WHO: Vogelgrippe-Risiko für Menschen wächst

    Virus überspringt Artenschranken:WHO: Vogelgrippe-Risiko für Menschen wächst

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    Die Vogelgrippe weitet sich aus: nicht nur bei Vögeln, sondern auch bei Säugetieren. Die Weltgesundheitsorganisation sieht in dieser Ausbreitung auch Gefahren für Menschen.

    Mann in Schutzkleidung mit Vogel-Kadaver.
    Vogelgrippe bricht in Geflügelhöfen von Deutschland und Dänemark aus
    Quelle: dpa

    Mit der Ausweitung der Vogelgrippe wachse auch die Gefahr für eine Ausbreitung unter Menschen, warnt die Weltgesundheitsorganisation (WHO). "Das ist kein Anlass zur Panik", sagte die Direktorin der WHO-Abteilung für die Vorbereitung auf Infektionsgefahren, Sylvie Briand, am Mittwoch in Genf. "Aber wir müssen prüfen, wie gut wir vorbereitet sind."

    Vogelgrippe fast auf jedem Kontinent

    Die Vogelgrippe grassiert derzeit in bislang nicht bekanntem Ausmaß: Außer in Australien und der Antarktis gibt es auf allen Kontinenten Nachweise. Zig Millionen Tiere starben bereits, insbesondere Seevögel.
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    Zudem ist das Virus bei rund 30 Säugetierarten entdeckt worden. Es hat Nerze, Füchse, Waschbären, Marder, Bären und andere Tiere infiziert und getötet. Auch bei einem Schweinswal in der Ostsee war das Virus im vergangenen Sommer nachgewiesen worden, wie Timm Harder vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) bei Greifswald sagt.

    Nicht nur Vögel betroffen

    "Das Virus breitet sich nicht nur aus, es überspringt auch leichter die Artenschranken", sagte Briand. "Das stellt ein höheres Risiko auch für Menschen dar." Je stärker ein Virus sich ausbreite, desto höher sei auch die Gefahr, dass es sich verändere und für den Menschen gefährlicher werden könne.
    Bei der derzeit kursierenden H5N1-Entwicklungslinie 2.3.4.4b ist nach FLI-Angaben erst ein Todesfall bei Menschen erfasst: Im Oktober starb eine 38-jährige Chinesin nach Kontakt zu infiziertem Hausgeflügel.
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    Eine Ursache: Fehlender Lebensraum für Tiere

    Das hat mit dem menschlichen Verhalten zu tun.

    May Hokan, Tierärztin Umweltstiftung

    Warum wächst die Gefahr, dass Viren von Tieren auf den Menschen überspringen? Die Ausweitung der Wohngebiete, des Straßennetzes, die Entwaldung - das schränke den Lebensraum wilder Tiere immer mehr ein. Wichtig seien mehr Schutzgebiete als Rückzugsraum für Wildtiere.
    Die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt müsse auf allen Regierungsebenen viel stärker zusammengedacht werden, verlangt die WHO. Sie treibt den Ansatz One Health (Eine Gesundheit) mit der Vernetzung mit den UN-Organisationen für Agrar (FAO), Umwelt (UNEP) und Tiergesundheit (WOAH) voran und hat Regierungen in aller Welt aufgerufen, diesen Grundsatz in ihrer eigenen Politik umzusetzen.

    Weg von der Massentierhaltung

    Mareike Petersen vom Verein ProVieh fordert, die Tierhaltung müsse dringend geändert werden, auf kleinere Gruppen. Das verringere die Ausbreitung von Krankheiten und erlaube den Tieren arteigene Verhaltensweisen auszuleben: freies Laufen, Flattern und ungestörtes Ruhen.
    Die Bedeutung der Geflügelhaltung hält auch FLI-Experte Harder für zentral. Dort gebe es die größten Schnittstellen mit dem Menschen und das Risiko, dass das Virus direkt auf den Menschen überspringe.
    "Wir dürfen nicht nachlassen in unseren Aktivitäten, dem Virus auf der Spur zu bleiben und vor allen Dingen die Infektionen aus Haltungen - klein oder groß - herauszuhalten", sagte Harder, der das Nationale Referenzlabor für Aviäre Influenza am FLI leitet.

    Infektionsrate sinkt nicht mehr

    Jahrelang grassierte die Vogelgrippe hierzulande im Zusammenhang mit dem Vogelzug nur saisonal. Zuletzt gab es ganzjährig Infektionen. Das FLI registriere derzeit etwa 20 bis 40 Fälle bei Wildvögeln in Deutschland pro Woche. "Erstmal deutet sich da kein Nachlassen an", sagte Harder.
    Quelle: Christiane Oelrich und Christopher Hirsch, dpa

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