Ende 2024 wird die elektronische Patientenakte Pflicht für alle, sagt der Gesundheitsminister. Doch laut Chaos Computer Club sind noch viele Fragen offen, auch beim Datenschutz.
Die elektronische Patientenakte wird nur von wenigen genutzt. Deshalb will Gesundheitsminister Lauterbach, dass künftig jeder, der nicht ablehnt, automatisch eine bekommt.
Der Chaos Computer Club (CCC) kritisiert die Pläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zur elektronischen Patientenakte. Viele Fragen seien im Detail noch nicht geklärt, sagt CCC-Mitglied Martin Tschirsich ZDFheute:
Konkret geht es bei der Kritik um die Frage, wie Befunde in die elektronische Patientenakte gelangen sollen. Patienten müssen ihren Ärztinnen und Ärzten dafür die Erlaubnis erteilen. Dann könnten zum Beispiel die Ergebnisse einer Blutuntersuchung in der Akte abgelegt werden.
Dazu können Patienten ihre elektronische Gesundheitskarte in der Praxis einlesen und eine PIN eingeben. Allerdings ist es nach wie vor sehr kompliziert, sich für diese Funktion der Gesundheitskarte freizuschalten. Aus diesem Grund nutzen bisher nicht einmal ein Prozent der 74 Millionen Versicherten diese Funktion bisher.
Bundesgesundheitsminister Lauterbach will die Digitalisierung im Gesundheitswesen mit einem Neustart der digitalen Patientenakte beschleunigen. Beim Datenschutz gibt es Bedenken.
Patientenakte soll für alle kommen
Lauterbach will das ändern. Bis Ende 2024 soll die elektronische Patientenakte für alle Versicherten Pflicht werden. Bis Ende 2025 sollen sie 80 Prozent nutzen. Wer das nicht möchte, muss von sich aus widersprechen - eine sogenannte "Opt-out"-Lösung. Davon geht Lauterbach allerdings nicht aus:
In Österreich hätten nur etwa drei Prozent der Einführung der elektronischen Patientenakte widersprochen. 97 Prozent hätten mitgezogen.
Skeptischer äußert sich die Deutsche Stiftung Patientenschutz: "Dem Bürger darf nicht die Kontrolle über seine medizinischen Informationen entzogen werden. Denn Schweigen bedeutet nicht Zustimmung", sagt Vorstand Eugen Brysch.
- Lauterbach: Elektronische Patientenakte kommt
"Wer nicht ausdrücklich widerspricht, ist automatisch dabei", sagt Karl Lauterbach zur kommenden elektronischen Patientenakte. Er hofft auch auf große Datensätze für die Forschung.
Datenschutzbeauftragter will sich nicht äußern
Für die Akzeptanz der Patientenakte dürfte noch ein weiteres Kriterium wichtig sein: Datenschutz. "Gesundheitsdaten gehören zu den sensibelsten Daten überhaupt", sagt Linken-Digitalexpertin Anke Domscheit-Berg. Sie kritisiert, dass Lauterbach den Bundesdatenschutzbeauftragten bei der Umsetzung der Pläne entmachtet und ihm ein Vetorecht entzogen habe.
"Herr Lauterbach vernachlässigt den Datenschutz", sagt auch Martin Tschirsich vom Chaos Computer Club. Damit wolle der Minister offenbar kurzfristig schneller vorankommen, allerdings sei das zu kurz gedacht.
ZDFheute hat den Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber um ein Interview gebeten. Kelber, ebenso wie Lauterbach SPD-Mitglied, lehnt eine Stellungnahme allerdings "aus politischen Gründen" ab. Das allerdings spricht dann doch Bände.