Armenien: Bergkarabach als Teil Aserbaidschans anerkennen

    Konflikt mit Aserbaidschan:Armenien bereit, Bergkarabach aufzugeben

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    Armenien erwägt, die umkämpfte Region Bergkarabach an Aserbaidschan abzugeben - und droht, aus der Militärallianz mit Russland auszutreten. Der Konflikt dauert bereits Jahrzehnte.

    Nikol Paschinjan, Ministerpräsident von Armenien
    Im Streit um die Region Bergkarabach hat Armenien Aserbaidschan einen Lösungsvorschlag unterbreitet. Das erklärte Armeniens Ministerpräsidenten Nikol Paschinjan. (Archivbild)
    Quelle: dpa

    Die Ex-Sowjetrepublik Armenien ist laut der Regierung bereit, unter bestimmten Umständen die seit Jahrzehnten umkämpfte Region Bergkarabach als Teil des benachbarten Aserbaidschans anzuerkennen.
    Zu den Gebieten, die Eriwan als aserbaidschanisches Territorium anerkannt habe, gehöre auch Bergkarabach, sagte Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan auf einer Pressekonferenz am Montag. Die Frage der Rechte und Sicherheit der armenischen Bevölkerung in Bergkarabach müsse im Format zwischen Baku und der Hauptstadt Bergkarabachs, Stepanakert, besprochen werden, fügte er hinzu.
    Bergkarabach: Eine Region wird blockiert

    Armenien: Kritik an russisch geführter Militärallianz

    Paschinjan hatte wegen der seiner Ansicht nach mangelnden russischen Unterstützung im Konflikt mit Aserbaidschan mit dem Rückzug aus der von Moskau geführten Militärallianz "Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit" (OVKS) gedroht. Bei einer Pressekonferenz in Eriwan sagte er am Montag, er schließe nicht aus, dass Armenien die Entscheidung treffen wird, sich aus der OVKS zurückzuziehen.

    Wir haben angefangen, Sicherheitsfragen mit unseren westlichen Partnern zu diskutieren, weil wir merken, dass das Sicherheitssystem in der Region nicht funktioniert.

    Nikol Paschinjan, Regierungschef Armeniens

    Zuletzt hatte sich die armenische Regierung zunehmend frustriert über die aus ihrer Sicht unzureichenden Bemühungen Russland geäußert, Armenien gegen die militärische Bedrohung durch Aserbaidschan zu schützen.

    Karte: Armenien - Aserbaidschan - Bergkarabach
    Quelle: ZDF

    Der Konflikt um Bergkarabach ist Jahrzehnte alt. Das weitgehend von Armeniern besiedelte Gebiet unterstand einst armenischen Fürsten, ehe es Anfang des 19. Jahrhunderts an das russische Zarenreich fiel. Mit Gründung der Sowjetunion wurde das Gebiet aufgeteilt. 1923 fiel ein Teil an die aserbaidschanische Sowjetrepublik, das Kernland wurde ein autonomer Bezirk.

    1988 stellte das Gebiet den Antrag, von der Unionsrepublik Aserbaidschan zur Unionsrepublik Armenien zu wechseln. Nach Zerfall der Sowjetunion wurde 1992 die Republik Bergkarabach ausgerufen. Sie ist allerdings diplomatisch von keinem Staat anerkannt - auch nicht von Armenien.

    Seitdem gibt es immer wieder blutige Kämpfe mit inzwischen mehreren Zehntausend Toten. Beide Seiten werfen sich Völkermord vor. 2020 kam es erneut zu einem Krieg um die Region, in dessen Folge Aserbaidschan die Kontrolle über weitere Teile gewann. Und im September 2022 hat Aserbaidschan armenisches Kernland angegriffen - mit mehr als 200 Toten auf armenischer Seite und dokumentierten Kriegsverbrechen.

    Bergkarabach: Konflikte dauern seit Jahrzehnten an

    Aserbaidschan und Armenien liefern sich seit Jahrzehnten einen Konflikt um Bergkarabach. In den 1990er-Jahren konnte sich die mehrheitlich von Armeniern bewohnte Region in einem blutigen Bürgerkrieg von Aserbaidschan lösen. 2020 holte Baku nach neuen Kämpfen über ein Waffenstillstandsabkommen die Kontrolle über einen Teil des Gebiets zurück. Eine russische Friedenstruppe soll die Einhaltung des Abkommens überwachen.
    Die Schriftstellerin Ashkhen Arakelyan und der aserbaidschanische Fotograf Ahmed Muchtar stehen neben einem gestarteten Marschflugkörper.
    Bis heute erheben Armenien und Aserbaidschan Anspruch auf Bergkarabach. 2020 bricht erneut ein Krieg aus. Mittlerweile kontrolliert Russland die Region und profitiert vom Konflikt.08.09.2022 | 44:38 min

    Armenien: Neue Unruhen befürchtet

    Der Waffenstillstand ist allerdings brüchig. Bis zuletzt kam es immer wieder zu Gefechten zwischen beiden Seiten. Die Kämpfe weiteten sich auch auf andere Grenzgebiete Armeniens und Aserbaidschans aus.
    Die armenische Regierung gilt als schwer angeschlagen durch die Niederlage im Krieg gegen den Nachbarn Aserbaidschan. Viele Armenier empfinden die Bedingungen des Waffenstillstands, in dem Eriwan auf Teile Bergkarabachs verzichtete, als erniedrigend.
    Eine völlige Aufgabe der Region dürfte Beobachtern zufolge neue Unruhen in Armenien hervorrufen.
    Quelle: dpa, AFP

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