Versorgungskrise: Kuba öffnet sich für die Marktwirtschaft

    Wegen Versorgungskrise:Kuba öffnet sich für die Marktwirtschaft

    von Tobias Käufer
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    Um die Versorgungskrise zu lösen, will die sozialistisch regierte Karibikinsel verstärkt auf marktwirtschaftliche Initiativen setzen. Nun dürfen auch Firmen gegründet werden.

    Straßenszene in Havana, Kuba
    Straßenszene in Havana, Kuba
    Quelle: epa

    Rund 300.000 Menschen haben Kuba laut Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen allein in den letzten zwölf Monaten verlassen. Die meisten flohen in Richtung USA.
    Hauptgrund für den Massenexodus sind neben fehlenden demokratischen Grundrechten für die Opposition und staatlicher Repression auch die anhaltende Versorgungskrise und Lebensmittelknappheit. Selbst Brot und Hühnchen sind vielerorts nicht mehr verfügbar.

    In Kuba dürfen jetzt größere Unternehmen gegründet werden

    Die sozialistische Ein-Parteien-Regierung von Präsident Miguel Diaz-Canel macht das jahrzehntelange US-Handelsembargo für den Versorgungsengpass verantwortlich. Allerdings war das Handelsvolumen zwischen beiden Staaten noch in 2022 auf 328 Millionen US Dollar gestiegen, auch haben humanitäre Hilfsleistungen aus den Vereinigten Staaten deutlich zugenommen.
    Um die Versorgungsprobleme im eigenen Land zu lösen und als Reaktion auf die historischen Sozialproteste im Juli 2021, bei denen tausende Kubaner auf die Straße gingen und demokratische Öffnungen forderten, hatte die Regierung wenig später die Regeln für die Gründung von kleinen und mittleren Betrieben liberalisiert. Nun ist es möglich, privatwirtschaftliche Unternehmen bis zu einer Belegschaft von 100 Personen zu gründen.

    Architekten und Ingenieure forderten bereits Erleichterungen

    Laut lokalen Medienberichten soll es inzwischen rund 7.000 Klein-Unternehmen geben, die fast 200.000 Beschäftigte zählen. Das Portal "Oncubanews" berichtete zudem vor wenigen Tagen, das kubanische Ministerium für Wirtschaft und Planung habe die Zulassung von weiteren 100 Kleinst-, Klein- und mittelständischen Unternehmen auf der Insel bekanntgegeben. Damit wächst der private Sektor auf Kuba weiter, der jahrzehntelang auf der Insel verboten war.
    In dem Land wächst aber der Druck, weiteren Branchen die privatwirtschaftliche Entfaltung zuzulassen. Zu Jahresbeginn hatten mehr als 700 Architekten und Ingenieure die Regierung aufgefordert, das Verbot der unabhängigen Ausübung ihres Berufs aufzuheben.

    Kubas Planwirtschaft ist fern der Realität

    Eine Motivation für den Massenexodus aus Kuba ist, dass junge Kubanerinnen und Kubaner in den oft maroden Staatsbetrieben keine Perspektive und Entfaltungsmöglichkeit sehen, privatwirtschaftliches Engagement aber in vielen Branchen weiter verboten ist.
    Eines der gravierendsten Probleme der kubanischen Volkswirtschaft ist, das zwischen der planwirtschaftlichen Vorstellung der Regierung und den tatsächlichen Realitäten oft große Lücken klaffen.
     Portrait von Raúl Castro in Uniform aus leichter Untersicht. Im Hintergrund die kubanische Flagge.
    Raúl Castro galt in der Weltöffentlichkeit nur als Schatten seines Bruders Fidel. Aber für die kubanische Revolution ist er seit mehr als einem halben Jahrhundert unentbehrlich. 29.11.2021 | 44:07 min

    Selbst Kubas Wirtschaftsminister räumt Probleme ein

    So schätzt die UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik das Wirtschaftswachstum im Jahr 2023 für Kuba auf 1,5 Prozent. Das kubanische Wirtschaftsministerium geht aber weiterhin davon aus, dass es gelingt, ein Wirtschaftswachstum von drei Prozent zu erreichen.
    Wirtschaftsminister Alejandro Gil Fernández räumte in seinem Bericht vor wenigen Tagen allerdings laut lokalen Medien ein:

    Die Aussichten sind mit negativen Risiken behaftet, da die Prognosen darauf hindeuten, dass das schleppende globale Wachstum die Rohstoffpreise erheblich beeinträchtigen und die Wirtschaftstätigkeit in den Exportländern untergraben könnte.

    Kubas Wirtschaftsminister Alejandro Gil Fernández

    Derweil versucht die kubanische Regierung, auf diplomatischem Wege weiter gegen das US Handelsembargo vorzugehen. Allerdings gibt es in Washington wegen des scharfen Vorgehens der kubanischen Regierung gegen die regierungskritische Zivilgesellschaft in der aktuellen Regierung von Präsident Joe Biden nur wenig Fürsprecher für eine solche Initiative.

    Flucht in die USA
    :Kuba erlebt einen historischen Massenexodus

    Mindestens 200.000 Menschen haben die kommunistisch regierte Karibikinsel allein in den letzten zwölf Monaten verlassen. Die Regierung kann die Massenflucht nicht aufhalten.
    von Tobias Käufer
    Flüchtlinge aus Kuba in einer provisorischen Unterkunft in der Grenzstadt La Cruz

    Exilkubaner fordern harten Kurs

    Zuletzt wurden auf Kuba sogar junge Influencerinnen verhaftet, die über die Versorgungskrise auf der Insel in ihren Blogs berichteten. Vor allem die Gemeinschaft der Exilkubaner in den USA, deren Stimmen in den Wahlkämpfen stets heiß begehrt sind, pochen auf einen harten Kurs gegen die Regierung in Havanna. Sie machen eine demokratische Öffnung des Ein-Parteien-Systems zur Voraussetzung für ein Aussetzen des Embargos.

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