Putins Einfluss? Attacken aus Lateinamerika auf Berlin

    Putins Einfluss?:Warum Berlin in Lateinamerika kritisiert wird

    von Tobias Käufer
    |

    Nicaragua verklagt Deutschland, Venezuela nimmt die Deutsche Welle aus dem Kabelnetz. Linksautokratien in Lateinamerika nehmen Berlin zunehmend ins Visier. Was sind die Gründe?

    Richter des Internationalen Gerichtshofs während des Prozessauftakts zwischen Nicaragua und Deutschland
    Nicaraguas Präsident Ortega hat vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag Klage gegen Deutschland eingereicht. Er beschuldigt das Land der Beihilfe zum Völkermord in Gaza.08.04.2024 | 1:32 min
    Die "Deutsche Welle" sei ein "Nazi-Kanal", Berlin unterstütze den Völkermord im Gaza-Streifen: Gleich zwei Attacken kamen in den vergangenen Tagen aus den lateinamerikanischen Linksdiktaturen Nicaragua und Venezuela Richtung Berlin. Einmal ist die Bundesregierung das Ziel, einmal der deutsche Auslandssender Deutsche Welle.
    Archiv: Venezuelas Präsident Nicolas Maduro trifft sich am 20. Februar 2024 im Miraflores-Palast in Caracas, Venezuela, mit Russlands Außenminister Sergej Lawrow (nicht abgebildet).
    Venezuelas Machthaber Nicolas Maduro bezeichnete den Auslandssender Deutsche Welle als einen "Nazi-Kanal".
    Quelle: Reuters

    Die Angriffe erfolgen wenige Tage, nachdem der Sekretär des russischen Sicherheitsrates, General Nikolai Patruschew, in Managua und Caracas zu Gast war. Fast zeitgleich hatte einer der wichtigsten Gefolgsleute Wladimir Putins, Ex-Ministerpräsident Dmitri Medwedew, mit Blick auf die deutsche Militärhilfe für die Ukraine eine alte Weltkriegsforderung "Tod den Faschisten" zitiert. Mit der Begründung, die Ukraine "entnazifizieren" zu wollen, hatte Moskau auch den militärischen Überfall auf das Nachbarland begründet.
    Xi Jingping Chinas Präsident
    Trotz des Ukraine-Kriegs stehen viele Länder an Russlands Seite. Die ZDF-Korrespondenten wollen herausfinden, warum. Eine Spurensuche in China, Brasilien, Südafrika und Thailand.22.02.2023 | 62:37 min

    Maduro attackiert Deutsche Welle

    Venezuelas Machthaber Nicolas Maduro nannte in seiner eigenen TV-Sendung "Con Maduro" den Auslandssender Deutsche Welle einen "Nazi-Kanal". Vorausgegangen war eine Berichterstattung über Verbindungen der Maduro-Regierung mit einem Drogenkartell.
    Als Reaktion darauf nahmen die Behörden die Deutsche Welle aus dem venezolanischen Kabelnetz. Kommunikationsminister Freddy Nanez unterstellte dem Auslandssender, der seit Jahren kritisch über die schlechte Menschenrechtslage in Venezuela berichtet, Diffamierung, Lügen und die Verbreitung von Hass und warf dem Auslandssender zudem vor, "den Genozid in Gaza zu vertuschen".

    Nicaragua verklagt Deutschland

    Wenige Tage zuvor hatte das mittelamerikanische Land Nicaragua eine Klage gegen Deutschland beim Internationalen Strafgerichtshof eingereicht. Die Regierung des linksautokratischen Machthabers Daniel Ortega bezichtigt Berlin, für die Zustände in Gaza mitverantwortlich zu sein. Gründe seien politische, finanzielle und militärische Unterstützung Israels und die Streichung der Mittel für das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA.
    Deutschland hatte zuvor, neben anderen westlichen Ländern, die Zahlungen an das Palästinenserhilfswerk vorerst eingestellt. Dies war eine Reaktion auf die aufgekommenen Vorwürfe, wonach UNRWA-Mitarbeiter am verheerenden Terror-Angriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober beteiligt gewesen sein sollen.
    Vorwürfe UNRWA-Mitarbeiter
    Schwere Vorwürfe aus Israel: Mitarbeiter des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) sollen sich am Überfall auf Israel am 7. Oktober beteiligt haben.29.01.2024 | 2:13 min

    Experte: Sympathien im linken Lager sammeln

    Für diesen Angriff auf Deutschland gebe es zwei Gründe, sagt Vladimir Rouvinski von der Icesi-Universität im kolumbianischen Cali im Gespräch mit ZDFheute.

    Es ist ein Versuch, das System des Internationalen Gerichtshofs zu verhöhnen. Eine Art Test, ob das System bereit ist, diese Art von Anschuldigungen zu akzeptieren.

    Vladimir Rouvinski, Icesi-Universität

    Außerdem, so der Experte für russisch-lateinamerikanische Beziehungen, sei es ein Versuch, Sympathien im linken Lager einzusammeln, denn Gaza sei für die lateinamerikanische Öffentlichkeit "sehr präsent".

    Enge Verbündete Moskaus: Venezuela und Nicaragua

    Venezuela und Nicaragua gelten als enge Verbündete Moskaus. Ortega sympathisierte stets mit den alten Ostblockstaaten und ließ einst die nach dem Zusammenbruch der DDR im Exil in Chile lebende Margot Honecker zu einer Parade nach Managua einfliegen. Beide Länder behindern die Teilnahme der Opposition an Wahlen massiv.
    Nicaragua werde von der Familie Ortega in eine russische Plattform von sicherheits- und geopolitischen Fragen verwandelt, warnte die legendäre sandinistische Guerillera-Kämpferin Dora Maria Tellez, die einst mit Ortega gegen die blutige Somoza-Diktatur kämpfte.

    Was Putin will, ist, die Vereinigten Staaten aus Nicaragua zu drängen, damit er seine Probleme lösen kann.

    Ex-Guerillera Dora Maria Tellez aus Nicaragua

    Inzwischen werfen Tellez und andere ehemalige Mitstreiter Ortega vor, das Land mit Unterstützung aus Russland in eine Diktatur verwandelt zu haben. Im Gegenzug dafür gebe es nun Rückendeckung für Moskau.

    Mehr Nachrichten aus Lateinamerkia