Frankreich: Klimawandel beschleunigt Erosion der Küsten
Erosion in Frankreich:Die Küste kommt immer näher
von Lukas Nickel, Paris
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Frankreichs Küsten bröckeln. Extreme Wettereignisse und ein steigender Meeresspiegel beschleunigen das Phänomen. Wer kann, passt sich an.
Starkwetterereignisse und der steigende Meeresspiegel machen den Küsten in Frankreich zu schaffen. Die Erosion bedroht auch alte Gebäude - nicht alle können gerettet werden.
Quelle: ZDF
Schöner kann die Kirche von Varengeville kaum gelegen sein: auf einem Berg direkt am Meer, Panoramablick auf die berühmten Steilküsten der Normandie. Doch in einigen Jahren wird die Kirche samt vorgelegenem Friedhof vom Einsturz bedroht sein, denn die Steilküste kommt immer näher.
Küstenerosion in Frankreich schreitet voran
Die Anlage sei im 12. Jahrhundert gebaut worden, damals noch mit etwa 400 Metern Abstand zur Klippe, erklärt Jean-Pierre Rousseau vom Verein der Kirchenfreunde in Varengeville. Heute handele es sich um etwa 40 Meter. Rousseau deutet auf einen grün bewachsenen Abhang. Dort seien schon einige Grabsteine hinuntergestürzt.
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Sie könnten die Kirche um einige hundert Meter versetzen, doch das aufwendige Projekt würde mehrere Millionen Euro kosten. Rousseau hat wenig Hoffnung: "Das wird nicht finanzierbar sein. Es gibt in Frankreich viele historische Gebäude, die von Erosion angegriffen werden und man kann sie nicht alle retten."
Folge von Extremwetterereignissen
Diese Küstenerosion ist ein natürliches Phänomen. Aber extreme Wetterereignisse wie starke Regenfälle oder auch Dürreperioden würden den Klippen zusetzen, die gleichzeitig durch Wellengang und den Anstieg des Meeresspiegels von unten angegriffen würden, erklärt Pierre Vigné vom französischen Forschungszentrum CEREMA das sich unter anderem mit Umweltrisiken beschäftigt.
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Bis 2100: Über eine halbe Million Hektar betroffen?
Ein weiteres Problem, so Vigné: An Teilen der Küste seien schon mehrere Meter Küste auf einmal abgebrochen: "40 Meter Steilküste, von denen man dachte, sie würden in 100 Jahren abfallen, sind plötzlich niedergestürzt. Das ist das Besorgniserregende an diesem Steilküstenabschnitt".
Prognosen des Forschungszentrums zufolge könnten bis zum Jahr 2100 mehr als eine halbe Million Hektar Landfläche von Küstenerosion in ganz Frankreich betroffen sein, darunter Wohnhäuser, Straßen, Monumente - und damit Schäden in Milliardenhöhe.
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Quiberville passt sich an
Betroffene Gemeinden sind gezwungen, sich anzupassen - so auch Quiberville, ein paar Kilometer östlich von Varengeville. Im Sommer ist die Stadt ein beliebter Urlaubsort, vor allem der große Campingplatz am Meer war lange beliebt. Doch zur Küstenerosion kommt hier noch ein zweites Problem hinzu: Starke Regen und ein steigender Meeresspiegel machen auch Hochwasser in dem Gebiet immer wahrscheinlicher.
Der Bürgermeister Jean-Francois Bloc hat die Reißleine gezogen und den ganzen Campingplatz ein paar hundert Meter landeinwärts verlegt. Kostenpunkt: 8,6 Millionen Euro. Ein großer Teil des Geldes kommt von der Europäischen Union und vom französischen Staat.
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Finanzhilfen von EU und Frankreich notwendig
Der ganze Prozess habe mehr als 20 Jahre gedauert, sagt Block: "Das war ein ziemlich langer Weg." Ohne die Finanzhilfen der Europäischen Union und des französischen Staats wäre der Umzug des Campingplatzes zu teuer für die Gemeinde gewesen, die im Winter gerade einmal etwa 600 Einwohner*innen zählt.
Für einige der Gäste war das kompliziert, denn es gab hier viele Menschen, die einen großen Teil des Jahres verbrachten.
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Camille Goulm, Leiterin des Camping Platzes
Diese Gäste waren von Saisonbeginn bis Saisonende auf dem Campingplatz, erklärt die Leiterin Camille Goulm. Und dann konnten sie auf einmal nicht mehr an den alten Platz. Dies sei schwierig für sie gewesen, so Camille Goulm, die Leiterin des Campingplatzes.
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Immobilien an Frankreichs Küste verlieren an Wert
Diese Probleme an der Küste haben auch Auswirkungen auf den Immobilienmarkt. Es gebe Häuser in Klippennähe, die vor ein paar Jahren noch 300.000 Euro wert gewesen seien und jetzt für die Hälfte oder weniger zum Verkauf stünden, erklärt Immobilienhändler Sylvain Robbe."Die Eigentümer wissen heute, dass sie günstiger verkaufen müssen, denn sie wissen nicht, welchen Preis sie in einigen Jahren noch für ihre Immobilie erzielen können", so Robbe.
Frankreichs Gemeinden müssen sich anpassen - und Betroffene in Küstennähe früher oder später umziehen.
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von Tobias Bluhm und Alina Reissenberger
Quelle: dpa
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