Dürr gibt bei Lieferkettengesetz nicht auf

    FDP-Fraktionschef bei Lanz:Dürr gibt bei Lieferkettengesetz nicht auf

    von Pierre Winkler
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    Obwohl Deutschland sich enthalten hat, ist das Lieferkettengesetz auf EU-Ebene beschlossen worden. FDP-Fraktionschef Dürr will das Thema nach der EU-Wahl nochmal aufmachen.

    Markus Lanz vom 20. März 2024: Markus Lanz, Christian Dürr, Ulrike Herrmann, Patrick Zahn
    Zur FDP-Ablehnung des EU-Lieferkettengesetzes, zu den Perspektiven der Liberalen bei den diesjährigen Wahlen sowie über die Produktion von Billigmode, Nachhaltigkeit und Arbeitsbedingungen. Sehen Sie hier die Sendung Markus Lanz vom 20. März 2024.20.03.2024 | 70:24 min
    Nach wochenlangen Verhandlungen hat die Mehrheit der EU-Staaten in der vergangenen Woche für ein gemeinsames europäisches Lieferkettengesetz gestimmt - zur Überraschung Vieler in Brüssel. Deutschland enthielt sich nämlich, vor allem auf Druck der FDP. Eine Mehrheit war so nicht sicher, kam am Ende aber doch zustande.
    "Und wer hat dann blockiert? Deutschland, Ungarn, Bulgarien und Estland", sagte die Journalistin Ulrike Herrmann am Mittwochabend bei Markus Lanz.

    Das muss man erst mal hinkriegen, dass die Exportnation Deutschland sich mit Ungarn wiederfindet.

    Ulrike Herrmann

    SGS Bethmann zum Lieferkettengesetz
    Die EU hat das Lieferkettengesetz verabschiedet. Deutschland enthielt sich bei der Abstimmung. Was das Gesetz für deutsche Unternehmen bedeutet, berichtet Frank Bethmann.15.03.2024 | 1:27 min

    Lieferkettengesetz: Dürr attackiert Von der Leyen

    Christian Dürr, Fraktionsvorsitzender der FDP im Bundestag, verteidigte die Haltung seiner Partei:

    Ich glaube, es muss eine Partei in Deutschland geben, die sagt: 'Wir haben genug Bürokratie. Wir brauchen nicht immer mehr davon.'

    Christian Dürr, Fraktionsvorsitzender der FDP

    Das EU-Lieferkettengesetz sei "eine Erfindung" von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. In den Verhandlungen sei es unter anderem der FDP gelungen, "den größten Irrsinn aus dieser Richtlinie von Frau Von der Leyen herauszunehmen".
    Als Beispiel nannte Dürr sogenannte Risikosektoren wie die Baubranche, die in der ursprünglichen Fassung automatisch betroffen gewesen wären.
    Krüger Lieferkettengesetz Veto FDP
    Worum es bei dem EU-Lieferkettengesetz geht und warum die FDP dagegen ist. 01.02.2024 | 2:36 min

    FDP stimmt trotz Nachbesserungen nicht zu

    "Stichwort Menschenrechte, da wurde argumentiert: Wir erinnern uns an die WM in Katar, da sind Menschenrechtsverstöße in einer Baubranche gewesen. Und da wurde gesagt: 'Wir müssen das auch in der Lieferkettenrichtlinie in Europa regeln'", sagte Dürr. "Also, ein norddeutsches mittelständisches Bauunternehmen, das den größten Teil seines Geschäfts im Inland macht, wäre konfrontiert gewesen, sich für Menschenrechtsverletzungen irgendwie zu rechtfertigen."
    Das sei "absurd" und sorge für "erhebliche Bürokratie". Herrmann entgegnete, trotz dieser Nachbesserung aus Sicht der FDP habe Deutschland "immer noch nicht zugestimmt. Das ist ja das Irre daran."
    Dürr gab an, auch die nachgebesserte Version habe der FDP "nicht ausgereicht, weil es zusätzliche Bürokratie bedeutet". Er kündigte an, dass das Thema für ihn trotz der Einigung auf EU-Ebene zwischen Kommission, Parlament und Rat noch nicht erledigt sei. "Nach der Europawahl muss man auch erneut darüber reden", sagte er.
    Großaufnahme von Händen, die an einer Nähmaschine nähen.
    Billige Kleidung aus Bangladesch: Sowohl Luxusmarken als auch Billiganbieter produzieren dort.27.06.2023 | 28:36 min

    CEO von KiK: Bangladesch muss Gesetze selbst kontrollieren können

    Patrick Zahn, der Vorstandsvorsitzende des Textildiscounters KiK, sprach sich für einheitliche Regeln für Lieferketten auf europäischer Ebene aus. Die jetzt beschlossene Richtlinie sei allerdings nicht die richtige.
    Deutlich machte Zahn das am Beispiel Bangladesch, wo viele Kleidungsstücke produziert werden, die KiK verkauft. "Wenn es hier ein Gesetz gibt, halten wir uns hier daran. Und wir halten uns auch an bangladeschische Gesetze. Und jetzt sind wir in der Fragestellung: Was sind unsere Aufgaben?", sagte er.

    Meine tiefe Überzeugung ist: Wir müssen Bangladesch so stark machen, dass Bangladesch selber diese Gesetze kontrolliert und umsetzt. Und das ist im Lieferkettengesetz nicht vorgesehen.

    Patrick Zahn, CEO von KiK

    Herrmann wies darauf hin, dass etwa die Billiglohnländer Asiens untereinander im Wettbewerb stünden. "Das heißt, wenn wir uns nicht drum kümmern, wie die Arbeitsbedingungen sind oder die Umweltbedingungen, dann konkurrieren die sich vor Ort in Grund und Boden, weil jeder die Arbeitsplätze haben will", sagte sie.

    Wir haben die Macht, die auszubeuten. Und wenn wir diese Ausbeutung nicht haben wollen, dann muss Europa sich bewegen, und auch die einzelnen Firmen.

    Ulrike Herrmann, Journalistin

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