Warum Lateinamerikas Linksregierungen Chinas Nähe suchen

    Neue Allianzen:Warum Lateinamerikas Linke Chinas Nähe suchen

    von Tobias Käufer
    |

    Im Ringen der Supermächte um Einfluss findet Peking in Lateinamerika mehr und mehr Partner. Dafür verlieren die USA und Europa an Einfluss.

    Der chinesische Präsident Xi Jinping (R) und der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva
    Chinas Präsident Xi (R) und Brasiliens Präsident Lula da Silva bei dessen Besuch in der Volksrepublik
    Quelle: AFP

    Seinen historischen und mit Spannung erwarteten Aufenthalt in China nutzte Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva (77) in diesen Tagen für klare Botschaften in Richtung USA. Das größte lateinamerikanische Land, das seit Jahresbeginn von dem Linkspolitiker regiert wird, sucht demonstrativ den Schulterschluss mit China.
    Zugleich stellt Lula da Silva die vorherrschende Stellung des US-Dollar im Welthandel in Frage. Wer habe beschlossen, dass der Dollar die entscheidende Währung sei, fragte Lula da Silva. China gehört wie Brasilien sowie Indien, Russland und Südafrika zum sogenannten Bündnis BRICS der Schwellenländer.

    BRICS-Staaten wollen mehr Unabhängigkeit von USA

    Deren Entwicklungsbank leitet künftig Dilma Rousseff, wie Lula aus der linken Arbeiterpartei und von 2010 bis 2016 brasilianische Präsidentin. Ihre Aufgabe wird es sein, das Staatenbündnis unabhängiger von der US-Währung zu machen.

    ... sind eine Vereinigung aufstrebender Volkswirtschaften. Die fünf Brics-Staaten - Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika - treffen sich seit 2009 einmal im Jahr.

    Die derzeitigen Brics-Staaten repräsentieren mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung und ein Viertel der globalen Wirtschaftsleistung.

    Quelle: ZDF

    Das passt zur Strategie der BRICS-Staaten, so Vladimir Rouwinski, Professor für Politische Studien an der Universität Icesi aus Cali, Kolumbien:

    Die BRICS-Staaten wollen eine Abkehr von der bestehenden internationalen Ordnung, in der die Vereinigten Staaten und ihre westlichen Verbündeten die Führung haben.

    Vladimir Rouwinski, Politikwissenschaftler

    Mehr Handel zwischen brasilianischen und chinesischen Firmen

    Die Zeitung "O Estadao" aus Sao Paulo sieht die Vereinigten Staaten in der Mitverantwortung für den schleichenden Machtverlust in der Region. "Lula kehrte mit leeren Händen aus den USA zurück und wird mit vollen Koffern aus China zurückkommen", schrieb das Blatt in dieser Woche mit Blick auf die zahlreichen Abkommen zwischen brasilianischen und chinesischen Firmen.
    Unterdessen verhandelt die Europäische Union seit 20 Jahren über einen Freihandelsvertrag mit Südamerika, während China konkrete Verträge abschließt.

    Chinesische Infrastrukturprojekte fürs linksregierte Honduras

    Seit ein paar Wochen gehört auch Honduras zu den neuen Partnern Chinas. Das mittelamerikanische Land, seit gut einem Jahr von der Linkspolitikerin Xiomara Castro regiert, beendete die diplomatischen Beziehungen zu Taiwan und nahm stattdessen Beziehungen zu China auf. Nun hat die Regierung in Tegucigalpa konkrete Hoffnungen.
    Der honduranische Vize-Außenminister Gerardo Torres verband die neue Partnerschaft mit konkreten Wünschen: "Ein Portfolio möglicher Investitionen, die für chinesisches Kapital im Falle von Honduras attraktiv sein könnten, werden wir vorstellen", wird Torres in lokalen Medien zitiert.
     Xi Jinping in Nahaufnahme vor der chinesischen Flagge.
    China ist der größte Handelspartner Deutschlands. Doch Pekings Nähe zu Moskau verstört seit Putins Überfall auf die Ukraine mehr denn je. Welche Folgen drohen für die Beziehungen?20.10.2022 | 43:44 min
    Es seien bereits "Infrastrukturprojekte mit China besprochen worden, insbesondere im Bereich der Energieprojekte, zusätzlich zur Stärkung der Hafenkapazitäten und der Mobilität von Waren."

    Großes Misstrauen in Bolivien gegenüber USA und Europa

    Besonders deutlich wird das Misstrauen gegenüber den USA und Europa in Bolivien. Die linksregierte Andennation verfügt über reichhaltige Lithium-Vorkommen, die für den Bau von Batterien für die E-Mobilität notwendig sind.
    Boliviens Ex-Präsident Evo Morales, der in einem Machtkampf mit seinem Nachfolger und sozialistischen Parteifreund Luis Arce steckt und wohl 2025 wieder antreten will, hat die Vergabe um den begehrten Rohstoff zur Frage der nationalen Souveränität erklärt und macht Europa sowie die USA für die innenpolitischen Unruhen im Land verantwortlich.

    China erhält Vorgriff auf Boliviens Lithium-Vorkommen

    Dahinter stecke der Hunger des "Imperiums" nach dem Rohstoff Lithium. Nun aber hat sich China erst einmal die Pole Position im Zugriff auf die Lithium-Exploration gesichert. Für Europa und die USA bleibt erst einmal nur die Zuschauerrolle.
    Peking aber baut seine präzise Strategie für den Aufbau einer neuen "Seidenstraße" in Lateinamerika Stück für Stück aus. Dem haben die USA und Europa bislang nur wenig Konzeptionelles entgegenzusetzen.
    Thema

    Mehr zu Lateinamerika