Warum er eigentlich nichts von politischen Botschaften im Sport hält - das Vorgehen der FIFA im "One Love"-Skandal aber nicht versteht, erklärt Ex-Sprecher Koch bei ZDFheute live.
Der ehemalige FIFA-Sprecher Alexander Koch bei ZDFheute live
Mit demonstrativ zugehaltenem Mund beim Teamfoto protestierte die Fußball-Nationalmannschaft unter den Augen von Gianni Infantino vor dem ersten WM-Spiel am Mittwoch gegen das Verbot der "One Love"-Binde. Auch Nancy Faeser zeigte Flagge: Die Innenministerin trug die Binde auf der Ehrentribüne.
Es ist das Thema, das die Anfangsphase dieser umstrittenen WM in Katar prägt. Auch der ehemalige FIFA-Sprecher Alexander Koch sieht die Zensur durch den Weltfußballverband kritisch. Bei ZDFheute äußerte er sich unter anderem zu ...
... Gianni Infantinos Rede zu Beginn der WM und seinem Auftreten
"Ich glaube, niemand glaubt ihm das. Und das ist wahrscheinlich ein Alptraum für die Kommunikationsabteilung der FIFA. Denn die haben auch alle den Kopf geschüttelt und haben sich gefragt, was ist in ihn gefahren, so eine Rede zu halten. Und ich kann mich dem nur anschließen - völlig bizarr."
"Ich weiß eben nicht, ob er wirklich beraten wird, er macht ziemlich viel allein. Also zumindest innerhalb der FIFA hat kaum jemand Zugang zu ihm und er entscheidet das allein."
ZDF-Sportmoderator Jochen Breyer hätte sich gewünscht, dass die "One Love"-Kapitänsbinde zum Einsatz kommt. Man hätte die FIFA dazu zwingen können, Farbe zu bekennen.
... Politik bei sportlichen Turnieren
"Also das ist jetzt eine etwas komplizierte Diskussion. Ich bin der Meinung, dass eine Mannschaft nicht allein entscheiden darf, auch wenn es ein Menschenrecht ist, was sie auf ihrer Binde haben. [...] Ich glaube, dass es nicht gut ist, wenn ein Land sagt, jetzt spielen wir gegen den Iran und dann wählen wir zum Beispiel das Menschenrecht der Gleichberechtigung. Oder man spielt gegen die USA und spricht sich gegen Folter aus, Stichwort Guantanamo. Oder man spielt gegen die Schweiz und denkt an Nestle und sagt, jeder hat das Recht auf sauberes Grundwasser."
"Ich finde das absolut korrekt, jemanden zu verwarnen, wenn er solche politischen Statements auf dem Platz abgibt, weil die dort einfach nichts zu suchen haben, weil sie dem Sport schaden."
Ex-Profi Tugba Tekkal hingegen findet als "Minderheit in der Minderheit" es wichtig, dass einflussreiche Leute ihre Stimme denen geben, die nicht laut genug sein können.
... dem Vorgehen der FIFA rund um die "One Love“-Binde
"Was ich jetzt aber ja gelernt habe, ist, dass diese sieben Verbände schon im September den Antrag eingereicht haben, diese 'One Love'-Armbinde einzusetzen. Und dann ist es natürlich ein komplettes Versagen der FIFA, erstens auf dieses Begehren nicht einzugehen, darauf nicht zu antworten und das nicht auszudiskutieren.
Ich weiß übrigens auch von vielen Leuten innerhalb der FIFA, die sonst sich um diese Themen kümmern, die waren sich dessen gar nicht bewusst, dass ein Antrag vorlag. Also auch das ist auf oberster Ebene entschieden worden und dann ist es in der Tat ein Schlag ins Gesicht für diese Verbände, die dann kurz vor der WM erfahren, ihr dürft die übrigens nicht tragen, und dann verstehe ich den Unmut. [...] Also ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich kann das nicht nachvollziehen, was Infantino oder das Top-Management da geritten hat, so mit diesem Thema umzugehen."
Demonstrativ den Mund zuhalten - reicht das?