Lauterbachs Pläne zur Krankenhausreform könnten vor allem Menschen auf dem Land hart treffen. Ärzte fürchten eine zweitklassige Versorgung abseits der Städte - so auch in Bayern.
Viele Kliniken in Deutschland arbeiten mit viel zu wenig Personal und zu hohen Kosten. Die Reformpläne von Gesundheitsminister Lauterbach sind umstritten.
Die Tür springt auf. Rettungssanitäter schieben einen 60-jährigen Patienten eilig in die nah gelegene Notaufnahme. Herzinfarkt. Ein Arzt kniet auf dem Bett und drückt schnell und kräftig auf die Brust des Mannes. Im OP wird der Patient umgehend versorgt.
Der Fall des Mannes macht das Dilemma deutlich: Vor allem kleinere und mittlere Kliniken auf dem Land fühlen sich durch die geplante Krankenhausreform des Bundesgesundheitsministers in ihrer Existenz bedroht. Und nicht nur das. Sie fürchten einen Kahlschlag der Klinikversorgung für die gesamte Landkreisbevölkerung.
Beim Krankenhausgipfel in Berlin war die Finanzierung von Krankenhäusern Thema. Gesundheitsminister Lauterbach möchte diese neu regeln, stößt dabei jedoch auf Widerstand.
Kleine Krankenhäuser fürchten um Existenz
Mit der geplanten Krankenhausreform will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Finanzierung der Kliniken in Deutschland grundlegend ändern. Dafür sollen alle Krankenhäuser in drei Stufen eingeteilt werden.
Die geplante Krankenhausreform soll den Fokus auf die Qualität der Behandlung legen und weniger auf den wirtschaftlichen Erlös.
Das Ziel der Reform: Vor allem große Kliniken sollen ein breites Angebot, mehr Qualität und Spezialisierung anbieten. Viele kleine und mittlere Krankenhäuser wären nur noch Grundversorger für hauptsächlich ambulante Behandlungen und weniger komplexe Notfälle.
Aktuell versorgt das gut ausgelastete Krankenhaus des Chefarztes für Unfallchirurgie und Orthopädie im Landkreis Passau über 10.000 Patient*innen pro Jahr. Darunter sind akute Notfälle wie Herzinfarkte, Schlaganfälle und Lungenembolie, bei denen jede Minute zählt.
Kritik: Lange Wege für spezielle Behandlungen
Kommt die geplante Reform, könnten diese und viele andere Patient*innen hier nicht mehr versorgt und müssten ins knapp 40 Kilometer entfernte Passau gebracht werden. "Nach der Reform müssten wir unter anderem unsere Bereiche Kardiologie, Unfallchirurgie und Orthopädie schließen", erklärt Geschäftsführer Josef Mader.
Die Reform würde laut Mader eine zweitklassige Gesundheitsversorgung für die Landbevölkerung bedeuten. "Uns würden jährlich 8.000 Patienten fehlen", sagt er.
Diese Änderungen beinhaltet die geplante Reform des Bundesgesundheitsministeriums:
- Wie eine Reform den Kliniken helfen soll
Personalnot, hohe finanzielle Belastungen, Versorgungsprobleme: Mit einer Reform will die Regierung die Krankenhäuser besser aufstellen. Was ist die Lage und was sind die Pläne?
Nicht nur Patient*innen wären betroffen, sondern auch das Klinikpersonal. Stellenabbau und Krankenhausschließungen würden zu einer regelrechten Ärzt*innenflucht vom Land in die Städte führen, befürchtet auch Unfallchirurg Thomas Skrebsky.
Angst vor weiterem Ärzteschwund auf dem Land
Außerdem wären Ärzt*innen mit der bloßen Grundversorgung weniger gefordert. "Sie werden alle gehen und nicht wiederkommen", so Skrebsky. Er und seine Kolleg*innen sind nicht allein mit ihrer Kritik.
Bundesweit fordern viele Krankenhausbetreiber*innen abseits der urbanen Zentren eine Anpassung der Reform an die Bedürfnisse des ländlichen Raums.
Laut Geschäftsführer Mader sei es nicht abwegig, dass rund 600 Krankenhäusern in Deutschland die Schließung drohe - wenn die Reform so kommt, wie derzeit geplant.
Corona- und Energiekrise sowie der anhaltende Personalmangel bringen viele Krankenhäuser in finanzielle Schieflage.