Junge Menschen könnten die Folgen der Pandemie auf ihre psychische Gesundheit noch viele Jahre lang spüren, warnt Unicef. Das sei aber nur "die Spitze des Eisbergs". Ein Überblick.
Laut Ärzteverbänden seien Kinder und Jugendliche in der Corona-Pandemie massiv vernachlässigt worden. Man beobachte psychiatrische Erkrankungen in einem Ausmaß wie nie zuvor.
Das UN-Kinderhilfswerk kommt zu dem Schluss, dass bereits vor der Pandemie ein großer Anteil von ihnen unter psychischen Belastungen litt. Gleichzeitig werde weltweit wenig in ihre psychische Gesundheit investiert.
Unicef-Tweet zur Studie
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Suizid ist vierthäufigste Todesursache bei jungen Menschen
Schätzungsweise jeder siebte junge Mensch zwischen zehn und 19 Jahren (13 Prozent) lebt laut Report mit einer diagnostizierten psychischen Beeinträchtigung. Das entspricht rund 80 Millionen Jugendlichen im Alter von zehn bis 14 Jahren und 86 Millionen Heranwachsenden im Alter von 15 bis 19 Jahren.
Besonders betroffen sind junge Menschen in den Regionen Mittlerer Osten und Nordafrika, Nordamerika und Westeuropa. Am häufigsten werden Angststörungen und Depressionen (40 Prozent) diagnostiziert.
Weltweit nehmen sich jedes Jahr schätzungsweise 45.800 junge Menschen zwischen zehn und 19 Jahren das Leben – einer alle elf Minuten. In der Altersgruppe der 15- bis 19-Jährigen ist Suizid die vierthäufigste Todesursache nach Verkehrsunfällen, Tuberkulose und Gewalttaten.
Häufigste Todesursachen bei jungen Menschen
ZDFheute Infografik
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In entscheidenden Phasen der Entwicklung von Kindern können die Erfahrungen, die sie machen, sowie ihr Lebensumfeld ein Risiko für ihre mentale Gesundheit darstellen – oder sie können dabei helfen, die Kinder zu schützen. Drei Bereiche beeinflussen die psychische Gesundheit:
das Zuhause des Kindes und sein Erziehungsumfeld
Sicherheit und Bindungen in Kindertageseinrichtungen, Schulen und Gemeinden
Einflussfaktoren wie Armut, Naturkatastrophen oder Diskriminierung
Kinder seien laut Report häufig die Hauptleidtragenden in humanitären Krisen: 2018 waren hierdurch 415 Millionen Mädchen und Jungen Stresssituationen und traumatischen Erlebnissen ausgesetzt.
Von Februar bis Juni 2021 moderierte Unicef Fokusgruppendiskussionen für Jugendliche im Alter von 10 bis 14 Jahren und 15 bis 19 Jahren in Belgien, Chile, China, der Demokratischen Republik Kongo, Ägypten, Indonesien, Jamaika, Jordanien, Kenia, Malawi, Schweden, der Schweiz und den Vereinigten Staaten. Die Diskussionen folgten einem Leitfaden, der von Unicef, der Johns-Hopkins-Universität (JHU) und lokalen Partnern entwickelt wurde. Der Report enthält qualitative Daten aus diesen Diskussionen.
Pandemie "nur die Spitze des Eisbergs"
Die Folgen der Covid-19-Pandemie für die mentale Gesundheit seien besorgniserregend, so Unicef. Bei einer Befragung in 21 Ländern sagen im Durchschnitt 19 Prozent der 15- bis 24-Jährigen, dass sie sich in der ersten Jahreshälfte 2021 oft deprimiert gefühlt haben oder wenig Interesse an Dingen hatten oder daran, etwas zu unternehmen. In Deutschland gab das einer von vier der befragten jungen Menschen an (24 Prozent).
"Es waren lange 18 Monate für uns alle – insbesondere für Kinder. Aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen haben Kinder prägende Abschnitte ihres Lebens ohne ihre Großeltern oder andere Angehörige, Freunde, Klassenzimmer und Spielmöglichkeiten verbracht – Schlüsselelemente einer jeden Kindheit", stellt Unicef-Direktorin Henrietta Fore fest. "Die Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche sind gravierend."
Geringe Investitionen in psychische Gesundheit
83 Prozent der Menschen zwischen 15 und 24 Jahren sagen, dass sich psychische Probleme besser bewältigen lassen, wenn man seine Erfahrungen mit anderen teilt und sich Hilfe sucht. In Deutschland sind sogar 91,7 Prozent der jungen Menschen dieser Meinung.
Trotz des großen Bedarfs betragen die Regierungsausgaben für mentale Gesundheit im globalen Durchschnitt nur 2,1 Prozent der Gesundheitsausgaben insgesamt. In einigen der ärmsten Länder geben Regierungen durchschnittlich weniger als einen US-Dollar pro Person für die Behandlung aus. In Entwicklungs- und Schwellenländern kommen auf 100.000 Einwohner*innen im Schnitt 0,1 Psychiater*innen, die sich auf Kinder und Jugendliche spezialisiert haben. In den Industrieländern sind es 5,5 pro 100.000.
Wer mit ähnlichen Erfahrungen kämpft, kann unter anderem folgende Beratungsangebote nutzen:
Telefonseelsorge (0800 /1110111 oder 0800 /1110222)
Nummer gegen Kummer (116111 oder 0800 /1110333)
Wie psychische Gesundheit gestärkt werden kann
Unicef ruft mit seinem Bericht Regierungen und Partner aus der Privatwirtschaft und die Öffentlichkeit dazu auf, die psychische Gesundheit von jungen Menschen und Betreuenden zu fördern und gefährdete Kinder zu schützen, und fordert:
mehr Investitionen in die psychische Gesundheit in allen Bereichen der Gesellschaft
Maßnahmen zur Förderung der psychischen Gesundheit sollten ausgeweitet werden
Schulen sollten Hilfsangebote ausbauen und Kinder durch ein positives Lernumfeld unterstützen
"Die Förderung der psychischen Gesundheit junger Menschen ist kein Luxus, sondern ein wichtiger Beitrag für ihr Wohlbefinden, ihre Entwicklung und ihre Teilhabe am Leben", erklärt Christian Schneider, Geschäftsführer von Unicef Deutschland.
Die Pandemie hat viele Spuren in unserer Gesellschaft hinterlassen: manche sichtbar, viele unsichtbar. Besonders die Situation von Kindern und Jugendlichen legt offen, dass neben der physischen auch die psychische Gesundheit wichtig ist.
von Henriette de Maizière
2:27 min
Quelle: Mit Material aus dem Bericht von "Unicef – The State of The World´s Children Report 2021"