Spionage Chinas? Warum das Flugobjekt kein Wetterballon war

    Spionage durch China?:Warum das Flugobjekt kein Wetterballon war

    von Julia Klaus
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    China behauptet, die Ballons über Mittelamerika und den USA seien für wissenschaftliche Zwecke - vor allem Wetterstudien - eingesetzt worden. Warum das unwahrscheinlich ist.

    Überreste eines großen Ballons über dem Atlantischen Ozean vor der Küste South Carolinas, aufgenommen am 04.02.2023
    Überreste des abgeschossenen Ballons über den USA.
    Quelle: dpa

    In der Ballon-Affäre behauptet China, dass die beiden Ballons zu wissenschaftlichen Zwecken - vor allem für Wetterstudien - eingesetzt worden und versehentlich vom Kurs abgekommen seien. Der Meteorologe Andreas Friedrich vom Deutschen Wetterdienst widerspricht dieser Behauptung. Über das von den USA abgeschossene Objekt sagt er zu ZDFheute:

    Dieser Ballon ist sicher kein normaler Wetterballon aus China gewesen.

    Andreas Friedrich, Meteorologe

    Die Flugdauer und die zurückgelegte Strecke sprechen für den Experten klar dagegen: "Wetterballons und deren Sonden fliegen rund drei Stunden lang, legen dabei zwischen 100 und 200 Kilometer zurück - nach einem Aufstieg von circa 90 Minuten platzt der Ballon."
    Die USA hatten am Sonntag einen mutmaßlichen Spionage-Ballon Chinas vor der Küste von South Carolina abgeschossen, der tagelang herumgeflogen war. Für einen zweiten Ballon, der über mehreren Ländern Mittelamerikas gesichtet worden war, hatte sich China bei der Regierung von Costa Rica entschuldigt. In Japan gab es 2020 einen ähnlichen Ballon, für den man damals keine Erklärung hatte.

    Meteorologe Andreas Friedrich vom Deutschen Wetterdienst (DWD)
    Quelle: Deutsche Wetterdienst

    ... ist Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst in Offenbach und kennt sich als solcher mit Wetterballons aus - zudem ist er Tornadoexperte.

    Wie funktioniert ein Wetterballon?

    Ein Wetterballon besteht aus einer Latexhülle, die mit Helium gefüllt wird, und einer kleinen Sonde, die an einem Seil unter der Ballonhülle hängt. Messfühler darin erfassen Daten wie die Temperatur, den Luftdruck und die Luftfeuchtigkeit und funken das an die Bodenstation. Die Sonde lässt sich verfolgen und orten - dafür gibt es auch eine Webseite.
    Meteorologe Friedrich erklärt: "Ein Wetterballon steigt mit rund fünf Metern pro Sekunde auf. Es dauert meist eineinhalb Stunden, bis die Sonde ihre größte Höhe von rund 30 Kilometern erreicht. Die Latexhülle dehnt sich dabei aus - und reißt irgendwann." Dann öffnet sich ein Fallschirm, mit dem die Sonde zu Boden schwebt.

    Solche Wetterballons werden weltweit von Wetterdiensten eingesetzt - auch von China. Sie werden bei der Flugsicherung angemeldet.

    Andreas Friedrich, DWD

    Unter dem Dach der Weltorganisation für Meteorologie speist auch China seine Daten ein.
    In Deutschland steigen an sieben Standorten automatisiert Wetterballons auf. Wie das aussieht, hat der Deutsche Wetterdienst gefilmt - und ist hier zu sehen.

    Könnte es ein größerer Forschungsballon gewesen sein?

    Neben Wetterballons gibt es auch größere Forschungsballons, die weiter fliegen und mehr Nutzlast tragen können - etwa wissenschaftliche Instrumente, die mehrere Tonnen wiegen können. Von der europäischen Basis im schwedischen Kiruna aus fliegen solche Ballons auch über den Atlantik nach Kanada.
    Zwei Ballons kurz vor ihrem Start auf einem Startfeld in Kanada im August 2022. Links der Hauptballon, rechts den Hilfsballon für den Start.
    Ballon-Forschung des KITs: Der Hauptballon links, rechts der Hilfsballon - auf einem kanadischen Startfeld im August 2022.
    Quelle: KIT

    Felix Friedl-Vallon forscht am Karlsruher Institut für Technologie zur Stratosphäre und ist für seine Ballonstarts regelmäßig in Nordschweden. Zu ZDFheute sagt er: "Ein großer ziviler Forschungsballon wird bei der zuständigen Flugsicherung angemeldet und auch über Ländergrenzen hinweg verfolgt. Gerät der Flug außer Kontrolle, teilt man das allen Ländern, die überflogen werden könnten, mit. Dies ist hier offensichtlich nicht geschehen."
    Wissenschaftliche Ballons bekämen auch eine Luftfahrzeugkennung, so der Forscher. Man kann die Ballons dann beispielsweise über die Webseite Flight Radar 24 nachverfolgen. Ein Pilot am Boden verfolge auch den Flug, so der Experte: "Um einen Ballonflug zu beenden, kann der Pilot die Hülle gezielt platzen lassen, die Instrumente kommen mit einem Fallschirm zu Boden und werden dort eingesammelt."
    Johannnes Hano in New York
    "Amerika ist nicht mehr dazu bereit, jede chinesische Provokation hinzunehmen", so ZDF-Korrespondent Johannnes Hano zu dem Ballon über den USA.06.02.2023 | 3:01 min
    Der Ballon-Experte erinnert daran, dass die USA schon im Kalten Krieg Spionage-Ballons gegen die Sowjetunion eingesetzt haben. Gegenüber den modernen Satelliten hätten Ballons auch noch immer einen entscheidenden Vorteil, so Friedl-Vallon:

    Ein Ballon ist viel näher dran am Boden, mit gleichwertiger Optik wie auf einem Satellit kann ein Ballon-Instrument bessere Bilder liefern.

    Felix Friedl-Vallon, Forscher am KIT

    Fazit: Für einen Wetterballon ist das abgeschossene Objekt in den USA zu lange geflogen, zudem wäre ein solcher angemeldet gewesen. Ein ziviler Forschungsballon ist ebenfalls unwahrscheinlich, denn auch der wäre bei zuständigen Stellen angemeldet gewesen. Somit ist ein Spionage-Zweck wahrscheinlich. Die derzeit laufende Untersuchung der USA könnte Klarheit bringen.

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    Techniker  an einer ballistischen Interkontinentalrakete
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