"Mogelpackung des Jahres": Pringles und Haribo Kandidaten

    "Mogelpackung des Jahres":Wie die Lebensmittelindustrie trickst

    von Meike Carstensen
    |

    Plötzlich reicht die Butter nicht mehr für zwei Kuchen. Versteckte Preiserhöhungen verärgern im vergangenen Jahr viele. Nun kann über die Mogelpackung des Jahres abgestimmt werden.

    Mogelpackung
    Über die Mogelpackung 2022 kann online abgestimmt werden.
    Quelle: imago

    Aktuell können Verbraucherinnen und Verbraucher online über die "Mogelpackung des Jahres 2022" abstimmen.
    Zur Auswahl stehen fünf Kandidaten, die sich aus unzähligen Hinweisen und Beschwerden ergeben, die die Hamburger Verbraucherzentrale im letzten Jahr zur sogenannten Shrinkflation erreicht haben. So viele Menschen wie nie zuvor klagten im letzten Jahr über verstecke Preiserhöhungen. Neben reduzierten Füllmengen stieg zusätzlich häufig der Preis der Produkte.

    Haribo, Pringles und Co.: Das sind die fünf Kandidaten

    Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg sagt, Kunden würden diese (doppelte) Preiserhöhung meist gar nicht oder erst zu Hause bemerken. Sie berichten, plötzlich reiche die Butter nicht mehr für zwei Kuchen und die Chips und Fruchtgummis seien schneller leer.
    Für die versteckten Preiserhöhungen trickst die Industrie enorm. So warb der Hersteller des Wasserenthärter Calgon im letzten Jahr mit mehr Wäschen pro Packung, jedoch änderte er zugleich die Dosierempfehlung für den gleichen Wasserhärtegrad. Das Resultat: Eine versteckte Preiserhöhung von 42 Prozent.
    Auch Haribo macht seinen Kunden zum 100-jährigen Jubiläum ein "besonderes Geburtstagsgeschenk". In der Tüte, die nur knapp zwei Zentimeter kleiner ist, sind ab sofort nur noch 175 statt 200 Gramm Fruchtgummi. Der Preis bleibt gleich.
    Bei Pringles sind seit vergangenem Jahr nicht nur weniger Chips in der Packung, die Dose kostet zusätzlich auch mehr.






    Welche Produkte sind grundsätzlich am meisten betroffen?

    Die Abstimmung über die Mogelpackung des Jahres gibt es seit neun Jahren. 2005 gab es die ersten Beschwerden. Die betroffenen Produkte sind heute "quer durch den Supermarkt" zu finden, sagt der Verbraucherschützer. Besonders bei Süßwaren, aber auch bei Käse und Drogerieartikeln werde gerne getrickst.
    Glücklicherweise sind bis heute nur wenig Grundnahrungsmittel betroffen. Die Milch ist nach wie vor in einer 1 Liter-, der Zucker in einer 250g-Packung. So langsam machen aber auch Eigenmarken mit, sagt Valet, es sei nicht mehr nur ein Markenphänomen. Er beschreibt hierbei eine Kettenreaktion. Wenn der Marktführer seine Füllmenge reduziert, tun ihm andere Hersteller gleich, da sie im gleichen Preisverhältnis stehen wollen.

    Weniger drin und trotzdem teurer - ist diese Preiserhöhung erlaubt?

    Tatsächlich sind die Mogelpackungen rein rechtlich schwer zu belangen, schreibt die Verbraucherzentrale und fordert bessere Regelungen. Es gäbe aktuell noch zu viel Freiraum. Armin Valet fordert, dass Füllmengenreduzierungen nur unter spezifischen rechtlichen Vorgaben erlaubt sein sollten und konkretisiert zwei Dinge, die sich möglichst schnell ändern sollten.
    Zum einen sollte es einen Paradigmenwechsel geben: Packungen müssten wirklich voll sein, Richtlinien müssten reformiert werden: "Wenn die Füllmenge schrumpft, muss die Packung auch schrumpfen", sagt er. Ausnahmen wären hier nur Verpackungen, die aus technischen Gründen nicht ganz voll sein dürfen. Besonders mit Blick auf den Umwelt- und Ressourcenschutz seien strengere Regeln bezüglich des Luftanteils in Verpackungen notwendig, so die Verbraucherzentrale.

    Brasilien als Beispiel

    Zum anderen sollte es mehr Transparenz auf den Packungen geben. Viele Maßnahmen, die Verbraucherinnen und Verbraucher über Änderungen informieren sollen, würden sich als Feigenblatt entpuppen, so Valet. Ein gutes Beispiel biete Brasilien: Hier müssen "Hersteller für mindestens sechs Monate auf der Vorderseite der Verpackung gut lesbar die alte und neue Inhaltsmenge des Produkts sowie die absoluten und prozentualen Werte der Schrumpfung angeben."

    Mehr zum Thema