Linke vor Ost-Wahlen: Gysi und Bartsch allein auf weiter Flur

    Linke vor Wahlen im Osten:Gysi und Bartsch allein auf weiter Flur

    Dorthe Ferber
    von Dorthe Ferber
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    Die Linke im freien Fall: Bei der Europawahl schaffte sie 2,7 Prozent, bei den bevorstehenden Landtagswahlen muss sie das Schlimmste fürchten. Prominente Köpfe wenden sich ab.

    Parteitag "Die Linke" am 22.02.2019 in Bonn
    Die Linke ist in der Krise. Das zeigt sich auch beim Aderlass bei den Partei-Promis.
    Quelle: dpa

    Die Linke ist nach der Europawahl in einer existenziellen Krise. Die Partei, die einst im Osten besonders stark war, könnte in Sachsen aus dem Landtag fliegen, in Brandenburg den Einzug nur knapp schaffen und in Thüringen ihren Ministerpräsidenten Bodo Ramelow vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) entmachtet sehen.
    BSW hatte bei der Europawahl zweistellig abgeschnitten. Janine Wissler und Martin Schirdewan an der Parteispitze der Linken agieren bislang glanz- und glücklos und stehen massiv in der Kritik.
    Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen, spricht vor der Präsidiumssitzung der CDU im Konrad-Adenauer-Haus zu Journalisten.
    In Sachsen und weiteren Bundesländern wird in wenigen Monaten ein neuer Landtag gewählt. Umso interessanter ist der Erfolg der AfD und des BSW bei der Europawahl. 10.06.2024 | 1:31 min

    Lötzsch will nicht mehr kandidieren

    Gesine Lötzsch, eine der drei direkt gewählten Abgeordneten, die der Partei überhaupt erst den Einzug in den Bundestag verschafft hat, hat die Nase voll. Ihre Ankündigung, nächstes Jahr nicht für den Bundestag kandidieren zu wollen, gleicht einer Abrechnung mit der Parteiführung um Wissler und Schirdewan: Ein Grund für das katastrophale Ergebnis bei der Europawahl sei deren Strategie gewesen.
    Die Auswahl der ehemaligen Seenotretterin und Umwelt-Aktivistin Carola Rackete als Spitzenkandidatin habe sich als Fehler erwiesen. In der Vergangenheit habe man mit den Themen Soziale Gerechtigkeit und Frieden Wahlen gewonnen, inzwischen habe sie den Eindruck gewonnen, der Parteivorstand verzichte auf Stammwähler zugunsten neuer Wählerschichten - das Ergebnis liege auf dem Tisch.
    Martin Schirdewan
    Vor der Europawahl verteidigte Spitzenkandidat Martin Schirdewan das Recht auf Asyl. Er verurteilte Flüchtlingslager an den europäischen Außengrenzen als "zivilisatorischen Gau".31.05.2024 | 5:29 min
    "Geringschätzung" und "Arroganz" der Parteiführung kritisiert Gerhard Trabert, der als Parteiloser für die Linke bei der Europawahl auf dem vierten Platz den Einzug ins EU-Parlament verfehlte: "Ich war oft davor, meine Kandidatur niederzulegen." Er hätte das Thema soziale Gerechtigkeit am besten kommunizieren können, stattdessen sei der Wahlkampf immer stärker auf das Spitzenduo Rackete/Schirdewan reduziert worden.

    Linke konnte BSW nichts entgegensetzen

    Die Linken-Wähler im Osten scheinen aber gesellschaftspolitisch nicht so progressiv wie die Strategie der Parteispitze. Das EU-Wahlergebnis zeigt: Schirdewan und Wissler sind gescheitert mit ihrem Versuch, mit den Themen Migration und Minderheitenrechte dem Erfolg des BSW etwas entgegenzusetzen.
    Amtl. Endergebnis
    Vorl. amtl. Ergebnis
    Gewinne und Verluste
    Gewinne und Verluste
    Sitzverteilung
    Europawahlen seit 1979
    Wahlbeteiligung
    Bisheriges Europaparlament Sitzverteilung
    Neues Europaparlament: Vorläufige Ergebnisse
    Bewertung von Spitzenpolitikern
    Bewertung der Parteien
    Die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP ...
    Die AfD wird hauptsächlich gewählt wegen ...
    Allgemeine wirtschaftliche Lage in Deutschland
    Im Vergleich zu den westeuropäischen  Nachbarn geht es Deutschland wirtschaftlich ...
    Wichtiger für meine Wahlentscheidung: Politik in ...
    EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ...
    Die wichtigsten Probleme der EU
    Die EU-Mitgliedschaft bringt für die Bevölkerung in Deutschland eher ...
    Im Bereich ... ist die EU für uns wichtig:
    Erfolge für EU-kritische und rechtspopulistische Parteien sind ein großes Problem für die EU:
    Wen wählten die ...
    Wen wählten die ...
    Wer wählte die CDU/CSU
    Wer wählte die Grünen
    Wer wählte die SPD
    Wer wählte die AfD
    Wer wählte die Linke
    Wer wählte die FDP
    Wer wählte das BSW
    Wer wählte die CDU/CSU
    Wer wählte die Grünen
    Wer wählte die SPD
    Wer wählte die AfD
    Wer wählte die Linke
    Wer wählte die FDP
    Wer wählte das BSW
    Wer wählte die CDU/CSU
    Wer wählte die Grünen
    Wer wählte die SPD
    Wer wählte die AfD
    Wer wählte die Linke
    Wer wählte die FDP
    Wer wählte das BSW
    Wissler erklärt nur, Debatten über die inhaltliche, strategische und auch personelle Aufstellung der Partei würden zunächst intern geführt, es gehe nun um die bevorstehenden Wahlkämpfe.
    Unterdessen geht der Aderlass bei den Partei-Promis weiter: Jan Korte, Bundestagsabgeordneter und ehemaliger Fraktionsgeschäftsführer der Linken, will ebenfalls nächstes Jahr nicht mehr kandidieren. Zu seinen Gründen möchte er sich auf Anfrage von ZDFheute nicht äußern.

    Zugpferde Bartsch und Gysi sollen es richten

    Katja Kipping, ehemalige Linken-Vorsitzende und bis zum vergangenen Jahr noch Sozialsenatorin im Land Berlin, soll Berichten zufolge zum Paritätischen Gesamtverband wechseln. Die letzten Wahlkampfhoffnungen ruhen nun auf den erprobten Zugpferden Dietmar Bartsch und Gregor Gysi. Letzterer ist bei seiner "Osttour" 76 Jahre alt.
    Wissler und Schirdewan wissen: Personaldebatten um die Parteispitze sind mit Rücksicht auf die Wahlen im Osten erstmal vertagt. Die Linke dürfte danach weiter geschwächt sein. Im Oktober soll dann ein Parteitag über die Aufstellung für die Bundestagswahl entscheiden. Wenn sich dann nichts ändere, sagt ein Genosse mit Galgenhumor, könne man auch gleich zum Amtsgericht gehen und den Laden dicht machen.

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