Präsidentschaftswahl in Russland: Putins Strategie

    Analyse

    Wahl in Russland:Drei Prinzipien: So sichert Putin seine Macht

    von Nina Niebergall und Armin Coerper
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    In Russland will sich Wladimir Putin wiederwählen lassen. Eine demokratische Abstimmung ist es nicht. Der Alleinherrscher festigt damit seine Macht. Wie wurde Putin so mächtig?

    Wladimir Putin vor russischer Flagge, daneben das auslandsjournal-Logo
    Er täuscht seine Gegner, verbreitet Angst und Schrecken und gibt sich als neuer Zar. Wladimir Putin herrscht mit eisernen Mitteln. Ist Russlands Präsident wirklich unberechenbar?15.03.2024 | 21:10 min
    Einst wurde er von Ex-Kanzler Gerhard Schröder als "lupenreiner Demokrat" bezeichnet. Heute wandelt Wladimir Putin den russischen Staat mehr und mehr hin zu einer Diktatur. Bei der sogenannten Präsidentschaftswahl steht er längst als Sieger fest. Russland ist Putin-Land. Das schafft er mit drei Prinzipien, die die ZDF-Korrespondenten Nina Niebergall und Armin Coerper analysiert haben.
    Passanten in der Fußgängerzone in Sankt Petersburg. Im Hintergrund ein großes digitales Werbeplakat von Wladimir Putin.
    Unter Ausschluss der Opposition hat in Russland eine umstrittene Präsidentenwahl für den Machterhalt von Kremlchef Wladimir Putin begonnen. Im flächenmäßig größten Land der Erde öffneten die Wahllokale am Freitag zuerst im äußersten Osten.15.03.2024 | 2:29 min

    Wladimir Putin täuscht seine Gegner

    Das erste Prinzip Putins lautet: Täusche deinen Gegner. Während seiner Zeit beim KGB - dem Geheimdienst der Sowjetunion - lernte der junge Putin einen einfachen Trick: Immer das sagen, was das Gegenüber hören will. So erschleiche man sich das Vertrauen seiner Gegner.
    Die Liste der Beispiele dafür ist lang. 2001 etwa, in seiner Rede im Deutschen Bundestag, war sein Ziel, den Westen zu beruhigen.

    Das Hauptziel der Innenpolitik Russlands ist vor allem die Gewährleistung der demokratischen Rechte und der Freiheit […].

    Wladimir Putin in 2001, Präsident Russische Föderation

    Er stellte Russland als zuverlässige Demokratie dar. Viele glaubten ihm, manche bis heute. Das war auch bequem: Deutschland profitierte jahrelang vom günstigen Gas aus Russland. Mit der Besetzung der Krim 2014 und spätestens mit der Invasion der Ukraine im Februar 2022 war die Illusion des friedlichen Russlands aber vorbei.
    Eine riesige digitale Plakatwand zeigt den russischen Präsidenten und Präsidentschaftskandidaten Wladimir Putin in St. Petersburg.
    Kurz vor der Wahl gibt sich Putin im russischen Staatsfernsehen als Kriegsherr, verbreitet Propaganda über die Ukraine und den Westen. Ein Hinwegtäuschen über die Unruhen im Land?13.03.2024 | 2:35 min
    Die Propaganda des Kremls verfängt auch im eigenen Land. Mehr als Dreiviertel der Russen unterstützen den russischen Krieg in der Ukraine. Das ermittelte das Lewada-Zentrum, ein unabhängiges Meinungsforschungsinstitut aus Russland.

    Die Masse der Bevölkerung findet das, was sich ereignet, eher richtig. Russland nimmt an einem Konflikt teil, den die meisten gerecht finden, auch weil die Medien das so vermitteln.

    Denis Wolkow, Lewada-Zentrum

    Umgang mit Kreml-Kritikern: Angst und Schrecken verbreiten

    Das zweite Prinzip Putins zielt auf seine Gegner ab: Verbreite Angst und Schrecken. Alexej Nawalny ist wohl der prominenteste Fall für die systematische Abschreckung aller Kreml-Kritiker. Aber nicht der erste. Schon seit Jahren sterben russische Oppositionelle auf ominöse Art und Weise oder werden gar auf offener Straße ermordet, mutmaßlich auf den Befehl von Präsident Putin.
    Ein Russe steckt den Wahlzettel in die Wahlurne
    Dass Putin wiedergewählt wird, steht außer Frage. Dennoch gibt es Kreml-Kritiker und Oppositionelle im Land. Sie leben gefährlich.13.03.2024 | 6:46 min
    So wurde 2006 die kremlkritische Journalistin Anna Politkowskaja an Putins Geburtstag erschossen. 2015 kam Politiker Boris Nemzow ums Leben. Auch der ehemalige Chef der Wagner-Gruppe, Jewgeni Prigoschin, starb, nachdem er mit seinen Söldnern Richtung Moskau marschiert war.

    Sie haben es nicht mit einem Politiker zu tun, sondern mit einem verdammten Monster. Putin ist der Anführer einer organisierten Verbrecherbande.

    Julija Nawalnaja, Witwe von Alexej Nawalny

    Für jede Kritik am Krieg drohen inzwischen mehrere Jahre Haft. Man muss nicht einmal Politiker sein, um hinter Gittern zu landen, auch "normale Menschen" können denunziert werden.

    Macht: Russland ist "Putin-Land"

    Zuletzt gilt in Russland das Prinzip: Russland ist Putin-Land. Der Präsident regiert zunehmend wie einst die russischen Zaren: Als ob ihm Russland und seine Untertanen persönlich gehörten. Auch wirtschaftlich: Russlands Reichtum liegt in den Händen von wenigen - vor allem den superreichen Oligarchen. Wer allerdings unter ihnen Putin nicht treu ist, bekommt Probleme.
    Wladimir Putin
    Wladimir Putin und Boris Jelzin
    Wladimir Putin
    Wladimir Putin
    Wladimir Putin und Dmitri Medwedew
    Wladimir Putin
    Wladimir Putin
    Wladimir Putin
    Wladimir Putin

    So lange ist Putin schon an der Macht

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    Quelle: dpa/Kremlin Pool


    Genau das hat Putins Gegner Alexej Nawalny immer wieder angeprangert: Putins Reichtümer, seine Paläste, die Korruption, die nötig war, um solche Reichtümer anzuhäufen. Vor einem Jahr etwa veröffentlichte das Nawalny-Team Recherchen zur 700-Millionen-Megajacht Scheherazade, die von Putins Sicherheitsdienst betreut werden soll.
    Gesellschaftspolitisch gibt Putin einen Lebensstil vor, dem das russische Volk zu folgen hat: in traditionellen Rollenbildern, Familien mit vielen Kindern. Wer ausschert, etwa offen homosexuell oder als Transgenderperson lebt, muss mit hohen Geldstrafen rechnen - sogar mit Gefängnis.

    Podcast
    :Brave New World: Wahlen in Russland

    Putin mobilisiert und inszeniert: In dieser Sonderfolge geht es um die Russland-Wahl. Katrin Eigendorf und Jagoda Marinić sprechen dazu mit ZDF-Nachrichtenchefin Anne Gellinek.
    Das Cover des Podcastes mit dem Titel „Brave New World“, darauf zu sehen die drei Hosts des Podcasts von links nach rechts: Katrin Eigendorf, Golineh Atai und Jagoda Marinić

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