"Anzeigenhauptmeister" jagt Falschparker: Was ist erlaubt?

    "Anzeigenhauptmeister" Matthei:Privatjagd auf Falschparker: Was ist erlaubt?

    von Lara Leidig
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    Der selbsternannte "Anzeigenhauptmeister" Niclas Matthei sorgt mit seinem Hobby, Falschparker zu melden, für Aufsehen. Aber: Was ist dabei als Privatperson eigentlich erlaubt?

    18-Jähriger schwärzt Falschparker an
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    Parken im Halteverbot, auf dem Gehweg oder vor einer Bordsteinabsenkung - die möglichen Verkehrsverstöße sind vielfältig. Niclas Matthei aus Gräfenhainichen hat es sich zur Aufgabe gemacht, genau solche Verstöße zur Anzeige zu bringen - um die Straßenverkehrsordnung durchzusetzen, wie er gegenüber Spiegel-TV sagt. Dazu kleidet sich der 18-Jährige aus Sachsen-Anhalt in Warnschutzbekleidung - mal orange, mal gelb - und geht mit seinem Fahrrad auf die Suche nach Verkehrssündern.
    Für die Betroffenen ist Mattheis Mission meist eine unangenehme Erfahrung, für die Behörden oft ein beträchtlicher Verwaltungsaufwand. Ist das Vorgehen des jungen Mannes eigentlich erlaubt? Und wo setzt das Gesetz Grenzen?

    Wann ist die Grenze zur Amtsanmaßung überschritten?

    Die sogenannte Drittanzeige, also das Melden eines Falschparkers bei den Ordnungsbehörden als außenstehende Privatperson, ist grundsätzlich erlaubt. Eine Grenze ist erreicht, wenn es sich um eine Amtsanmaßung handelt. Amtsanmaßung ist eine Straftat. Der Grat zwischen ordnungsgemäßem und strafbarem Verhalten ist dabei schmal.

    In einigen Städten und Gemeinden, etwa Köln oder Trier, gibt es spezielle Online-Formulare zum Melden von Falschparkern.

    Das Verwaltungsgericht Ansbach entschied 2022, dass sogar das Weiterleiten von Fotos der Kennzeichen an die zuständige Behörde zwecks Anzeige einer Ordnungswidrigkeit datenschutzrechtlich in Ordnung ist. (Urteil vom 02.11.2022, Az.: AN 14 K 22.00468)

    Für eine Amtsanmaßung müssen zwei Voraussetzungen zusammenkommen: Eine Person muss sich als Inhaber eines Amtes ausgeben, das sie in Wahrheit nicht hat, und eine Handlung, die sich als Ausübung eines Amtes darstellt. Ausdrücklich mitzuteilen, Amtsinhaber zu sein, ist nicht notwendig - es genügt bereits, wenn es sich aus den Umständen ergibt. Es reicht sogar, ein Amt vorzugeben, das es überhaupt nicht gibt, solange der Eindruck entsteht, dass der vermeintliche Ordnungshüter für den deutschen Staat handeln darf.
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    Theoretisch könnten Gerichte also auch die Bezeichnung als "Anzeigenhauptmeister", wie Niclas Matthei sie verwendet, als ausreichend für strafbares Verhalten werten. Dies wäre aber im Einzelfall zu entscheiden, zumal zu berücksichtigen ist, dass er den Betroffenen auch sagt, er handele als Privatperson. Konkret wäre eine Amtsanmaßung beispielsweise dann erreicht, wenn jemand - als Mitarbeiter der Ordnungsbehörden verkleidet - Strafzettel verteilt.

    Wie sieht es mit dem Verwenden von Behördennamen oder Amtstiteln aus?

    Im Fall von Niclas Matthei ist besonders, dass er an seinem Fahrrad einen Zettel mit dem Schriftzug "POLIZFI" angebracht hat. Eine Amtsanmaßung kann sich daraus nur ergeben, wenn tatsächlich der Eindruck erweckt würde, dass er für die Polizei handle. Gerade, wenn nur eine veränderte Behördenbezeichnung verwendet wird, müssen aber auch die übrigen Umstände diesen Eindruck verstärken.
    Zudem reicht das Verwenden alleine nicht aus, man muss auch eine Amtshandlung vornehmen. Das bloße Anzeigen von Falschparkern bei den zuständigen Behörden genügt dafür nicht.
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    Im Raum steht dann noch der Missbrauch von Titeln. Voraussetzung ist aber, dass nicht nur die Behördenbezeichnung "Polizei" in abgeänderter Form verwendet wird, sondern eine konkrete Amtsbezeichnung, also beispielsweise Polizeioberwachtmeister oder Kriminalhauptkommissar. Dann fallen auch zum Verwechseln ähnliche Amtsbezeichnungen unter den Tatbestand des Missbrauchs von Titeln.

    "Anzeigenhauptmeister" Hilfe für die Behörden oder Ärgernis?

    Niclas Matthei erklärte gegenüber Spiegel-TV, den Ordnungsbehörden bei ihrer Arbeit zu helfen. Doch ist das wirklich der Fall? Gegenüber der "Bild"-Zeitung sagte Enrico Schilling, der Bürgermeister von Gräfenhainichen, dass nur eine Handvoll der Anzeigen tatsächlich zu Bußgeldern führen würde. Das Verhalten von Matthei stifte vielmehr Unfrieden im Ort. Matthei sieht das anders und betont, seine Tätigkeit nütze dem Steuerzahler.
    Für die Ordnungsbehörden bedeutet eine Fülle an Anzeigen einen beträchtlichen Verwaltungsaufwand. Zwar müssen sie - anders als die Polizei bei Straftaten - nicht jede Ordnungswidrigkeit verfolgen. Wenn die Behörden Kenntnis von Ordnungswidrigkeiten erlangen, müssen sie aber zumindest darüber entscheiden, ob sie das Verfahren einstellen oder weiterverfolgen.

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