Frauen in Südafrika: Immer noch viele Morde und Gewalt
Trotz Gleichstellung im Gesetz:Südafrika: Massive Gewalt gegen Frauen
von Rosalie Röhr, Johannesburg
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Die südafrikanischen Gesetze sind progressiv, Frauen sind politisch repräsentiert - trotzdem nehmen Femizide und Vergewaltigungen zu. Wie kann das sein?
In Südafrika wird am 9. August der Nationalfeiertag gefeiert. Trotz progressiver Gesetze nimmt die Zahl an Morden, Femiziden und Vergewaltigungen zu. Wie leben Frauen in Südafrika?
Quelle: AP
Es ist der 9. August 1956 in der südafrikanischen Hauptstadt Pretoria. Über 20.000 Frauen versammeln sich, um gegen die Rassentrennung des Apartheidregimes zu protestieren. Schwarze Frauen leben zu dieser Zeit unter extrem schlechten Bedingungen: kaum Rechte und keine Bewegungsfreiheit. Heute wird an diesen Protest erinnert: In Südafrika ist der 9. August ein nationaler Feiertag. Der politische Kampf der südafrikanischen Frauen damals sorgte für eine der progressivsten Verfassungen der Welt. Und sie hat bis heute Bestand. Seit 30 Jahren ist Südafrika ein demokratischer Staat. Trotzdem erleben viele Frauen im Land noch immer massive Gewalt. Die Gründe dafür sind vielschichtig.
Anzahl von Morden und Vergewaltigungen steigt
Die Statistik für Femizide in Südafrika ist laut einem UN-Bericht fünfmal höher als der weltweite Durchschnitt. 2023 wurden bei knapp 60 Millionen Einwohnern über 41.000 Vergewaltigungen polizeilich dokumentiert, so die offiziellen Angaben. Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen, denn die meisten Fälle, besonders häusliche Gewalt innerhalb der Familie, werden in der Regel nie polizeilich erfasst.
NANO vom 24. November: Laut einem Bericht der Vereinten Nationen wurden letztes Jahr weltweit so viele Frauen ermordet wie seit 20 Jahren nicht. Was sind die Gründe? 24.11.2023 | 28:07 min
Südafrika laut "Global Gender Gap Report" vor USA und der Schweiz
Umso überraschender ist es, wie gut Südafrika im Global Gender Gap Report 2024 abgeschnitten hat. Das Weltwirtschaftsforum veröffentlicht jährlich einen Bericht über die globale Ungleichheit der Geschlechter. Gemessen werden die ökonomische Teilhabe, Bildung, Gesundheit und die politische Ermächtigung. Südafrika liegt von 146 untersuchten Ländern auf Platz 18 vor der Schweiz, Frankreich und den USA. Der Hauptgrund für die hohe Platzierung ist die politische Repräsentanz von Frauen im Parlament.
Die Regierungspartei (ANC), die ehemals von Nelson Mandela angeführt wurde, hat sich zu einer Wahlliste verpflichtet, die zur Hälfte aus Frauen besteht. Zwischen 2019 und 2024 lag der Frauenanteil im Parlament laut BMZ sogar bei über 45 Prozent. Doch der Schein trügt. Lisa Vetten forscht an der University of the Witwaterstrand in Johannesburg zu Geschlechterungleichheit und Gewalt gegen Frauen. Für sie ist die Sitzverteilung im Parlament keine Abbildung der Realität im Land:
Die Zahl der im Parlament vertretenen Frauen sagt nicht viel über die Geschlechterverhältnisse in Südafrika aus.
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Lisa Vetten, forscht zu Gewalt gegen Frauen in Südafrika
Für Südafrika ist 2024 ein Schicksalsjahr: 30 Jahre nach dem Ende der Apartheid stehen wegweisende Wahlen an. ZDF-Korrespondentin Verena Garrett zeigt, wie es um das Land steht.30.05.2024 | 29:30 min
Gleichberechtigung gilt nicht für alle Frauen in Südafrika
Laut Lisa Vetten spiegelt sich die enorme Spaltung zwischen Arm und Reich in Südafrika auch in den Lebensrealitäten von Frauen wider. Eine weiße, gebildete, reiche oder gut vernetzte Frau ist deutlich weniger von Geschlechterungleichheit betroffen. Doch über die Hälfte der Südafrikanerinnen lebt unterhalb der Armutsgrenze. In den Townships leben etliche Menschen auf engstem Raum unter einfachsten, prekären Bedingungen. Kriminalität, Drogen- und Alkoholkonsum sind sehr stark verbreitet. Hautfarbe, Bildung, Einkommen, Status, Wohnort: All diese Faktoren sorgen dafür, dass Frauen innerhalb Südafrika sehr unterschiedliche Erfahrungen machen, so Lisa Vetten.
Geschlechterungleichheit variiert hier sehr stark zwischen unterschiedlichen Gruppen von Frauen.
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Lisa Vetten, forscht über Geschlechterungleichheit in Südafrika
Südafrika: Korruption verstärkt das Problem
Die Korruption in der südafrikanischen Politik in den vergangenen Jahren befeuerte die anhaltende Ungleichheit, auch zwischen den Geschlechtern. Einige Politikerinnen und Politiker haben sich in den vergangenen Jahren persönlich am Staat bereichert. Deshalb konnte weniger Geld in Bildung, Kinderbetreuung oder andere Maßnahmen zur Gleichstellung investiert werden.
Während der Apartheid warGewalt ein legitimes und verbreitetes Machtinstrument. Die Zahl der Morde und Vergewaltigungen sind seit dem Sturz des Systems laut Lisa Vetten gesunken - seit der Coronapandemie verschlimmert sich die Situation aber wieder. Armut, Arbeitslosigkeit und Hunger können Auslöser sein. Dennoch gehört Südafrika zu den reichsten Ländern des afrikanischen Kontinents. Auf dem Papier hat das Land vieles, was es braucht, um Gleichheit herzustellen. In der Praxis profitieren viele Frauen davon bislang kaum.
Gleichberechtigung ist nichts Modernes. Schon in der Steinzeit waren Mann und Frau auf Augenhöhe. Das Patriarchat kam erst viel später nach Europa, schreibt die Autorin Karin Bojs.
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