Geheimtreffen von AfD und Neonazis zu Abschiebungen

    Millionen Abschiebungen geplant:Geheimtreffen von AfD und Neonazis

    Ulrich Stoll, Redakteur Frontal 21
    von Ulrich Stoll
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    AfD-Vertreter sollen an einem Geheimtreffen teilgenommen haben, bei dem die Abschiebung von Millionen Menschen aus Deutschland gefordert wurde – auch von deutschen Staatsbürgern.

    AfD
    AfD-Politiker, Neonazis und Unternehmer sollen laut "Correctiv"-Recherchen bei einem Treffen über die Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland gesprochen haben.10.01.2024 | 1:46 min
    Im November sollen Rechtsextreme in einem Hotel in der Nähe von Potsdam einen Masterplan für massenhafte Abschiebungen aus Deutschland vorgestellt haben.
    Auch hochrangige AfD-Vertreter seien bei der vertraulichen Zusammenkunft dabei gewesen, wie aus Unterlagen hervorgeht, die dem gemeinnützigen Recherchezentrum Correctiv vorliegen.

    Identitäre Bewegung stellt Abschiebungskonzept vor

    Martin Sellner, langjährige Leitfigur der "Identitären Bewegung" (IB), stellte laut den Recherchen ein Konzept vor, mit dem Millionen Menschen aus Deutschland nach Afrika abgeschoben werden sollen – auch deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund.
    Sellner sagte laut Zeugenaussagen, die Correctiv vorliegen, man wolle "maßgeschneiderte Gesetze" erlassen, um einen "hohen Anpassungsdruck" auf Menschen mit Zuwanderungsgeschichte zu erzeugen.
    Die Abschiebungen könnten in ein Gebiet in Nordafrika erfolgen, das Platz für zwei Millionen Menschen biete. Auch Menschen, die sich in Deutschland für Geflüchtete einsetzen, könnten dorthin, soll Sellner laut Zeugen gesagt haben.  

    AfD-Politiker beim Geheimtreffen 

    An dem Treffen soll der frühere parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, Roland Hartwig, teilgenommen haben, der jetzt für Fraktionschefin Alice Weidel arbeitet und Dozent der vom AfD-Bundesvorstand aufgebauten "Akademie Schwarz Rot Gold" ist.
    Hartwig sagte der Correctiv-Recherche zufolge bei dem Treffen zu, die inhaltlichen Pläne Sellners in die Partei zu tragen.
    Geheimtreffen in Potsdam: Roland Hartwig, AfD.
    Geheimtreffen in Potsdam: Roland Hartwig, AfD.
    Quelle: Correctiv

    Sellners Forderung nach Abschiebungen deutscher Staatsbürger steht im Widerspruch zur offiziellen "Erklärung zum deutschen Staatsvolk und zur deutschen Identität" der AfD: "Als Rechtsstaatspartei bekennt sich die AfD vorbehaltslos zum deutschen Staatsvolk als der Summe aller Personen, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen."
    Zu sehen ist das Justizzentrum Würzburg.
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    Weitere anwesende AfD-Politiker wie der AfD-Fraktionsvorsitzende Sachsen-Anhalts, Ulrich Siegmund, sollen laut Correctiv positiv auf Sellners Konzept reagiert haben: Man müsse in Sachsen-Anhalt dafür sorgen, dass es "für dieses Klientel möglichst unattraktiv" werde, in Deutschland zu leben.
    Die AfD-Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy soll in Potsdam gesagt haben, sie verfolge das skizzierte Ziel schon länger und habe bei ihrem Parteieintritt selbst schon ein "Remigrationskonzept mitgebracht".
    Correctiv beruft sich auf mehrere Quellen, die gegenüber den Reportern die Aussagen aus der Konferenz glaubhaft wiedergegeben haben sollen.
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    AfD: Offiziell auf Abstand zu "Identitären"

    Dass Sellner vor AfD-Politikern ein Konzept zur "Remigration" vorstellte, ist brisant. Denn die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisches Beobachtungsobjekt eingestufte "Identitäre Bewegung" steht auf der aktuellen Unvereinbarkeitsliste der AfD.
    Die Partei bestreitet Kontakte zu den Identitären. Konfrontiert mit den Vorwürfen habe Sachsen-Anhalts AfD-Fraktionsvorsitzender Ulrich Siegmund laut Correctiv erklärt, er sei als "Privatperson" und nicht als AfD-Abgeordneter bei dem Treffen gewesen und wolle Menschen "nicht gesetzeswidrig ausweisen".
    Martin Sellner, die AfD-Politiker Hartwig und Huy sowie der AfD-Bundesvorstand reagierten nicht auf Fragen zu dem Geheimtreffen.
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    Für Teilnahme am Treffen: "Mindestspende von 5.000 Euro"

    Im Einladungsschreiben für die Veranstaltung, das Correctiv vorliegt, sei für die Teilnahme eine "Mindestspende von 5.000 Euro" pro Person gefordert worden.
    Diese Spende solle deutlich machen, dass "die Sammlung von Unterstützungsmitteln eine Kernaufgabe unserer Runde ist", heißt es in dem Brief. Die anwesenden AfD-Politiker machten keine Angaben, ob sie die Veranstaltung finanziell unterstützten.
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