Gerichtsurteil: Mutter- und Vaterschaft nicht austauschbar

    Gerichtsurteil zu Trans-Eltern:Mutter- und Vaterschaft nicht austauschbar

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    Wer wird als Mutter, wer als Vater im Geburtenregister geführt? Zwei Trans-Eltern sind mit ihren Beschwerden vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gescheitert.

    Wer das Kind zur Welt bringt und nicht, wer den Samen spendet, wird als Mutter ins Geburtenregister eingetragen - so ein Urteil zu einer Beschwerde von Trans-Eltern.
    Wer das Kind zur Welt bringt und nicht, wer den Samen spendet, wird als Mutter ins Geburtenregister eingetragen - so ein Urteil zu einer Beschwerde von Trans-Eltern.
    Quelle: dpa

    Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Beschwerden einer Trans-Frau und eines Trans-Mannes über Einträge ins Geburtenregister zurückgewiesen. In den am heutigen Dienstag in Straßburg veröffentlichten Urteilen wies das Gericht auf staatliche Ermessensspielräume hin.

    Trans-Frau als Vater des Kindes anerkannt

    In einem der beiden Fälle hatte eine Trans-Frau unter Berufung auf das Recht auf Achtung des Privatlebens gefordert, als Mutter des mit ihrem Samen gezeugten Kindes amtlich eingetragen zu werden. Ein Berliner Standesamt hatte 2015 entschieden, die als Mann geborene Klägerin nicht als Mutter in das Geburtenregister einzutragen, da sie das Kind nicht geboren habe. Stattdessen wird jene Person als Mutter geführt, die das Kind tatsächlich zur Welt gebracht hat. Beide klagten gegen dieses Vorgehen.
    Der Bundesgerichtshof stellte 2017 wiederum fest, dass die klagende Trans-Frau als Vater eingetragen werden müsse, da sie durch ihr Sperma an der Zeugung des Kindes beteiligt war. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gab dem Bundesgerichtshof nun recht.
    In seinem Urteil bestätigte er zudem, dass der frühere Vorname eines transsexuellen Elternteils nach deutschem Recht auch dann angegeben werden müsse, wenn das Kind, wie in diesem Fall, nach der Geschlechtsumwandlung gezeugt oder geboren wurde.
    Trans* Frau Lauren
    Lauren will anderen Mut machen und über Trans-Identität aufklären. 06.02.2023 | 2:27 min

    Trans-Mann gegen seinen Willen als Mutter eingetragen

    Im zweiten Fall ging es um die Beschwerde eines Trans-Mannes, der als Vater seines Kindes in die Geburtsurkunde eingetragen werden wollte. Der Kläger war als Frau geboren worden und hatte das Kind zur Welt gebracht, nachdem seine Identität als Mann bereits anerkannt worden war.
    Nachdem das Berliner Amtsgericht Schöneberg den Kläger 2011 als Mann anerkannt hatte, hatte er nach eigenen Angaben die Hormonbehandlung abgesetzt und war wieder fruchtbar geworden. 2013 gebar er ein Kind. Der Kläger beantragte nach der Geburt, als Vater des Kindes eingetragen zu werden, da er ein Mann sei. Weiter forderte er, keine Mutter einzutragen, da das Kind durch eine Samenspende gezeugt wurde.
    Das Amtsgericht trug ihn aber gegen seinen Willen als Mutter des Kindes mit seinem zu diesem Zeitpunkt bereits abgelegten weiblichen Namen ein. Eine Beschwerde beim Bundesgerichtshof wurde abgelehnt, da die Mutter eines Kindes nach Auffassung des Gerichts die Person sei, die das Kind geboren hat.
    Das Grundgesetz verpflichte nicht dazu, ein geschlechtsneutrales Abstammungsrecht zu schaffen, nach dem Vaterschaft und Mutterschaft als rein soziale Rollen gesehen und als rechtliche Kategorien abgeschafft würden.

    Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte sieht keine Diskriminierung

    Nachdem das Bundesverfassungsgericht eine Klage 2018 abgelehnt hatte, war der Trans-Mann vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gezogen. Dieser konnte nun kein Fehlverhalten der deutschen Behörden und Gerichte feststellen. Eine schwerwiegende Diskriminierung sei nicht gegeben.
    Der Bundesverband Trans äußerte sich enttäuscht über die Urteile.

    Es zeigt sich ganz deutlich ein antiquiertes Familienbild.

    Bundesverband Trans

    Der Verband forderte eine politische Initiative. Es sei längst überfällig, das deutsche Abstammungsrecht so anzupassen, dass Trans-Eltern in ihrer Geschlechtsidentität anerkannt würden.
    Anmerkung der Redaktion: in einer früheren Fassung dieses Beitrags wurde an einer Stelle die Formulierung "EU-Gericht" verwendet. Der EGMR ist jedoch eine Einrichtung des Europarates, nicht der Europäischen Union. Hier finden Sie alle Korrekturen
    Quelle: epd