Ex-Ministerin Renate Schmidt: Politik vernachlässigt Kinder
Frühere Familienministerin:Renate Schmidt: Politik vernachlässigt Kinder
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Ex-Familienministerin Renate Schmidt wirft der Politik vor, die Interessen von Kindern und Familien zu missachten. Die SPD-Politikerin dringt auf deutlich mehr Hilfen.
2,9 Millionen Kinder in Deutschland sind von Armut betroffen.
Quelle: ZDF
Die frühere Familienministerin Renate Schmidt (SPD) wirft der aktuellen Politik vor, viel zu wenig für Familien und Kinder zu tun. Die 79-Jährige sagte der "Süddeutschen Zeitung":
Daraus resultiere die Missachtung von Interessen von Kindern und Familien.
Schmidt: Rechte von Kindern gehören in Verfassung
Schmidt kritisierte auch den Umgang mit Kinderarmut. In den 1960er Jahren hätten 125.000 Kinder von Sozialhilfe gelebt, während man heute von 2,9 Millionen armen Kindern spreche: "Natürlich sind die Zahlen nicht vergleichbar. Aber selbst wenn man sehr großzügig rechnet, ist das mindestens eine Verfünffachung der Kinderarmut, das ist skandalös!"
Für längst überfällig hält Schmidt es auch, eigenständige Rechte von Kindern in der Verfassung festzuschreiben: "Wir haben so vieles in die Verfassung hineingeschrieben. Der Umweltschutz steht als Staatsziel darin, der Tierschutz. Aber die Kinder fehlen. Ebenso die Generationengerechtigkeit."
Im Januar 2021 verabschiedete das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf, um die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Die Ampel-Koalition schrieb in den Koalitionsvertrag - umgesetzt ist es noch nicht:
Ex-Familienministerin fordert Wahlrecht ab 16
Auch ein Familienwahlrecht oder zumindest ein Wahlrecht ab 16 müsse kommen, fügte die Politikerin hinzu. Das Argument, man wisse in dem Alter noch zu wenig Bescheid zum Wählen, halte sie für unsinnig: "Ich möchte mal eine Umfrage auf der Straße machen und schauen, wie Bescheid der durchschnittliche Wähler weiß. Ich will das Wahlrecht niemandem nehmen. Aber damit zu begründen, dass Jugendliche nicht wählen dürfen, ist totaler Blödsinn."
Schmidt kritisierte auch ein Argument von Finanzminister Christian Lindner (FDP) gegen die Kindergrundsicherung. Er habe gesagt, nicht die Familien bräuchten noch mehr Geld, sondern die Schulen.
SPD-Politikerin: Brauchen mehr Lehrer und Sozialpädagogen
In Finnland, so die Ex-Ministerin weiter, kenne man das Wort Nachhilfe nicht, das werde dort nicht gebraucht: "Bei uns kommen ohne Nachhilfe viele überhaupt nicht durch die Schule. Wir brauchen mehr Lehrkräfte und sozialpädagogische Begleitung in den Klassen."
Das aber dürfe auf keinen Fall aufgerechnet werden mit dem Lebensunterhalt von Kindern, der mit der Grundsicherung abgedeckt werden solle: "Da geht es nicht um irgendwelchen Luxus, sondern um Kinder, die sich dann nicht mehr vorher melden müssen, um zu sagen, dass sie sich die Klassenfahrt nicht leisten können. Sie können einfach mitfahren."