch kirchlich beerdigt werden möchte?", sagt Weisner weiter.
    In der Umfrage bezeichneten immerhin 61 Prozent aller Befragten die karitativen Aufgaben der Kirche in Kindergärten, Krankenhäusern und der Altenpflege als wichtig oder sogar sehr wichtig. Befragt wurden 2.006 Menschen ab 18 Jahren.
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    Missbrauchsskandale meistgenannter Grund für Austritt aus Kirche

    Die Kirchensteuer liegt auf der Liste der möglichen Austrittsgründe in der YouGov-Umfrage auch nur auf Platz zwei. Fast die Hälfte (49 Prozent) nannte den Skandal um sexuellen Missbrauch als möglichen Grund für einen Kirchenaustritt. 25 Prozent gaben einen schwindenden Glauben und 20 Prozent einen Reformstau als mögliche Austrittsgründe an. Nur 18 Prozent antworteten, es gebe keine Gründe für sie, aus der Kirche auszutreten.
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    Quelle: Britta Schultejans und Sabina Crisan, dpa

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