Extremwetter bedroht Städte: Konzepte für Klimaresilienz

    Extremwetter bedroht Städte :Wie funktioniert urbane Klimaresilienz?

    von Tim-Tih Kost
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    Starkregen und Hochwasser stellen Städte vor immense Herausforderungen. Das macht die Schwammstadt zum neuen Maßstab der modernen Stadtplanung.

    Der Chulalongkorn University Centenary Park in Bangkok
    Der Chulalongkorn University Centenary Park in Bangkok ist ein Vorzeigeprojekt für klimaresiliente Stadtplanung.
    Quelle: ZDF

    Extremwetterereignisse geben dem Klimawandel ein immer deutlicheres Gesicht. Die Bilder der verheerenden Flutkatastrophen in Libyen, Griechenland und Slowenien gehen in diesen Wochen um die Welt. Sie wecken die Erinnerungen an das Jahrhundert-Hochwasser im Ahrtal 2021.  
    Mit dem Entsetzen über das Ausmaß solcher Katastrophen, kommt auch die Erkenntnis, dass die herkömmlichen Entwässerungssysteme unserer Städte zunehmend an ihre Grenzen stoßen.

    Schwammstädte saugen Wasser auf

    Aber was ist die Alternative? Die so genannte Schwammstadt gilt als vielversprechende Lösung im Wettlauf um mehr Klimaresilienz. Die Grundidee von Schwammstädten ist einfach, aber wirkungsvoll: Die Stadt saugt Wassermassen auf, speichert sie und setzt sie bei Bedarf geregelt wieder frei.
    Während die meisten Städte darauf ausgelegt sind, Wasser in Kanalisationen ablaufen zu lassen, imitieren Schwammstädte einen natürlichen Wasserkreislauf. Das gelingt beispielsweise durch das Bepflanzen von Dächern und Gebäudefassaden. So wird Regenwasser gespeichert, das bei Hitze wiederum verdunstet und seine Umwelt abkühlt. Das entlastet auch die Kanalisation.
    In Bangkok plant die Landschaftsarchitektin Kotchakorn Voraakhom grüne Versickerungsflächen als Schutz vor Überflutungen. Gleichzeitig dienen sie den Menschen als Freizeit- und Reisanbaufläche. Eine echte Win-Win-Win-Idee!
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    Können wir mit Extremwetter leben lernen? Mehr Natur und eine nachhaltige Stadtplanung helfen, die Risiken und Schäden zu verringern und die urbane Lebensqualität zu verbessern.
    Auch Straßen, Plätze und andere Flächen werden so gestaltet, dass sie mit dem Wasser und nicht gegen das Wasser funktionieren. Dafür werden sie entsiegelt, und statt Beton und Asphalt werden durchlässige Materialien verwendet: Niederschlag sickert ab und wird durch den Boden auf natürlichem Weg gefiltert. Was nicht von den oberen Bodenschichten aufgenommen werden kann, fließt ins Grundwasser oder in angelegte Wasserspeicher.

    Vorbild-Projekte in Bangkok

    Eine der Pionierinnen in der Planung von Schwammstädten ist die Landschaftsarchitektin Ekotchakorn Voraakhom. Die von ihr konzeptionierten Bauprojekte in ihrer Heimatstadt Bangkok sind für Stadtplaner*innen und Landschaftsarchitekt*innen weltweit wegweisend.
    Aufgrund des ansteigenden Meeresspiegels gehört Bangkok zu den am schnellsten sinkenden Städten Asiens. Die direkt am Delta des Chao Phraya gelegene Stadt sei Hochwasser eigentlich gewohnt, sagt Voraakhom. Doch die Mischung aus massivem Bevölkerungszuwachs, Bodenversiegelung und der Zunahme von Starkregenfällen mache die Stadt zu einem Risikogebiet:

    Nur 15 Minuten Starkregen und die Stadt liegt lahm. Weil da so viel Wasser ist, das abfließen muss - da sind wir überfordert.

    Ekotchakorn Voraakhom

    Jedes Jahr kosten Fluten in Bangkok durchschnittlich 137 Menschen das Leben. Der geschätzte Sachschaden liegt bei sieben Milliarden Dollar pro Jahr.
    Ein Kind mit gelben Gummistiefel steht in einer Pfütze
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    Damit Städte und Gemeinden den gewaltigen Regenmengen künftig nicht ohnmächtig gegenüberstehen, arbeiten Bürgermeister*innen, Stadtplaner*innen und Visionär*innen an Konzepten zum Schutz vor solchen Naturkatastrophen:
    Voraakhom will das ändern. Das Zauberwort ihres Vorhabens lautet Porosität: Je poröser der Boden, desto wasserdurchlässiger. Sie will die Megacity vom Beton befreien und wieder grün und lebenswert machen.
    Ihr Vorzeigeprojekt ist der 2017 fertiggestellte Chulalongkorn University Centenary Park. Die elf Hektar große Anlage im Herzen Bangkoks ist mit einem Neigungsgefälle von drei Grad errichtet worden. So fließt Regenwasser kontrolliert in unterirdische Tanks, Rückhaltebecken und einen eigens angelegten See. Der Park absorbiert bis zu vier Millionen Liter Wasser. Das gesammelte Wasser wird in Zeiten starker Hitze zur Bewässerung oder Kühlung verwendet.

    Auch europäische Städte passen sich an

    Schwammstädte gewinnen auch in Europa zunehmend an Bedeutung. Vor allem Rotterdam und Kopenhagen setzen in ihren Klimaanpassungsstrategien auf die Prinzipien des Konzepts. Aber auch Berlin, Leipzig, Hamburg und andere deutsche Städte orientieren sich mit Projekten an der Idee natürlicher Wasserkreisläufe. Bund und Länder stellen durch verschiedene Programme Förderungen für den Ausbau der Klimaresilienz in Städten bereit.
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