Dänemark: Banden rekrutieren Teenager aus Schweden
Welle der Gewalt in Dänemark:Dänische Banden rekrutieren junge Schweden
von Winnie Heescher
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Dänemark hat einen Sommer hinter sich mit Schießereien, Überfällen und Toten. Die Täter: Teenager aus Schweden. Klare Verantwortung also? Ganz so einfach ist es nicht.
Die Bandenkriminalität in Dänemark steigt. Angriffe, Schießereien bis hin zu Auftragsmorden werden zunehmend von schwedischen Jugendlichen in Dänemark ausgeführt.
Quelle: dpa
Am Mittwoch kommt der schwedische Justizminister Gunnar Strömmer nach Kopenhagen, um seinen dänischen Amtskollegen Peter Hummelgaard zu treffen. Das wäre keine große Nachricht, wenn Hummelgaard dem Kollegen zuvor nicht deutliche Worte über die Grenze geschickt hätte: Schweden solle endlich "sein Schlamassel beseitigen" und "seine eigene Gesellschaft aufräumen". Der Streit eskaliert aus aktuellem Anlass: Seit April dieses Jahres gab nach Angaben der dänischen Polizei mehr als 25 Fälle, in denen Straftaten in Dänemark von jungen Schweden ausgeführt wurden: Angriffe, Schießereien bis hin zu Auftragsmorden.
Zuletzt traf es einen kleinen Kiosk in Kopenhagen, bei dem der Besitzer einen Anschlag mit Handgranaten nur überlebte, weil er seinen Kiosk kurz verlassen hatte, um einem gestürzten Radfahrer auf der Straße aufzuhelfen. Verhaftet wurden zwei junge Schweden, ein Mann, eine Frau, beide 24 Jahre alt, die in Richtung Malmö fliehen wollten. Meistens aber waren die Täter in den vergangenen Wochen noch viel jünger, oft Minderjährige.
Die Zahl krimineller Banden in Schweden nimmt weiter zu. Die Täter werden immer jünger und es gibt immer häufiger Tote durch Schusswaffen.19.07.2024 | 2:23 min
Dänemark warnt vor "schwedischen Kindersoldaten"
"Kindersoldaten" nannte sie Justizminister Hummelgaard. "Wir wollen nicht, dass Kindersoldaten aus dem schwedischen Bandenmilieu in Dänemark herumlaufen und versuchen, auf Befehl Verbrechen zu begehen", sagte er Anfang August. In Schweden hat man sich über diese Worte sehr geärgert, dort glaubt man, dass die Dänen die Vorfälle zu einseitig betrachten.
Und weiß doch auch um die eigene Verantwortung: Seit Jahren eskaliert in Schweden die Bandenkriminalität. Nicht nur Großstädte wie Stockholm oder Göteborg erleben täglich Gewalt, auch in beschaulicheren Kleinstädten sind Schießereien mittlerweile Alltag. Schweden rangiert bei der Todesrate durch Schusswaffen in den vergangenen Jahren in Europa immer auf den vordersten Plätzen.
Ausgerechnet im idyllischen Schweden steigt die Mordrate. Staat und Politik scheinen hilflos gegenüber der ausufernden Bandengewalt. Die Täter werden immer jünger.15.05.2024 | 6:27 min
Dänische Banden heuern schwedische Teenager über soziale Medien an
Dänemark fürchtet seit langem, dass diese Gewalt zu ihnen hinüberschwappt. Ganz so schwarz-weiß ist die Geschichte jedoch nicht: Es sind schließlich dänische Banden, die die schwedischen Teenager über soziale Medien anheuern. In Telegram-Gruppen werden Preislisten aufgerufen - je nach Auftrag und Berühmtheit des Opfers mehrere zehntausend Euro bis hin zu Millionenbeträgen. Man sieht sich digital nicht und muss sich selbst nicht die Hände schmutzig machen.
Experten weisen darauf hin, dass die Jugendkriminalität in Dänemark historisch niedrig sei. Das ergebe nur einen kleinen Rekrutierungspool für einheimische Banden - umso willkommener die Möglichkeit, über das Netz in Schweden nach Freiwilligen zu fischen, die die Drecksarbeit machen, sagt der Soziologe Aydin Soei im dänischen Fernsehen. Und diese Jugendlichen glaubten, in Dänemark so behandelt zu werden wie in Schweden: mit einem gemäßigten Jugendstrafrecht und Strafen bis zu maximal vier Jahren Haft. Was nicht stimmt: In Dänemark ist das Jugendstrafrecht härter. Zuletzt wurde ein 17-jähriger Schwede, der an einem Doppelmord beteiligt war, zu 20 Jahren Haft verurteilt, so Aydin Soei.
Die Opfer sterben durch Gewalt zwischen rivalisierenden Banden oder weil ein Streit zwischen Großfamilien eskaliert. In kaum einem anderen europäischen Land werden so viele Menschen durch Organisierte Kriminalität getötet wie in Schweden.07.02.2023 | 11:49 min
Dänemark hat als Konsequenz auf die Vorfälle in diesem Sommer Grenzkontrollen verstärkt: Es werden mehr Polizisten in den Zügen zwischen Malmö und Kopenhagen eingesetzt. In Kopenhagen hat die Polizei das Recht, in bestimmten Regionen, sogenannten Besuchszonen, Personen und Fahrzeuge ohne konkreten Verdacht zu durchsuchen. Weitere Maßnahmen wollen die beiden Minister besprechen. Ob die dann etwas nützen, ist fraglich. In Schweden hat die Politik die Armee in die Städte geschickt, die von Bandenkriminalität besonders betroffen sind. Bislang ohne großen Erfolg.
Winnie Heescher ist Skandinavien-Korrespondentin im ZDF-Studio Kiel.
Kopenhagens Freistadt Christiania ist berüchtigt für ihre "Pusher Street". Die Drogenmeile wird aber immer stärker von Gangs dominiert - jetzt haben die Einwohner die Nase voll.
Quelle: dpa
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